Kapitel 8 - Das mit dem Polterabend

8.7K 209 5
                                    

Mein Lächeln gefror auf den Lippen, als ich Matt erkannte. Auch er schien nicht mit mir gerechnet zu haben, denn seine Augenbrauen schossen in die Höhe, sein Lächeln jedoch veränderte sich nicht. Nur ein kaum merkliches Blitzen seiner Augen ließ erahnen, was in ihm vorgehen mochte. »Matthew, das sind mein Mann Joshua und meine älteste Tochter Marie. Josh, Marie, Matthew McCormick.« Meine Mutter machte eine bedeutungsschwere Pause, dann fuhr sie fort. »Übrigens der Trauzeuge und beste Freund von John.« Wieso zum Teufel weiß ich davon nichts?

»Marie, was für eine Überraschung...« War das Ironie in seiner Stimme? »...Josh, es freut mich Sie kennenzulernen.« Matt machte Anstalten, mich zur Begrüßung auf die Wange zu küssen, ich wich jedoch geschickt aus, mit der Ausrede mich zu freuen ihn wieder zu sehen und meine so eben eingetroffenen Freunde begrüßen zu müssen. Als ich mich eilig von der kleinen Gruppe entfernte, hörte ich noch meine Mutter sagen: »Ohh, Matthew, ich wusste ja gar nicht, dass meine Tochter und Sie sich schon bekannt sind.« Nun ja, „bekannt" war nicht das richtige Wort. Aber das wusste meine Mum zum Glück nicht.

Lizzy musste schon an meinem Gesichtsausdruck gesehen haben, dass irgendetwas nicht stimmte. »Schatz, was hast du denn?« Mit einem Nicken Richtung Damentoiletten gab ich ihr zu verstehen, das ich sie dringendst allein sprechen musste. Kaum war die Tür hinter uns geschlossen, fing ich auch schon an. »Er ist hier!« Lizzy schien zuerst nicht richtig zu verstehen, wen ich meinte. »Matt, Matt ist hier...« Die Überraschung stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. »Ich versteh nicht ganz... ich meine, wie...?« Ja, diese Frage stellte ich mir auch. »Matt ist der Trauzeuge und beste Freund von John!«

Lizzy fing lauthals an zu lachen. So grotesk die Situation auch war, ich konnte nicht anders als mit einzusteigen. Doch als wir uns nach und nach wieder beruhigten, wurde ich sogleich wieder hysterisch. »Was soll ich denn jetzt machen?« Meine beste Freundin wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht. »Marie... dir wird wohl nichts anderes übrig bleiben als dein bestes Lächeln aufzusetzen und dich wie eine erwachsene Frau zu benehmen. Ihr beide hattet Sex. Na und? Vermutlich hat er längst einen anderen Betthasen gefunden und hat die Sache mit dir schon wieder längst vergessen.« Ich wusste, dass sie es nicht böse meinte - und im Endeffekt sogar Recht. Was sollte schon groß passieren. Solange ich Matt weit möglichst aus dem Weg gehe, sollte ich diesen Tag irgendwie überstehen. Das hoffe ich zumindest.

Bevor ich zurück in den Saal ging, spritzte ich mir noch ein bisschen kaltes Wasser ins Gesicht, zog meinen Lippenstift nach, mein Kleid glatt und wappnete mich auf das Kommende. Lizzy benutzte ich als Schutzschild als wir den großen, geschmückten Raum betraten und ich mich panisch nach Matt umsah. Gut. Meine Mutter hatte ihn aus ihren Fängen gelassen und er stand jetzt am anderen Ende des Festsaales und unterhielt sich angeregt mit John und Emily. Tief durchatmen und an die „ich werde ihn vollkommen ignorieren"-Taktik halten. Am besten ich gönnte mir erst mal einen Drink.

...

Erstaunlicherweise klappte meine Taktik ziemlich gut. Was aber vielleicht auch daran lag, dass mich Matt keines weiteren Blickes würdigte. Sollte mich das Ärgern? Nein! Auf keinen Fall. Der Polterabend ging jedenfalls ohne weitere Vorkommnisse über die Bühne. Das zukünftige Brautpaar strahlte um die Wette und selbst meine Mutter machte einen sehr zufriedenen Eindruck. Ein paar Mal erwischte ich sie und Dad dabei, wie sie sich verliebte, zufriedene Blicke zuwarfen.

Ich verbrachte den Rest des Abends in Anwesenheit von meinen zwei besten Freunden. Wir saßen zusammen mit Emily und ihrer bester Freundin an einem Tisch und schwelgten in den guten alten Zeiten. Die Luft im Saal war schwül und stickig, sodass ich mich entschied ein wenig an die frische Luft zu gehen. Lizzy wollte mir gleich folgen, nachdem sie von der Damentoilette kam. Am Ende des Raumes führten drei große Flügeltüren in den Garten hinter das riesige Anwesen. Kaum das ich die menschenleere Terrasse betrat, umgab mich eine lauwarme Sommerbrise die ich tief in mich einsog. Ich liebte den Sommer. An das Geländer gelehnt, das die breite Treppe hinunter führte, wartete ich auch meine beste Freundin. Soweit ich es im Dunkeln erkennen konnte, war der Garten, oder viel mehr der Park mit viel Zeit und Mühe angelegt worden. Ein Kiesweg zog sich gesäumt von Altmodischen Laternen durch das ganze Gelände, was förmlich danach schrie erkundet zu werden.

»Na sieh einer an. Wen haben wir denn da?« Auch ohne mich umzudrehen wusste ich sofort wer es war. Ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken herunter. Panik ergriff mich wieder. Und sofort schrie alles in mir: „Hoffentlich kommt Lizzy gleich um die Ecke und rettet mich!"  

Unendliche LustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt