33.Kapitel: Adams Sicht

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Meine Schritte hallten auf dem Parkett wieder. Mein Schatten folgte mir und zog sich den Flur entlang, die Sonne würde bald anfangen unterzugehen und meine Gestalt war in diesem Gebäude einsamer, als sie es auf dem Mond gewesen wäre. Ich stand mit gestraften Schultern und gerader Haltung vor der schweren Holztür und betrachtete die hölzernen Schnitzereien. Ein Hand legte sich wie aus Routine auf die kalte, goldene Klinke nur um sofort wieder los zu lassen, als hätte man sich verbrannt.

Der Gedanke das hinter dieser Tür mein Vater, mit dem selben verhassten kalten Blick, auf mich wartete wie seit 9 Jahren, hielt mich davon ab, hineinzu treten in die Hölle des Löwen.

Die hölzernen Schnitzereien an der Tür, führten mir wieder vor Augen, wie wenig Sinn für Realität mein Vater besaß. Er war der Messias, der Retter, der Heilige und das Chaos der Natur und des Menschens könnten nur durch ihn geregelt werden. Er entschied zwischen Tod und Leben.

Doch ich zerstörte das System. Ich wieder setzte mich seinen Gesetzen. Ich brach die Regel.

Ruiniere nicht seine Pläne. Sonst ruiniert er dich.

Über Jahre hinweg folterte er meine Psyche mit allen Methoden, die ihm einfielen. Er erzog mich auf Gehorsam.

Er rief. Ich kam. Er sagte. Ich tat. Er befahl. Ich führte aus.

Ich wieder setzte mich nie. Außer 1 Mal... Damit ruinierte ich mich nicht nur selbst, sondern auch das Einzigste, was mich vergessen ließ.

Rose

Ich nahm nie wieder an, dass mein Vater es nicht schaffen würde, mir alles zu nehmen, was ich hatte.

Erst gab er dir alles,was du dir erträumt hast. Nicht mal du selbst wusstest, dass du unbedingt das wolltest, bis er dir es gab.

Er gab mir Rose, Lele, Mikosch.

In dem Moment, in dem mich nichts nieder schmettern konnte, riss er mich mit aller Gewalt zu Boden und zerriss mich. Genau dieser Moment würde jetzt kommen, so kam es auch bei jedem der sich etwas bei meinem Vater zu Schulde kommen lassen hatte.

Mit etwas Kraft ließ ich die Tür auf gehen. Der Raum war leer. Langsam trat ich zu einem der 2 Sessel. Ich lies mich nieder.

Die Sonne fiel schräg durch die hohen Fenster. Das Licht warf kleine Reflektion durch den Raum und die Schatten krochen hervor.

Für einen Moment hatte der Raum etwas ruhiges, friedvolles.

Das Geräusch von Absätze auf dem Parkettboden zerstörte diesen Gedanken wieder.

Ich sah nicht nach hinten, als die Tür abermals ins Schloss fiel und sie in meinem Blickfeld auf tauchte.

Meine Stiefmutter Konstanze gab sich die Ehre.

Ihre roten Haare, gefärbt, waren zu einem festen Dutt hoch gesteckt worden. Sie trug eine dunkel grüne Bluse und einen knielangen schwarzen Rock. Ihre Stützstrumpfhose war nicht zu über sehen. Wie immer die schwarzen Absatz Schuhe.

Ich zog scharf die Luft ein, als sie mir ihre Hand auf die Wange schlug. »Seh mich nicht so abschätzig an!« Sie setzte sich auf den Platz meines Vaters. Direkt unter dem Familienporträt. In Ölfarbe sah man meinen Vater, der auf einem Holzstuhl saß, in Königsoptik, meine Tante, die liebevoll ihrem Hand auf seine Schulter legte und meinen Halbbruder Francesco. Ich wollte nicht auf dieses Bild und durfte nicht. Das einzige Mal, wo ich kein schlechtes Gewissen hatte, wenn mir etwas als Befehl aufgetragen wurde.

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