Schule, der Vorhof zur Hölle

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Der nächsten Tag war ein Sonntag, was bedeutete, dass wir unsere Sachen in aller Ruhe zur Schule schleppen konnten. Liam fuhr uns. Ich hatte nicht viel nur das bisschen Schulzeug, was ich von den Davids bekommen hatte und Elonas Shampoo, das ich behalten durfte, bis ich mir selbst etwas kaufen konnte.

Niemand erwähnte meinen Geburtstag, es war wohl zu viel passiert in den letzten Tagen, als das Nick daran gedacht hätte.

Direktor Banks wartete in der Eingangshalle auf uns.
Er strahlte uns an und schüttelte Liam überschwänglich die Hand.
„Was für eine Freude! Nun habe ich gleich beide ihrer talentierten Söhne jederzeit unter meinem Dach! Vielleicht schaffe ich es jetzt sie zu dem einen oder anderen Projekte zu begeistern." Er zwinkerte fröhlich. „Und du bist bestimmt Miss Covino, die Wächterin! Oh, was habe ich nicht schon alles gehört!"
Ich lächelte, plötzlich ziemlich schüchtern. „Sie meinen bestimmt meine Mum, Sahra Covino. Ich heiße Sophie."

Er schaute irritiert zu Liam, doch kurz darauf kehrte sein Lächeln zurück, als wäre nichts gewesen.
„Vielleicht habe ich sie verwechselt. Und du..."
„Nicolò Contarini, Sir. Aus Venedig. Und das ist meine Schwester Louisa."
„Hallo.", trällerte sie. „Contarini. Ach herrje. Kommt ihr nach eurem Großvater? Er hieß doch Michael?"

Erstaunen blitzte aus Nicks Augen. „Ja, so hieß er. Meine Eltern haben mich ein paar Mal mit ihm Verglichen. Kannten Sie ihn?" Direktor Banks Miene verfinsterte sich abrupt.
„Hab ich was Falsches gesagt?"
„Großartig. Er war mein Schüler und der schlimmste Unruhestifter seit Jahrzehnten, da bringt es auch nichts aus einer apostolischen Familie zu stammen." „Oh."

Ich musste mich wegdrehen, damit der Direktor nicht mein fettes Grinsen sah. Camian schien es ähnlich zu gehen. Er lächelte, als sich unsere Blicke trafen.

Liam räusperte sich, wohl um das peinliche Schweigen zu übertönen. „In Ordnung, also könnt ihr Jungs später Nicolò, Louisa und Sophie die Schule zeigen? Ich regle den Rest."
„Okay.", antworte Darius. „Wann dürfen wir wieder nach Hause kommen? Zumindest zu Besuch?"
Camians Augen verdunkelten sich bei dieser fast schon naiven Frage seines Bruders. „Wenn ich es sage. Direktor Banks wird auf eure Ausgehaktivitäten achten. Somit also bis auf weiteres. Ich melde mich."
Damit rauschte er davon, Banks trabte ihm hinterher.

Ich seufzte leise als ich das versteinerte Gesicht von Darius sah. „Wisst ihr wo wir hinmüssen?", fragte Louisa herrisch.
„Klar, kommt mit." Sie führten uns durch die Halle über einen kleinen Innengarten und die Treppe auf eine Empore hoch, von wo aus mehrere Flure in alle Richtungen abgingen. „Dort geht es zu den Mädchenzimmern, hier zu den Jungen. Die anderen Flure sind für Aufenthaltsräume und so was.", erklärte Camian ruhig.

„Ich geh dann mal. Nick, hilfst du mir mit meinen Sachen?" Es war klar, dass Louisa das nicht wirklich als Frage meinte. „Selbstverständlich Schwesterherz, wie könnte ich nicht?" Nick hob ihre Taschen auf und schleppte sie ihr hinterher.

Ich schaute wieder zu Camian und Darius. „Brauchst du Hilfe?", fragte Camian sanft. „Nein, danke. Ich schaffe das schon. Geht ruhig, ihr müsst euch ja auch einrichten." Ich wollte mich schon abwenden, da packte Camian noch mal meine Hand. „Wir müssen reden. Ich treffe dich, wenn du fertig bist."

Mein Herz hatte leider aufgehört zu schlagen.

„Okay." Bemüht nicht zu zeigen, wie sehr er mich aus der Fassung brachte, wandte ich mich um und ging den Gang herunter zu meinem Zimmer. Lieber Himmel, Camian musste aufhören so...lieb zu sein und mir andauernd so nahe zu kommen! Es ging doch nicht, dass er andauernd in meinen Gedanken war!

Ich öffnete die Tür ganz hinten im Gang, Zimmer 112.
Überrascht stoppte ich, als ich sah, dass ich mir das Zimmer wohl mit jemandem Teilen würde. Es stand noch ein Bett im Zimmer. Alles auf dieser Raumseite war ordentlich gefaltet, aber auch sehr spärlich eingerichtet. Seufzend zog ich meine Tasche herein.
Hoffentlich würde sie nicht allzu schlimm sein.


Camian

Betont desinteressiert stopfte ich meine Sachen in den Schrank. Darius war schon seit einer Weile fertig und wartete angespannt, bis ich mich ihm endlich zuwenden würde. „Okay, mir reicht's!"

Vielleicht wartete er doch nicht.
„Cam, hör auf mich zu ignorieren! Was läuft da zwischen dir und Sophie?" „Was?" Erschrocken fuhr ich herum. „Da läuft gar nichts." Skeptisch zog Darius eine Augenbraue hoch und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Du bist mein Bruder, du solltest mit mir über so was reden."
„Da. Läuft. Nichts.", betonte ich noch mal. Verdammt, er konnte gar nicht recht haben. Ich starb, sie durfte sich jetzt auf keinen Fall in mich verknallen. Das würde ihr nur Enttäuschung bringen.

„Hey, lass doch den Quatsch! Sie mag dich doch auch, dass sieht ein Blinder! Du musst dich echt nicht verstellen." „Wieso denn auf einmal auch?", fragte ich aufgebracht und machte einen Schritt auf ihn zu. Mist, dass ging mir viel zu nahe.
„Du bist hin und weg von ihr." Das brachte mich endgültig aus der Fassung. Ich stieß ihn von mir. Er-schrocken taumelte er nach hinten. „Das bin ich nicht! Ich sterbe, Darius! Wach endlich auf! Dagegen kann man nichts mehr tun und ich werde sie bestimmt nicht mit runter reißen!" Er erbleichte und ein zorniger Ausdruck schlich auf sein Gesicht. „Weil du aufgegeben hast! Du schmeißt dein Leben weg. Wir wissen nicht was das bedeutet, es ist nur ungewöhnlich..." Ich lachte hart auf. „Es ist nicht ungewöhnlich. Es ist tödlich, hör auf zu träumen. Und keine Sorge, ich werde nicht alle verschrecken, wenn ich jetzt rausgehe. Ich möchte Sophie nur zum Geburtstag gratulieren."

Ich knallte die Tür hinter mir zu und lehnte erschöpft den Kopf an die Wand. „Verdammt!", murmelte ich. Unmöglich konnte ich so zu Sophie gehen. Was wenn Darius recht hatte? Konnte ich ihr das antun? Sie sollte nicht auch um mich trauern müssen. Sie war...mehr wert, schon nach dieser kurzen Zeit. Scharf zog ich die Luft ein.
Gottverdammt, sie spukte mir ja jetzt schon im Kopf herum! Sie...

Ein schrilles Quietschen brachte mich dazu mich umzudrehen. Karla.
„Oh, hey." „Hey!" Sie strahlte mich an. „Was machst du denn hier? Sag nicht du hast jetzt hier ein Zimmer?" Ich grinste schief. „Dad meinte, Zuhause wird es zu gefährlich, also doch."
Leider.
„Großartig!", sprudelte sie aufgeregt. „Oh, dann sehen wir uns jetzt ja wieder öfter! Ich..."

Sophie bog um die Ecke des Flurs und stoppte, als sie mich mit Karla hier stehen sah. Ich bildete mir sogar ein sehen zu können, wie sich ihr Gesicht verzog, bevor sie winkte und zurück gehen wollte.

„Tut mir leid, Karla, aber ich muss los.", unterbrach ich sie und hastete Sophie hinterher. „Sophie!" Sie drehte sich zu mir um, ihr Ausdruck verwirrt. Ich beugte mich vor und umarmte sie. Himmel, dieses Mädchen war unfassbar zierlich und klein.

„Alles Gute zum Geburtstag.", wisperte ich. Sophie war unnatürlich steif geworden, aber jetzt entspannte sie sich und drückte mich einmal, bevor sie sich löste.
Dieses Ziehen im Magen konnte nicht gesund sein.

Ein leichtes, überraschtes Lächeln lag auf ihren Lippen. „Woher wusstest du, dass ich Geburtstag habe?"
Ich lächelte. „Ich habe Louisa gefragt."
„Wow, sie wusste das? Ich bin beeindruckt. Die letzten Jahre hat sie mich hauptsächlich angefaucht."
„Warum denn das?" Sophie seufzte. „Ich weiß nicht, aber das ist echt in Ordnung so. Es braucht wohl jeder jemanden, über den er sich aufregen kann."

Ein durchdringender Blick. „Weißt du, wer Samuel ist?" Ich versteifte mich. „Woher hast du diesen Namen?", fragte ich angespannt. Sie schwieg. „Sophie!" Nur Engel sollten von ihm wissen. Von seiner Familie, die so vielen den Tod gebracht hatte.

„Ich habe ihn zufällig mal gehört. Ich wusste nicht, dass man nicht danach fragen sollte. Entschuldige."
Sie drehte sich weg. Nein, so nicht. Ich packte ihr Handgelenk, bevor sie mir entwischen konnte.

„Zufällig? Darüber sollte gar nicht gesprochen werden." „Wie gesagt, dass wusste ich nicht. Lass mich los."
Ihre Augen blitzten eiskalt.
„Hör auf nach ihm zu forschen, dass bringt dich nur in Schwierig-keiten." „Lass mich los, Camian! Du tust mir weh." Ich ließ los.

Sophie wirbelte auf dem Absatz herum und rannt davon. „Verdammt!", zischte ich.
Ich hätte sie nicht so bedrängen sollen.
Ich hätte genauer fragen sollen.
Ich hätte in ihren Kopf gucken sollen.
Mist, was für ein Chaos!

War wohl Zeit endlich zu zeigen wie Camian aussieht;)

Die Wächterin - Mistkerle, Dämonen und Engel Where stories live. Discover now