16 - ... belohnt

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Dana

»Würdest du mir den ehrenwerten Gefallen tun und mich als meine Gefährtin in den Palast begleiten?«, fragte er schließlich.
Er sah mich gespannt an, während ich ihn einfach nur geschockt anstarrte. Hatte er mich das gerade tatsächlich gefragt?
Eine Weile sahen wir uns nur gegenseitig an. Er hoffnungsvoll und ich geschockt. Als ich mich schließlich wieder einigermaßen gefasst hatte, atmete ich erstmal tief ein und aus.
Obwohl mittlerweile schon ein paar Minuten vergangen waren, hatte ich immer noch nichts gesagt. Sagen würde ich sowieso nichts, aber ich hatte ihm noch in kleinster Weise geantwortet. Allerdings wusste ich auch nicht, wie.
Wie sollte ich ihm antworten, wenn ich selbst nicht wusste, was ich wollte?
Meine Gedanken wirbelten in meinem Kopf herum. Ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen.
Das Einzige, wobei ich mir sicher war, war, dass ich Nicolas zu schätzen gelernt hatte. Ich wusste nicht, ob ich ihn liebte. Wie sich Liebe überhaupt anfühlte. Aber er hatte mir gezeigt, was es heißt beschützt und begehrt zu werden. Ich wollte ihm eine Chance geben. Doch dachte ich nicht, dass er mich so schnell fragte mit ihm zu kommen. Was wenn mir das Leben am Hofe zu viel wurde? Zu viel war?
Ich hatte nie Etikettenunterricht, ich wusste nicht, wie ich mich den fremden Menschen gegenüber verhalten sollte. Ich wollte nicht von ihnen sofort verurteilt werden wie von den Menschen im Dorf. Ich wollte nichts falsch machen, do. wusste ich nicht was das richtige Benehmen war.
Ich blickte auf in die strahlend blauen Augen meines Gefährten. Wie sollte ich ihm nur all meine Bedenken mitteilen? Würde er mich verstehen?
Ich blickte ihn verzweifelt an. Plötzlich fiel mir etwas ein. Ein Weg, wie ich ihm all meine Bedenken mitteilen konnte.
Aufgeregt lenkte ich Nicolas' Aufmerksamkeit auf mich und machte mit der Hand die Bewegung als würde ich schreiben. Zuerst zog er nur verwirrt die Augenbrauen zusammen, doch dann erhellte sich seine Miene und er nickte eilig.
»Eine Sekunde«, bat er, während er sich hektisch umwandte und etwas im Korb, in dem das Essen verstaut war, suchte. »Seit das mit deinem Geburtstag trage ich immer ein Stück Papier und einen Stift mit mir, falls du mir etwas mitteilen möchtest.«
Dies brachte mich zum Lächeln. Ich an seiner Stelle hätte nie an so etwas gedacht, doch er war einfach unglaublich aufmerksam in Bezug auf mich.
Schließlich überreichte er mir das Schreibmaterial. Mit dem Stift in der einen Hand und dem Papier in der anderen, sah ich unschlüssig darauf hinab. Zu viele Gedanken schwirrten in meinem Kopf herum und ich konnte keinen einzigen davon in Worte fassen. Ich setzte dennoch den Stift auf dem Papier an. Doch genau in diesem Moment wurde mir klar, dass es gleichgültig war wie viel Angst ich hatte, es wäre viel schmerzlicher von Nicolas' entfernt zu sein, als jegliche Angst, die ich jemals haben könnte.
Ich sah hoch in sein wunderschönes Gesicht. Seine hoffnungsvollen Augen trafen meine und er lächelte mich schüchtern an. Er wünschte sich so sehr, dass ich mit ihm kam. Und während mir noch bewusst wurde, dass ich ihn ebenso sehr brauchte wie er mich, ließ ich das Schreibzeug zu Boden fallen und beugte mich zu ihm vor um ihn zu küssen. Diesmal war der Kuss weder kurz noch zaghaft. Ich presste meine Lippen voller Verzweiflung auf seine, versuchte all meine wirren Gedanken in diesen Kuss zu legen und ihm irgendwie zu zeigen wie sehr ich ihn doch brauchte.
Nach einer Weile löste ich mich schweratmend von ihm. Meine Wangen brannten und ich wusste nicht, wo ich hinschauen sollte. Schließlich fiel mein Blick auf meine Hände, die ich in meinen Schoß gelegt hatte.
Ich wusste nicht wie ich mich nun benehmen sollte. Hatte ich zu voreilig gehandelt? Gefiel ihm mein Kuss nicht? Wollte er nicht, dass ich ihn küsste?
Eine warme Hand hob mein Kinn sanft hoch. Nicolas strich behutsam mit seinem Daumen über meine Wange. Seine strahlenden Augen suchten meine und er sah mich mit einem undefinierbaren Blick an. Allerdings beruhigte mich das Funkeln in seinen Augen, sodass ich daraus schloss, dass ihm der Kuss ebenfalls gefallen hatte. Gottseidank.
»Heißt das 'Ja'?«, fragte er mit heiserer Stimme.
Die Rauheit dieser ließ mir einen wohligen Schauer über den Rücken laufen. Um ehrlich zu sein war es ungewohnt wie wohl ich mich bei ihm fühlte. Ich wollte mit ihm kommen, doch ich hatte immer noch Angst. Jedoch wusste ich auch, dass er mich vor allem und jedem beschützen würde, der mir etwas an tun wollte.
Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und nickte heftig.
»Gottseidank«, murmelte er leise, bevor er mich auf seinen Schoß zog.
Ein erschrockenes Quietschen kam über meine Lippen, als er erneut seine weichen Lippen auf meine presste. Seine Hände waren an meiner Taille. Offensichtlich wollte er mir noch Zeit geben mich an das alles noch zu gewöhnen, ehe er einen weiteren Schritt wagte.
Ohne es zu wollen grinste ich in den sanften Kuss hinein. Er bewegte seine Lippen sanft an meinen und ich ahmte seine Bewegungen nach. Ich war etwas nervös, weil das alles ziemlich schnell für mich ging. Obwohl Nicolas und ich vermutlich am längsten von allen Seelengefährten brauchten um zusammen zu kommen, war ich dennoch etwas überfordert von der plötzlichen Körpernähe.
»Keine Sorge«, flüsterte Nicolas. Seine Lippen berührten meine, als er sprach. Er strich mir mit einer Hand die langen Haare aus dem Gesicht. »Wir gehen alles ganz langsam an. Ich werde dich zu nichts überreden. Solange du noch nicht bereit bist, werde ich auch nichts tun.«
Erleichtert, dass er mich trotz allem verstand, legte ich meinen Kopf an seine Schulter. Wie kompliziert das Leben am Hofe am Ende doch für mich sein würde, ahnte ich da noch nicht.

Die stumme Prinzessin (alte Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt