Kapitel 12 - Besprechungen

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Blutend, vor Schmerz stöhnend und Viggo verfluchend, durchwachte Hicks die Nacht. Er hatte das Tuch auf seine Wunde gepresst, doch schon nach wenigen Minuten war dieses von Blut durchtränkt. Er band es sich um seine Schulter und schlief letztendlich unter Qualen ein.

Die Sonne war gerade auf der Drachenbasis aufgegangen. Astrid schlug die Augen auf. Ein weiterer Tag ohne ihn. Ohne Hicks. Schon wieder hatte sie diese Nacht einen Albtraum gehabt. Hicks wurde vor ihren Augen getötet, von einem, süffisant lächelnden Viggo. Sie stand auf und zog sich an.
Der zweite Tag des Wartens brach nun an. Der zweite Tag, wo Astrid nur auf einem Felsen saß, auf das Meer starrte, ihre Axt schärfte und darauf wartete, dass endlich die Verstärkung von Berk kommen würde. Sodass sie dann endlich Hicks retten könnten.
Wie lange sie dort auf dem Felsen gesessen hatte, wusste sie nicht.
Doch irgendwann erkannte sie in der Ferne Punkte. Ihre Augen waren von dem vielen Starren schon überanstrengt. Müde rieb sie sich diese und überlegte gerade, ob sie zu den anderen ins Clubhaus gehen sollte. Dort diskutieren sie schon seit gestern wild, was sie unternehmen könnten, um Hicks zu retten. Astrid konnte aber nicht dabeisitzen und zuhören, wie sie Möglichkeiten durchsprachen, eine gefährlicher als die andere. Bei jeder einzelnen war das Risiko hoch, dass Hicks am Ende starb. Also floh sie sich lieber auf einen einsamen Felsen. Doch nun im Licht der Sonne, die inzwischen hoch am Himmel stand, erkannte Astrid ganz klar Punkte am Himmel. Es waren viele. Sehr viele sogar. Astrid erhob sich von dem Felsen. Verwundert schaute sie den Punkten zu. Je näher sie kamen, desto mehr namen sie auch Kurs auf die Drachenbasis. Bald waren die einzelnen Drachen zu erkennen. Doch auf den Drachen saßen Wikinger. Das war sie. Das war die Verstärkung von Berk. Als die Drachen und ihre Reiter über Astrids Kopf flogen, spurtete die junge Drachenreiterin schließlich so schnell sie konnte zum Clubhaus. Sie riss die Tür mit so viel Schwung auf, das sie laut krachend gegen die Wand schlug. Heidrun sprang sofort auf und zog ihr Schwert, während Rotzbakke mit einem Sprung auf Taffnuss Schoß landete. Fischbein fiel von seinem Stuhl. Dann realisierten sie, das es nur Astrid war und Heidrun setzte zu einer Frage an, doch Astrid kam ihr zuvor: ,,Sie sind da!",rief sie und stürmte sogleich wieder hinaus. Die anderen folgten ihr. Als sie an der großen Lichtung neben ihrer Trainingsarena ankamen, blieben sie wie angewurzelt stehen. Die Lichtung war übersät mit Drachen und unglaublich vielen Bewohnern Berks. Alle Wikinger, die einen Drachen hatten waren gekommen, allen vorneweg das A-Team und Haudrauf mit Grobian an seiner Seite. Selbst Männer die keinen Drachen hatten, waren von anderen Wikingern mitgenommen worden. Diese kletterten nun schwer bewaffnet von den Rücken ihres unfreiwilligen lebendigen Fortbewegungsmittels. Haudrauf eilte, gefolgt von Grobian, auf die Drachenreiter zu.
,,Astrid! Wir haben eure Nachricht bekommen und sind mit allen verfügbaren Männern sofort hergekommen. Erzählt was ist passiert? Wie hat Viggo meinen Sohn geschnappt?"
Haudrauf, sonst immer ruhig und bestimmt, stand komplett neben sich.
,,Es war, weil Hicks mich retten wollte, so konnten sie ihn in die Finger kriegen.",sagte Astrid mit zitternder Stimme.
,,Erzähl bitte der Reihe nach."
Astrid begann zu erzählen, die ganze Geschichte, von Anfang an. Haudrauf fluchte auf, als Astrid bei der Stelle mit dem Verrat von Jason ankam.
,,Ich hätte es wissen müssen. Ich wusste, dass Ryker und Viggo noch einen jüngeren Bruder hatten, aber das war auch das einzige was mir darüber bekannt war und ich hielt es nicht für wichtig. Vielleicht hatte ich auch einfach nur gehofft, das dieser Bruder nicht böse war, so wie seine älteren Geschwister. Und niemand hätte vermutet, dass Jason dieser jemand sein könnte. Das wäre mir im Traum nicht eingefallen"
Astrid erzählte von ihrer kurzen Zeit an Deck des Schiffes und was sie dort gehört hatte. ,,Also brauchten sie dich, um Hicks irgendeine Information zu entlocken?"
,,Ja sie dachten, wenn sie Astrid vor Hicks foltern würden, dann würde Hicks brechen und ihnen alles sagen was sie wissen wollten. Er würde es tun, um Astrid zu beschützen.",erklärte Heidrun.
,,Ein Oberhaupt schützt die Seinen.",murmelte Haudrauf in seinen Bart, ,,Er ist soweit."
,,Was sagst'e da Haudrauf?",fragte Grobian.
,,Nichts ich überlege nur. Was geschah danach? Habt ihr einen Plan, wie wir ihn befreien können?"
Astrid schloss die Erzählung ab und Rotzbakke sagte: ,,Wir haben viele Pläne, aber einer ist unbrauchbarer als der andere. Und jeder könnte, wenn er schief geht, das Todesurteil für Hicks sein."
,,Na gut, wir gehen ins Clubhaus und sprechen alles durch, was uns helfen könnte meinen Sohn zu retten. Alle anderen...'',rief er und hob seine Stimme an, ,,...sorgen dafür, dass die Drachen jederzeit abflugbereit sind." Und zusammen gingen sie zum Clubhaus.

,,Was mich verwirrt und was ich mich frage ist, welche Information das sein soll, die Viggo von Hicks bekommen will."
Ratlos schaute Haudrauf in die Runde. ,,Hat einer von euch von Hicks jemals etwas Wichtiges erfahren, was Viggo aber nie wissen dürfte? Dann wäre jetzt der geeignete Zeitpunkt damit rauszurücken."
,,Nein, außer die Informationen über das Drachenauge hat er uns nichts erzählt. Und wenn, dann wäre es nicht wichtig genug für Viggo, um ihn im so großem Stil zu entführen.",sagte Rotzbakke und klang leicht beleidigt. ,,Warum hat Hicks uns von dieser geheimnisvollen Information oder was auch immer nichts erzählt? Ich meine wir sagen ihm doch sonst auch immer alles." Frustriert stand er auf und ging unruhig im Zimmer hin und her.
,,Astrid...",begann Haudrauf und wandte sich ihr zu. ,,Hat Hicks sich dir anvertraut? Hat er irgendetwas zu dir gesagt?"
Die blonde Drachenreiterin schüttelte nur betrübt den Kopf. ,,Nein kein einziges Wort.",flüsterte sie.
,,Ohhh dieser Junge macht mich noch verrückt!",rief das Stammesoberhaupt frustriert.
,,Wahrscheinlich hat er es uns nichts gesagt, weil er uns schützen wollte. Vor Viggo.", verteidigte Astrid ihn unwillkürlich.
,,Ja genau das ist ja der Punk.",sagte Haudrauf aufgewühlt. ,,Er will uns alle vor Viggo beschützen und denkt, dass ist nur eine Sache zwischen ihm und Viggo. Aber wir stecken da doch alle irgendwie mit drin."
,,Aber er hat Recht!",wandte Astrid erneut ein. ,,Viggo betrachtet Hicks als den Feind. Nicht uns. Wie sind in Viggos Augen seine Freunde und seine Unterstützung für ihn. Aber keine richtige Gefahr. Einzig und allein Hicks kann für ihn gefährlich werden. Weil Hicks der einzige ist, der ihm gewachsen und ihm ein ebenbürtiger Gegner ist. Er ist der einzige, der Viggos Pläne hinterdenken und seine Spielzüge durchkreuzen kann."
Nachdenklich schaute Haudrauf sie an. ,,Vielleicht hast du recht Astrid und wir sind nicht sonderlich wichtig für Viggo. Doch frage ich nun dich: Bist du es in Viggos Augen ebenfalls nicht?"

Don't let me aloneWhere stories live. Discover now