28| Kinderliebe

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Ein Türknallen riss mich aus meinem Schlaf und kurz darauf lautes Gepolter. Verwirrt schreckte ich auf und trotz der Vermutung, mein Bruder sei nur nach Hause gekommen, wollte ich mich aufsetzen, um mir einen besseren Überblick über die Situation schaffen zu können. Ich war mir nicht sicher, aber ich fühlte mich sicherer, wenn ich saß, weil ich mich schneller wehren könnte; gegen jegliche Gefahr. Sei es nur das Wegrennen oder das Erschlagen mit meiner Nachttischlampe. Jedes Mal, wenn ich lag, fühlte ich mich um einiges hilfloser und ängstlicher.

Mein Versuch, mich aufzusetzen, wurde jedoch schlagartig zunichte gemacht, als ich das schwere Gewicht eines Etwas auf mir spürte. Anfangs war ich zwar etwas durcheinander, aber es brauchte nicht lange, bis ich die Situation von gestern Nacht wieder realisierte. Nathan, Nick, Filme, Albträume.

Scheiße, die Albträume, Bei dem Gedanken dabei überkam mich ein starker Schauer, welcher nicht positiv war. Jede einzelne Erinnerung war mir noch bewusst, nie hatte ich eine Einzelheit vergessen. Doch all die Jahre hatte ich angefangen, jeden Gedanken an die Ereignisse zu verdrängen, sie nicht während meines Tages hervorzuholen.

Natürlich, anfangs gelang mir das überhaupt nicht. Ich war mehrere Wochen nicht in der Schule mit der Ausrede, ich sei krank gewesen. Monate verschlossen und stumm, zurückgezogen und jeder dachte, ich sei bloß schüchtern. Schüchtern und krank. Im Nachhinein betrachtet war ich das. Krank. Krank von dieser Welt.

Es waren drei Jahre vergangen, ich war 14 und meine Angst, er würde erneut auftauchen, hatte sich nie bestätigt. Dies gab mir Hoffnung, weshalb ich mich dazu entschieden hatte, genug gelitten zu haben. Eine schwere Entscheidung, die mich einen harten Kampf mit mir selbst kostete.

Mein Selbstvertrauen fing dennoch wieder an, durch Ashley und Dean zu steigen, ich fühlte mich wieder wie jemand Lebendiges, verdrängte - Tag ein, Tag aus - alle Erinnerungen, doch anfangs war es umso schwerer in der Nacht, weil sich alles aufgestaut hatte.

Aber ich schätzte, so war das Weiterleben.

Man macht schlechte Erfahrungen und anfangs denkt man, sie würden einen immer verfolgen, man würde immer dem Schmerz unterlegen sein, doch viele merken einfach nicht, dass sie weiterleben können, ohne davon die ganze Zeit verfolgt zu werden. Sich einfach zu denken: „Ja, ich habe schon verdammt viel Scheiße erfahren müssen, die man in meinem Alter nicht hätte erfahren sollen oder allgemein nicht, aber ich kann nichts daran ändern. Das macht mich aus, es hat mich zu der Person gemacht, die ich bin und wenn ihr damit nicht klar kommt, dann tut es mir leid."

Aus meinen Gedanken gerissen, spürte ich, wie ich an meinen Schultern an einen warmen Körper gezogen wurde, während sich ein Kopf langsam an meinem Hals schmiegte. Zeitgleich schlangen sich ein Arm um meinen ganzen Oberkörper, ebenfalls aber auch ein nacktes Bein angewinkelt über meine. Nates Atem, der gegen meinen Hals aufpralle, ließ mich die Luft anhalten. Was ging denn mit ihm ab?

Ein seltsames Gefühl durchfuhr mich, welches so bittersüß angenehm und erschreckend war.

Seine Haare lagen mir nervig im Gesicht und kitzelten mich förmlich.

Der Gedanke, dass er ganz bestimmt schon tausende von Mädchen genauso gehalten hatte, wie er mich in dem Moment hielt, ekelte mich dennoch an, weshalb ich versuchte, von ihm abzurücken. Ich wusste nichts von seiner Vergangenheit bezüglich Mädchens, aber die Möglichkeit bestand. Doch sein Griff war viel zu eisern, als dass ich ihn hätte lösen können.

Ich war mit dem Gesicht ihm zugewandt und roch permanent den Geruch von ihm, welcher den Teil meines Herzens - welcher absolut zu gutriechenden, -aussehenden und -charakterlichen Jungs appellierte - erwärmte. Ein kindliches Lächeln, welches mich an einen kleinen unschuldigen Jungen erinnerte, legte sich auf seine weichaussenden Lippen, woraufhin sich automatisch ein Lächeln auf mein Gesicht schlich. Warum lächelte ich?

Da ich gerade die Möglichkeit hatte, ihn zu mustern, ohne, dass ich dumme Fragen oder einen dummen Eindruck hinterließ, nutzte ich diese und schaute mir den Jungen einmal genauer an. Seine Haare sahen im Strahlen des Sonnenlichtes, welches nur spärlich durch meine Rollos schien, eher braun als schwarz aus. Seine Augenbrauen waren perfekt geformt und strahlten förmlich Perfektion aus.

Dazu kamen noch seine langen, jedoch weniger geschwungenen Wimpern, auf die sogar ich neidisch war. Wie konnten Jungs immer so wunderschöne, lange Wimpern haben? Das war doch mal total unfair. Vor allem seine Lippen, die einfach unbeschreiblich verführerisch auf mich wirkten. Sie waren voll und sahen weich aus. Sehr weich.

Am liebsten hätte ich seine Lippen nachgefahren, aber glücklicherweise hatte ich dies gelassen, weil er mich nur Sekunden nach meinen Gedanken ansprach: „Guten Morgen, Stalkerin. Wie geht es dir?"

Perplex zuckte ich wieder zurück, diesmal konnte ich sogar aus seinen Armen flüchten, weil sein Griff sich gelockert hatte. Liebendgerne wäre ich noch weiter nach hinten gerutscht, wäre da nicht eine gewisse Person gewesen, welches ich aus Versehen aus dem Bett geschubst hatte. Panisch drehte ich meinen Oberkörper in Richtung Bettkante, sah aber niemanden.

„Hey!", ertönte wenige Sekunden danach und ein empörter Nick sprang erbost hoch, während er versuchte, mit seinen Blicken mein imaginäres Eis zu klauen, damit ich auch traurig war. Wie war er überhaupt dorthin gekommen? Lagen er und Roselyn nicht eigentlich zwischen uns? Stattdessen war es so gekommen, dass Nick und Roselyn beide dort lagen, wo Nathan zuvor gelegen hatte.

Ein Lachen entfloh meiner Kehle, als ich den kleinen Jungen mit den verwuschelten Haaren und dem empörten Gesichtsausdruck sah und dazu das sorgenlose Lachen von Roselyn meine Ohren mit Melodik erfüllte.

Unfassbar wie sich meine Gedanken von Vergangenheit, harte Zeit in Sorglosigkeit umwandeln konnte und das alles auf Grund von zwei Jungs am Morgen.

Ich spürte bald schon Nates Blicke auf mir, worauf ich mich von meiner Sitzhaltung zu ihm drehte und auf ihn hinabsah. Er schaute mich stumm an und lächelte anzüglich, was ich nur verwirrt belächelte. „Wow, dir steht ein Lachen", fügte er verschmitzt hinzu. Stockend blickte ich ihn an. Ich spürte bereits, wie mir die Hitze in die Wangen stieg. Hatte er mir gerade ein ernst gemeintes Kompliment gemacht?

Der leichte Hauch eines zarten Rottons lag auf seinen Wangen und ließ mich leicht lachen. So ein Idiot.

Augenverdrehend breitete sich ein Grinsen aus, weshalb ich mich schnell wieder zu Nick drehte, damit Nathan das ja auch nicht sah. Doch sein Auflachen ließ meine Hoffnung im Keim ersticken und damit war die für ihn unangenehme Situation wieder beiseite geschaffen. Nun, nichtsdestotrotz beließ ich es dabei und klopfte demonstrierend auf meine Bettmatratze, damit Nick wieder zu uns kam.

Er kam meiner Aufforderung nach und fing dabei an, die noch immer kichernde Roselyn zu kitzeln.

Kopfschüttelnd über die skurrile Situation teilte ich Nick mit, dass ich ihn gleich nach Hause bringen würde und ließ mich daraufhin nach hinten fallen.

10k, ihr seid verrückt~♥ Und bitte, bitte, votet mehr, wenn euch meine Geschichte gefällt, damit ich das auch weiß! xxT~

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