Genannte Adresse befand sich in einem noblen hochhausartigen Gebäude; durch eine Drehtür konnte sie im Inneren eine Art Lobby sehen. War es oberflächlich, dass sie niemals geglaubt hätte, dass Harry in solch einem Haus lebte?

Sie schüttelte diesen Gedanken ab und ging unsicher durch die rotierende Drehtür, um dann wie ein verlorenes Rehkitz da zu stehen, mitten in diesem Raum mit den teuer aussehenden Bodenplatten und hellen Lampen.

Um nicht vollkommen verloren zu wirken, ging sie vorsichtig ein paar Schritte weiter, schaute einmal nach links, wo sie zum Glück eine Art Lobbyist sehen konnte; er war gerade am Computer vertieft.

»Entschuldigen sie Sir«, sprach sie vorsichtig und hasste es, dass sie gerade jemanden von seiner  Arbeit abhalten musste. »Könnten sie mir sagen, wie ich zur Nummer 64 komme?«

Zuerst hob der Mann seinen Blick mit einer grimmigen Miene, setzte dann aber für Ana einen neutralen Blick auf, der fast schon gruselig mechanisch schien.

»Im dritten Stock; die Nummern stehen an den Türen.« Kaum hatte er gesprochen, senkte er seinen Kopf wieder, um sich seiner Arbeit zu widmen. »Vielen Dank Sir.« Sie nickte kurz und ging zum Aufzug.

Während sie so die Stockwerke nach oben fuhr, drückte sie unbewusst die Jacke näher an sich; sie konnte sich nicht erklären, warum diese Geste fast schon beruhigend, angstnehmend auf sie wirkte. Sie befand sich nur in einem Aufzug, nicht wieder in dieser dunklen Gasse.

Durch ein leises Brummen wurde klargemacht, dass die Türen sich öffnen würden, deswegen machte sie vorsichtshalber schon einmal einen Schritt zur Tür. Als diese sich öffnete, staunte sie nicht schlecht; der Flur dieses Gebäudes war um einiges breiter als in anderen, teuer wirkende Bilder hingen alle paar Meter an den Wänden.

Sie schreckte kurz hoch, als die Tür hinter ihr sich wieder schloss, ging dann ratlos einfach zu einer Tür, um deren Nummer abzulesen. 59.

Einen Seufzer entlassend ging sie ein wenig weiter in den Gang hinein, machte bezüglich der Zimmernummern jedoch Rückschritte, kehrte also um, um in die andere Richtung zu gehen.

Vor Nummer 64 blieb sie erst einige Sekunden unschlüssig stehen, klopfte dann aber mit dem Messingring an die Tür und ging einen guten Schritt weiter zurück.

Schon nach kurzer Zeit öffnete sich die Holztür Kompromisslos, um einen wieder völlig in schwarz gekleideten Harry zu zeigen. In diesem Licht und unter diesen Umständen bemerkte sie zum ersten Mal seine sehr markanten Gesichtszüge, den spitzen Kieferknochen.

»Hallo«, brachte sie leise hervor. »Hallo Anastasia«, grüßte auch Harry sie.

Sie war schon so spät dran, dass er geglaubt hatte, sie würde nicht mehr kommen. Sie jetzt doch noch sehen zu können, machte ihn mehr als froh. Dazu noch die Tatsache, dass sie seine schwarze Jacke quasi an ihren Oberkörper presste, als suche sie Geborgenheit darin, machte ihn nur noch verrückter. Generell; alles was sie tat, machte ihn verrückt.

»Du kannst kurz reinkommen wenn du möchtest, dir ist bestimmt kalt.« Er schaute kurz auf ihre leicht geröteten Wangen, die sie mehr als verrieten. Erst jetzt bemerkte er, dass sie nicht mehr das Kleid, sondern eine Jeans mit Kapuzenpullover trug. Irgendwie war er froh, dass sie nicht mit diesem betonten Kleid durch die Dunkelheit gelaufen war.

»Das ist wirklich nicht notwendig.« Natürlich hatte sie wieder Einwende, wieder Angst, ihn mit ihrer Anwesenheit zu belasten. Aber bemerkte sie nicht, dass er sie quasi anflehte, bei ihm zu bleiben.

Er schaute sie mit einem vielsprechendem Blick an - kein bösartiger natürlich, aber trotzdem einer, der alles, was er dachte, mehr als verdeutlichte.

His Dark Soul (h.s.)Onde histórias criam vida. Descubra agora