Teil 13

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Es war Seth.

Nach all den Jahren stand er jetzt wieder vor mir und schaute mir direkt in die Augen, mit einem Blick der mich keine Sekunde losließ.
Ich musterte ihn von oben bis unten. Seine damals noch langen Haare hatte er sich nun abgeschnitten. Sie lagen glatt auf seinem Kopf. Hier und da standen ein paar Stränchen ab, was ihn irgendwie etwas wilder erscheinen ließ. Aber nicht nur das. Er war gewachsen. Mindestens einen halben Kopf größer als ich. Sein Tattoo, das man vorher als er klippenspringen war noch gesehen hatte, wurde nun von seinem braunen Pullover verdeckt. Und er hatte trainiert. Das sah man ihm, obwohl er seinen dicken Pullover trug, an.
Sein Gesicht ist etwas markanter geworden als es früher noch war. Er sah jetzt viel erwachsenerer aus. Das Einzige was gleich geblieben ist, waren seine Augen.
Seine dunklen Augen suchten meine, doch ich wandte den Blick ab.
Ihn heute am Strand mit seiner neuen Clique zu sehen war schon ein Schockerlebnis genug für einen Tag, ihn dann aber noch allein zu begegnen, war eindeutig zu viel.
Obwohl mir der Schock wahrscheinlich deutlich in Gesicht geschrieben stand, und ich für einen kurzen Moment einen Atemzug aussetzte, schwirrten mir unzählige Fragen im Kopf herum:
Was machte er hier allein am Strand, ohne seine Jungs?
Warum ist er zu mir gekommen, obwohl wir jahrelang keinen Kontakt mehr hatten? Obwohl er heute Nachmittag den Kontakt mit mir definitiv nicht gesucht hatte?

Und eine ganz bestimmte Frage:
War er vielleicht extra für mich zurückgekommen? Nur um mit mir allein zu reden?

Und nach endlosen Sekunden des Schweigens, die sich wie Stunden anfühlten, brach er die unangenehme Stille zwischen uns.
"Hey."
Er bemühte sich um ein schiefes Lächeln, scheiterte jedoch bei dem Versuch.
Nun stand ich da und hatte genau zwei Möglichkeiten zu reagieren:
Entweder bin ich ganz normal zu ihm, so als wäre ich froh ihn nach all den Jahren wieder zu sehen und überspiele den Fakt, dass ich eigentlich sauer und enttäuscht von ihm bin.
Oder ich zeige ihm, dass ich sauer auf ihn bin, weil er den Kontakt mit Lauren und Amber einfach so ohne ein Wort abgebrochen hatte, damit auch irgendwie zu mir, mir heute nicht mal ins Gesicht schauen konnte und sich diesen Idioten anschloss.
Da ich noch nie ein Fan von gespielter Freundlichkeit war, entschied ich mich für Möglichkeit zwei.
Also setzte ich mein bestmögliches Pokerface auf, das ich in meiner immer noch andauernden Schockphase aufbringen konnte, und antwortete ihm betont unterkühlt: "Hey."
"Es ist.. ähm.. schön dich zu sehen Rachel."
"Danke."
"Was machst du hier?", er versuchte das Eis zu brechen. Ich sah ihm jedoch an, dass er wusste wie kläglich er scheiterte, denn, genau wie früher, fuhr er sich mit seiner Hand durch die Haare und schaute zu Boden. Dabei zeichneten sich seine Muskeln deutlich unter seinem Pullover ab, was mich daran erinnerte wie sehr ich fror und ich eigentlich auf dem Weg nach Hause war.
"Ich besuche meinen Dad. Und ich würde ja gern weiter so nett mit dir plaudern, aber ich bin eigentlich gerade auf dem Weg nach Hause."
Mit den Worten drehte ich mich um, setzte mich wieder in Bewegung und ließ Seth einfach da stehen.
Dort blieb er aber nicht lange, denn er rannte zu mir, stellte sich vor mich und schnitt mir den Weg ab.
"Rachel hör zu, ich weiß du bist sauer auf mich, dazu hast du auch allen Grund. Darf ich es aber wenigstens versuchen wieder gutzumachen?"
Ich blieb stehen und erwiderte nur mit einem erwartungsvollem Blick.
"Gut.. ähm.. tut mir leid."
"Okay."
Ich versuchte an ihm vorbeizukommen,  aber er stellte sich mir wieder in den Weg.
"Nein, warte. Kann ich.. kann ich dich vielleicht begleiten?"
"Was?", ich schaute ihn verwirrt an.
"Darf ich dich begleiten? Es wird gleich dunkel und du musst durch den Wald."
Sosehr ich nein sagen wollte, hatte er recht. Es fing wirklich schon an zu dämmern und bis ich Daheim war dauerte es noch ein bisschen und im Dunkeln alleine zu laufen war noch nie eine meiner Lieblingsbeschäftigungen gewesen.
"Meinetwegen."
Zum 3 mal setze ich mich in Bewegung Richtung nach Hause. Diesmal ohne gestoppt zu werden.

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