Kapitel 1 - Auch Worte können schmerzen

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„Sherlock!"

John Watsons Stimme hallte laut in der Bakerstreet Nr. 221B. Sherlock, der bis gerade mit seinen Gedanken ganz und gar bei der Zeitung steckte, schaute hoch.

„John? Was ist los?"

John sah ihm finster in die Augen. „Ach, Sherlock, gar nichts ist los, ich bin einfach nur mal wieder einkaufen gegangen, wie ich es immer tue, obwohl ich dich tausend Male darum gebeten habe, selbst mal loszugehen oder mir zumindest zu helfen, diese Tüten hochzuschleppen!", rief John wütend.

„Ich gehe grundsätzlich nicht in Supermärkte, und erst recht nicht in den, in dem du gerade erst warst!", sagte Sherlock ohne auch nur eine kleinste Spur von Mitleid dem ihm gegenüberstehenden Doctor zu zeigen. Dieser warf ihm einen wütenden Blick zu.

„Typisch!", rief er laut und stellte die Tüten mit einem lauten Knall auf den Tisch. Sherlock, der fast einen kleinen Stich innerlich verspürte, sagte mit geschlossenen Augen:

„John, beim nächsten Mal gehe ich einkaufen." John lachte bitter.

„Natürlich! Und Schweine können fliegen! Ich bitte dich! Du tust doch nichts Anderes als dich von mir bedienen zu lassen! Der dumme Doctor Watson neben dem genialen Sherlock Holmes! Ha!"

Sherlock versuchte sich nicht ansehen zu lassen, wie ihn die Worte eigentlich schmerzten. Er hätte nichts lieber getan, als auf John zuzugehen und ihm seinen Arm um die Schulter zu legen, doch das konnte er nicht. Wie denn auch? Moriarty war dort draußen, frei, und Sherlock hatte nicht den geringsten Zweifel, dass er John verletzen würde, wenn er wusste, was Sherlock wirklich für ihn empfand. In der Tat hatte sich der einzige Consulting Detectiv in Doktor John Watson verliebt. Erst hatte er es nicht verstanden, dieses Gefühl im Magen, das er ständig hatte, wenn er in Johns Nähe war. Jedoch hatte er viel mit Mrs Hudson gesprochen und sie hatte ihm dann nach und nach klargemacht, dass er sich verliebt hatte.

Sherlock versuchte, nicht mehr an Moriarty zu denken. Er setzte sich auf und blickte John lange an. „John, bitte glaub mir, ich sehe dich nicht als mein Diener. Im Gegenteil! Du bist das Beste, was mir je passiert ist."

John starrte ihn verwirrt an. Was sollte das denn jetzt heißen? Er war das Beste, was Sherlock je passiert sei? Warum? Das hatte Sherlock ihm noch nie gesagt.

„Ich verspreche dir, ich werde mich bessern", fuhr Sherlock fort. Das konnte er ja tun, oder? Er wollte wenigstens, dass John ihn ein Bisschen mochte. Nicht, dass er was Anderes tun konnte. Immerhin war John, wie er ja immer laut sagte, nicht schwul. Trotzdem... er wünschte sich so sehr, dass er John seine wahren Gefühle zeigen konnte, selbst wenn John ihn nur als einen Freund bezeichnete.

„Ach ja. Ich bitte dich!", sagte John kopfschüttelnd. Egal, wie oft Sherlock ihm schmeicheln würde, heute würde er nicht nachgeben. Er hatte sowieso schon zu viel heute erlebt.

„John, ich-" Sherlock brach ab. Er verstand plötzlich. John war nicht nur sauer auf ihn.

„Sherlock?", fragte John überrascht. Sherlock sah ihn prüfend an, sagte aber vorerst nichts.

„Du warst wieder bei Sarah, oder?", sagte er plötzlich. John schaute ihn erschrocken an.

„Woher-?", begann er. Dann fiel ihm ein, dass er eigentlich sauer auf Sherlock war.

„Du trägst dein bestes Hemd und du trägst sonst immer nur Pullover, gerade bei dieser kalten Jahreszeit", begann Sherlock. Die schmeichelnde Stimme war weg, anstelle dessen hörte John nur 'Ich bin klug'.
Er seufzte. Warum ausgerechnet jetzt?

„Dein Hemd ist ein bisschen nass am Rücken, das heißt, du hast heute Morgen geduscht. Mit deinem guten Shampoo, wenn ich richtig rieche. Außerdem hast du dich rasiert", fuhr Sherlock fort.

Johnlock-Consulting Detectivs lieben ÄrzteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt