35| Ruhe vor dem Sturm

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Mittlerweile war es bereits fast 20 Uhr. Aus einem Bowlingspiel war nämlich schnell ein zweites geworden, weil wir meine Nachbarn noch getroffen hatten. Heißt, Liv, Mike, Andrew und Jason. Komischerweise war Nate nicht dabei. Sollte mir aber recht egal sein.

Ich hatte beschlossen, bei dem zweiten Spiel nicht mehr mitzuspielen, weil mir mein Arm bereits wehtat. Außerdem war ich eine wirkliche Niete, also wäre es auch für mein Team besser. Es spielten ohnehin mehrere nicht mehr mit, unter anderem Dean und Phil, die sich nicht unauffällig stritten trotz der 10metrigen Entfernung.

Vielleicht fiel es aber auch nur mir auf, weil ich nichts zu tun hatte. Phils Begleitung währenddessen stand neben der Bowlingkugelbahn und suchte wimmernd seinen verlorenen Fingernagel. Ohnehin fand ich Phils Auswahl recht fragwürdig, weil ich wusste, dass er solche Art von Homosexuellen nicht attraktiv fand. Er fand, dass solche dem Klischee anderer Menschen viel zu sehr entsprechen wollten und darum nicht sie selbst waren.

Logan und Ash waren, wenn sie nicht zusammen am bowlen waren – ja, er stellte sich kitschig hinter ihr und die beiden warfen zusammen – am Knutschen. Ekelhaft.

Ich hatte sie zuvor ebenso abfangen können und sie hatte mir erzählt, dass sie seit dem Date so etwas wie zusammen waren und es seit dem Tag, an welchem sie zu mir gekommen waren, fest war. Ich freute mich für sie, weil sie so viel lebendiger wirkte.

Liv hingegen argumentierte gegen Jason, Mike und seinem Zwilling Drew – er bestand darauf, dass ich ihn so nannte und da es nur eine Silbe weniger war als Andrew, ließ ich es dabei – wer von Mike und Drew besser aussah. Wohlbemerkt waren sie noch immer eineiige Zwilling und ich konnte sie noch immer nicht auseinanderhalten.

Darum hörte ich einfach im Hintergrund Beleidigungen wie: „Du bist der hässliche Zwilling von uns! Wäre ich ein Mädchen, würde ich mich fragen, ob du von einem Müllcontainer geboren wurdest!" und Konter wie: „Beleidige meine Mutter nicht, du Hund!"

Und Jack? Ja, Jack saß beteiligungslos in der Ecke und starrte seine Hände an. Er war zuvor auch schon komisch gewesen, weshalb ich beschloss, ihn mal darauf anzusprechen. Wenn er nicht wollte, dass ich ihn nervte, würde er mir das schon deutlich machen können.

„Hey", lächelte ich, was er erwiderte. Man sah ihm aber deutlich an, dass sein Lächeln aufgesetzter war als Mels Fingernägel. Ich schaute ihn abwartend an, doch er senkte seinen Blick wieder hinab. Mir war klar, dass er meinen Blick auf sich spürte, weil er angespannt mit seinen Fingern spielte.

Ich musste leicht grinsen, weil es fast jedes Mal funktionierte. Wenn man jemanden einfach nur lang genug anstarrte und zwar so offensichtlich, dass er nicht gleich auf dumme Gedanken kamen, würde er nervös werden und irgendwann von selbst lossprechen, um den Blicken zu entkommen.

Außer man erwischte eine durchaus arrogante, überhebliche Person, denn diese würde davon ausgehen, dass man sie wegen des Aussehens anstarrte und sich geschmeichelt fühlen.

Erfreut beobachtete ich, wie sich sein Mund ein bisschen öffnete und um das Ganze ein wenig zu beschleunigen, rückte ich ein bisschen näher.

„Ich hasse dich", zischte er genervt, während er sich über das Gesicht fuhr und sich schließlich mir zuwendete. „Tust du nicht. Du liebst mich und bist mir insgeheim dankbar, dass ich etwas gemerkt habe", sage ich arrogant, schenke ihm aber ein ehrlichgemeintes Lächeln. Mit meiner Aussage konnte auch ich ihm ein leichtes Auflachen entlocken, doch der Unterton, welcher mitschwang, ließ mich ihn verwirrt den Kopf neigen.

„Willst du darüber reden?", fragte ich dann doch zurückhaltender und ließ es ihm damit offen, ob er es mir erzählen wollte. „Später, wenn wir in der Bar sind, okay? Aber hör jetzt auf, mich so anzustarren, bitte", gab er seufzend nach, woraufhin ich nur zufrieden grinste.

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