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Wonho

Müde blinzelte er mich an als ich ihn mit einem Rütteln an der Schulter weckte.
Sorge schlich sich in seine Augen sobald er vollends wach war.
,,Du hast schon wieder nicht geschlafen, nicht?"
Ich wandte den Kopf ab und umging die Frage.
,,Komm, steh auf, wir müssen los."

Ja.
Ja, ich hatte schon wieder nicht schlafen können.
Aber was soll man machen wenn man jede Nacht bei dem kleinsten Geräusch zusammen zuckt und am liebsten nach dem Gewehr greifen würde, weil man einen erneuten Angriff erwartet?
Ich war über die Jahre paranoid geworden.
Man konnte ja nicht mal der eigenen Regierung vertrauen.
Sie sah zu wie ihre Bevölkerung langsam aber sicher von einem unbekannten Feind ausgerottet wurde ohne etwas zu tun außer zuzusehen.
Sie kontrollierten sogar die Straßen, da sie wohl dachten, der Gegner liege unter dem eigenen Volk. Bei dem kleinsten Verdacht kam man sofort in das Gefängnis, und es gab Gerüchte dass die Patroulliesoldaten sogar die armen Händler betrogen um an Ressourcen zu kommen.
Offensichtlich gingen auch der Obrigkeit die Lebensmittel aus.

Hyungwon und ich machten uns auf den Weg.
Dorthin, wo wir jeden Tag hin gingen.
Wir wurden inoffiziell als Soldaten ausgebildet. Inoffiziell deswegen, da wir Leute brauchten, die uns gegen jeden Feind verteidigten.

Die Regierung mit eingeschlossen.
Wenn sie wüsste, dass die armen Menschen die sie unterdrücken Rekruten ausbildeten wäre innerhalb weniger Tage die komplette Stadt dem Erdboden gleichgemacht.
Niemand würde überleben.

Die Ausbilder waren alte Veterane, die das Wissen und ihre Fertigkeiten weitergeben wollten, was vor allem in einer solchen Zeit des Konfliktes und Misstrauens durchaus
willkommen war.
Ein lauter Ruf riss mich aus meinen Gedanken.
,,Hyungwon, Hoseok! Hier drüben!"
Ein paar Meter entfernt standen Jooheon und Changkyun, der Jüngere hatte uns auf sich aufmerksam gemacht.
Wir kletterten über das verrostete, zusammengebrochene Gestell einer alten Baustelle zu ihnen.
Zusammen mit den beiden Anderen brachen wir auf zum Marktplatz im Kern der kleinen Stadt.
Es war Spätsommer, die Temperaturen sanken langsam wieder, und obwohl der Himmel blau und wolkenlos war pfiff ein kühler Wind durch die Ruinen von zerstörten, überwachsenen Gebäuden.

Auf dem Marktplatz herrschte der übliche Betrieb. Ein paar Männer und Frauen, die mit brüchiger Stimme ihre Waren anpriesen, die meistens nur aus harten Brot, vergammelten Kartoffeln oder selbstgemachten Handwerksgegenständen bestand. Keiner bezahlte mehr mit Geld, das konnten wir seit dem ersten Angriff nicht mehr, da es keine Luxusgüter mehr gibt. Es wird getauscht mit dem Wichtigsten zum Überleben, so wie in der Steinzeit.
Doch wir waren nicht hier um etwas zu kaufen.
Jooheon schaute sich einmal komplett um um zu kontrollieren ob eine Patroullie auf dem Markt umherstreifte, doch die Luft schien rein zu sein und er deutete uns ihm so unauffällig wie möglich zu folgen.
Vor allem wir sieben mussten auf der Hut von diesen Trupps sein.
In der kleinen Stadt kannte uns fast jeder, zumindest vom Hören, da wir ein wenig zu oft als das es gut für uns wäre einigen Menschen geholfen hatten, die von den Soldaten überfallen wurden. Hier unter den Armen wurden wir als Helden gefeiert, für die Obrigkeit jedoch waren wir Staatsfeinde.

Wir huschten zusammen mit Shownu, Wonho und Kihyun, die am Eingang des Platzes zu uns gestoßen waren durch zwei Stände hindurch in ein riesiges, altes Industriegebäude, das die freie Fläche mit den Händlern von Westen überragte.
Shownu sah bedrückt aus, er hatte sie nicht einmal begrüßt.
Warscheinlich war wieder etwas mit seinem Großvater.
Er war schwer krank und nichts schien ihm zu helfen geschweigedenn ihn komplett zu heilen. Er kümmerte sich seit nunmehr vierzehn Jahren um Shownu und war wie ein Elternteil für ihn. Es setzte ihm sehr zu dass so eine wichtige Person für ihn in Lebensgefahr schwebte, doch wir versuchten alle so gut es ging für ihn da zu sein.
In dem Bauwerk war es noch kälter als draußen und mein Atem schlug kleine Wölkchen als Kihyun und Changkyun zusammen die schwere, gut im Boden versteckte Eisenplatte hochstemmten, damit wir anderen in das Loch dass darunter lag hinein klettern konnten.
Eine Sprossenleiter führte ungefähr fünf Meter in die Tiefe, dann sprang ich von ihr ab und vor mir erstreckte sich ein langer Betongang der von Leuchtstoffröhren erhellt wurde.
Ein paar Meter weiter wiesen wir uns den Sicherheitsleuten als auszubildende Rekruten aus, damit sie uns passieren ließen.
Prinzipiell war es sinnlos.
Falls sich ein bewaffneter Feind den Gang finden sollte wären ihre Mistgabeln und Fleischmessern, die das Einzige wären was sie zur Verteidigung hätten, komplett nutzlos.

Wir betraten also die große Halle, die genau wie der Gang mit Beton in die Erde gebettet worden war. Die einzige Sauerstoffzufuhr hier unten waren gut gegen Schall abgedichtete Schächte, die zur Oberfläche führten.

Das physische Training lief genau wie bei der Armee ab. Allerdings wurden uns weit mehr Zweikampftechniken und defensive Manöver beigebracht, da die arme Bevölkerung kaum richtige Gewehre besaß.
Die einzigen vorhandenen Schusswaffen wurden den Rekruten über fünfzehn gegeben, da diese sich ab diesem Lebensjahr in ihrer letzten Ausbildungsphase befanden und somit den stärksten Teil der Bevölkerung darstellten.
Ich mochte die Ausbildung. Sie gab mir das Gefühl, mein Leben für etwas Gutes zu nutzen.
Eigentlich war ich sogar recht begabt, ich hatte viel Kraft und Geschick.
Hyungwon war in dieser Hinsicht das komplette Gegenteil von mir.
Er versagte zwar nicht, aber sein schlacksiger Körperbau und das Untergewicht, das wir alle dank der Ressourcenknappheit hatten waren ihm hinderlich, sein volles Potential zu erreichen.
Aber er gab trotzdem sein Bestes, er sagte immer er kämpfe für seine Familie.
Ich bewunderte ihn tief dafür, zuerst habe ich mich gewundert warum er sich für seinen psychotischen Schlägervater anstrengt, doch etwas sagte mir, dass er nicht ihn meinte.

Battlecry || THE CLAN ; hyungwonho [IN EDITING]Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin