5. Druck im Kopf

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„...und dann hat Tante Sasa gesagt ich wäre zu klein dafür und würde mit meinen Haaren auch gar nicht dazu passen", nachdenklich wickel ich mir eine meiner blonden Strähnen um den Finger. „Was meint sie damit?"

„Lass dich von ihr nicht aufziehen", rät mir mein Vater, der hinter dem Steuer sitzt. „Sie ist nur neidisch auf die schönen Haare von dir und die köterblonden Haare deiner Mutter." Mit einer Hand lässt er das Steuer los und streicht Mama eine Strähne hinters Ohr.

„Die sind nicht köterblond", streitet meine Mutter ab. „Die sind braunblond."

„Aber meine sehen doch gar nicht so aus wie Mamas", werfe ich vom Rücksitz ein. „Meine sind doch viel heller und das sieht irgendwie blöd aus."

„Keine Sorge Schatz, wenn du älter wirst werden deine Haare sicher dunkler", besänftigt meine Mutter mich. „Als ich klein war war es bei mir genauso."

„Aber ich bin doch gar nicht mehr klein. Ich bin schon 9 Jahre alt", schmollend verschränke ich die Arme vor der Brust. „Deswegen ist es auch total unfair das Nolan hin darf und ich nicht."

„Reika Nolan ist nun mal schon 16 und für das Festival bist du wirklich noch zu jung", erklärt mein Vater mir geduldig.

„Ich finde es trotzdem unfair Papa", sage ich trotzig.

„In vier Jahren darfst du auch hin Schatz", meint meine Mutter und dreht sich beim Reden nach hinten.

„Bekomm ich dann auch die guten Karten, so wie Nolan dieses Jahr?", neugierig beuge ich mich zu ihnen nach vorne.

„Mal schauen was sich machen lässt", lächelt mein Vater mich kurz an. „Jetzt setz dich wieder richtig hin und schnall dich bitte richtig an. Ich möchte nicht, das dir etwas passiert."

„Ich bin schon richtig angeschnallt", sage ich und hole schnell den Gurt hinter meinem Rücken hervor. Um ihn wieder an seine eigentliche Stelle zu befördern.

„Schon besser Reika", bemerkt mein Vater nach einem prüfenden Blick in den Rückspiegel.

„Hätten wir hier nicht rechts runter gemusst?", verwundert dreht meine Mutter den Kopf, um sich das Abfahrtschild nochmal an zu schauen.

„Papa du hast die Ausfahrt verpasst", meine ich jetzt auch.

„Ach das macht doch nichts", mein Vater dreht seinen Kopf zu uns. „Wir nehmen einfach die Nächste."

Genau in diesem Moment tauchen helle Scheinwerfer zwischen den roten Rücklichtern auf. Die Bremse wird durchgetreten und das Lenkrad rumgerissen. Das Auto driftet einmal um sich selbst und kracht dann frontal in den Lastwagen vor uns. Der ebenfalls eine Vollbremsung hingelegt hat.

Der Falschfahrer hängt schon in der Leitplanke. Soviel kann ich gerade noch erkennen, bevor ein lauter Knall zu hören ist und das Auto sich zum ersten Mal überschlägt. Der Lastwagen steht vollständig in Flammen.

Nach für mich unzähligen Umdrehungen in der Luft bleibt das Auto endlich im Straßengraben liegen. Aus unserer Motorhaube steigt dichter Qualm auf.

Auf meinen Ohren herrscht ein Druck wie beim letzten Urlaub am Meer, als ich zu schnell tief getaucht bin. Die Geräusche der Umgebung dringen wie durch Watte gedämpft in mein Bewusstsein. Meine Sicht nach draußen ist verschwommen.

Der Gurt schneidet mir unangenehm in die Schulter und in den Bauch. In meinem Kopf pulsiert ein stechender Schmerz. Vor meinen Augen fährt ein Auto nach dem anderen vorbei. Irgendwann höre ich einen Schrei der langsam immer deutlich für mich zu hören ist.

Irgendwie... *Leseprobe*Where stories live. Discover now