13 - Brief

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Die nächsten Wochen ziehen sich schleppend hin. Das Musical ist an einem Tiefpunkt angekommen. Kirstie ignoriert mich. Und bei Scott – ja, bei Scott bin ich glaube ich in der Friendzone gelandet. Es könnte nicht besser laufen. Ernsthaft, im Leben kommt doch immer alles Schlag auf Schlag, oder? Wenn die Lawine ein Mal ins Rollen kommt, ist es ziemlich schwierig, sie wieder zu stoppen. Jenna und Jared streiten sich in letzter Zeit auch ziemlich häufig. Nur bei meinen Eltern ist wie immer alles gut..

Ich weiß nicht, wieso, aber dass Scott mich gefriendzoned hat, geht mir mit am meisten an die Nieren. Alles in mir sehnt sich nach ihm. Ich hab mich geoutet, damit wir eine Chance haben. Okay, das stimmt jetzt vielleicht nicht ganz. Aber ich hab mich auch geoutet, damit wir eine Chance haben. Und er erklärt mich einfach offiziell zu seinem besten Freund. Super.

Vielleicht sollte ich mir einen Brief schreiben. Ich möchte ihm so gerne sagen, was ich für ihn fühle, aber vielleicht sollte ich mit mir anfangen..

Ich setze meinen schwarzen Füller auf das karierte Blatt in meinem Collegeblock. Ich liege in meinem Bett, auf dem Bauch, mit den Ellenbogen stütze ich mich ab. Den Collegeblock habe ich neu angefangen, es wird das erste Blatt sein, das ich beschreibe..

Ich schreibe ziemlich ordentlich, überlege mir vor jedem Satz, was ich schreiben will, denn ich will nichts durchstreichen müssen.

Wie werde ich jemals wieder lieben können, wenn ich nur einmal dich geliebt habe?

Wenn alles, was du mir gibst, das Intensivste ist, was ich spüren kann? Die Gefühle, die du in mir hervorrufst mich lebendig fühlen lassen wie niemals sonst? Wenn selbst die Betäubtheit vor Schmerz manchmal stärker ist als jemals sonst?

Ich bin in dem Moment, in dem ich vor dir stehe, nicht wichtig genug für dich, um mir zu zeigen, wie du mich lieben könntest.

Doch alleine dieser Anteil ist das Stärkste, was ich bis jetzt erlebt habe.

So, wie du mich das Leben spüren lässt, mich glücklich machst mit deinem Ich, mich traurig machst, mich wütend machst. Einfach mein Herz aus der Brust reißt vor Liebe, die ich nicht fassen kann, vor Schmerz, den ich nicht greifen kann, so machst du mich total abhängig von dir.

Es ist ja nicht so, dass ich nie geliebt wurde, nein, im Gegenteil, nur diese Intensität habe ich noch nicht erfahren auf dieser Ebene.

Deshalb bin ich dir vollkommen ausgeliefert. Du bist der Einzige, der mir Leben mit dieser Intensität schenken kann, ich bin von dir abhängig wie ich es noch nie von einem Menschen war.

Und das alles würde eine wunderschöne, kitschige, romantische Liebesgeschichte widerspiegeln, wenn es so wäre, dass du mich mehr lieben würdest als nur als dein bester Freund.

Oder wenn ich mich nicht direkt bei unserer ersten Begegnung in dich verliebt hätte, in dein Wesen, dein wunderbares Wesen, diese Gutherzigkeit; die ich so bei noch keinem Menschen feststellen konnte, und mich nicht auf eine freundschaftliche Beziehung eingelassen hätte.

Aber vom ersten Moment, in dem ich dich erblickt hatte, war ich abhängig von dir.

Manchmal frage ich mich, wie es wäre, wenn wir uns nie kennengelernt hätten, ob es besser wäre, aber wieso sollte es das sein? Einen Menschen, der einen jeden Tag dazu inspiriert, ein besserer Mensch zu werden, sollte man nie bereuen, kennen gelernt zu haben.

Du bist mein Seelenverwandter, und auch wenn ich mir jeden Tag wünsche, dass mehr aus uns würde, und mich frage, wieso diese Gefühle nur auf meiner Seite vorhanden sind, kann ich nicht ohne dich leben. Du bist mein bester Freund. Deine Freundschaft bedeutet mir alles. Ich hoffe, dass ich eines Tages eine Person finde, die mir das gibt, was du mir nicht geben willst, und dass ich mit ihr eine genauso große Verbundenheit fühle wie mit dir; ich hoffe, dass man mehrere Seelenverwandte in seinem Leben trifft, weil du mich nie lieben wirst.

Ich bin dir so dankbar für unsere Freundschaft, du inspirierst mich immer wieder aufs Neue, dein strahlendes Wesen lässt mich immer wieder das Gute in allem sehen, dein Lachen macht jeden Tag um so vieles besser.

Danke, dass es dich gibt!"

Ich setze meinen Füller ab. Während des Schreibens habe ich nicht gemerkt, dass ich weine, aber die Tränen tropfen auf mein Kissen.

Ich weiß nicht, wie das möglich ist, aber ich fühle gleichzeitig eine große Leere in mir und eine tiefe Dankbarkeit dafür, dass ich ihn kennenlernen durfte. Dass ich Zeit mit ihm teilen konnte. Dass er in mein Leben getreten ist.

Die letzten Wochen waren zwar schleppend, aber gleichzeitig so spannend, wie ich es kaum kenne. Ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, dass Scott irgendwelche Andeutungen macht. Und er hat mir auch solche Sachen gesagt, wie zum Beispiel, dass er mich lieb hat und dass er total froh ist, mich zu haben.

Aber ich halte das nicht mehr aus. Entweder wird das jetzt was aus uns, oder ich muss mich von ihm abwenden. Es verletzt mich zu sehr, dass er mich nah bei sich aber trotzdem auf Distanz hält.

Ich brauche ihn, wie ein Süchtiger seine Droge braucht. Aber vielleicht sollte ich einen Entzug machen, wenn ich ihn doch sowieso nicht vollends bekomme.

Ich lege meinen Collegeblock weg und tippe mit zitternden Fingern Scotts Nummer ein.

Scott? Kannst du bitte vorbei kommen? Ich weiß, es ist 3:00 Uhr nachts, aber.."

Ein Abschlussjahr ≠ 08/15 - Sup3rfruit FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt