Kapitel 4 - Abflug zur Basis

848 49 7
                                    

Hicks wurde wach, als etwas Nasses seine Wange herruntertropfte. Ohnezahn stand über ihm und grinste ihn an. Wie immer sah das recht niedlich aus, weshalb Hicks einfach nicht anders konnte. Er musste lächeln. Doch als er realisierte, was er da auf der Wange hatte, setzte er sich schnell im Bett auf. ,,Bähhh Ohnezahn du hast mich jetzt nicht wirklich angesabbert oder?"
Doch der Nachtschatten gluckste nur vergnügt und signalisierte Hicks, dass er aufstehen sollte, damit sie ihren morgendlichen Rundflug machen konnten.
,,Mensch Kumpel, die Sonne ist noch nicht mal aufgegangen und ich soll schon aufstehen. Du gönnst mir aber auch gar nichts.",maulte Hicks, zog jedoch widerwillig seine Rüstung an, wischte sich den Sabber von der Wange und streifte sich die Schulterpanzer und seine Sturmhaube über. Als sie aus der Hütte traten, war das ganze Dorf anscheinend noch im völligen Tiefschlaf. Hicks stieg auf Ohnezahn und dieser schwang sich in Rekordgeschwindigkeit hoch in die Luft. Vielleicht konnte er so seinen besten Freund wach kriegen, denn der konnte ziemlich miesepetrig sein, wenn er so unsanft geweckt wurde.
Drache und Reiter schossen im atemberaubenden Tempo am Himmel entlang und drehten einen Looping nach dem anderen.
,,Okay Kumpel jetzt geht's getrennt weiter",rief Hicks nach einer Weile gegen den Wind anbrüllend und ließ die Beinprothese ausklinken, um ihr gerade erst neu erlerntes Manöver nochmals zu trainieren. Mit dem Ausklinken der Prothese ließ er sich von Ohnezahns Rücken gleiten und stürzte sich an der Seite von seinem bestem Freund dem sicheren Tod entgegen. Kurz vor dem Boden hakte er sich in die Schlaufen ein, durchtauchte die Wolkendecke und schon glitt er mit seinem Fluganzug über Berk. Unter sich erspähte er die ersten Häuser aus denen bereits Rauch aufstieg. Ihr Flug hatte wohl doch länger als erwartet gedauert.
,,Komm Ohnezahn wir fliegen wieder zurück."
Er griff in Ohnezahns Sattel, der während des ganzen Fluges immer über Hicks geblieben war, und mit einer lässigen Fassrolle klinkten sich Reiter und Drache wieder ein. Nach dem Einrasten der Prothese landeten sie sanft vor Grobians Schmiede. Sie betraten das Haus, und sofort ging Hicks zu seinem Tisch, wo noch immer die neue Schwanzflosse für seinen Drachen lag.

Eine Stunde später betrat Jason die Schmiede. Hicks war gerade dabei die nun fertige Flosse an die noch verbliebene Hälfte von Ohnezahns Schwanz anzulegen.
,,Ey Kumpel halt still, ich muss sie doch erstmal anschnallen.",meinte Hicks lachend, denn Ohnezahn hüpfte, hibbelig wie er war, fast schon. Es hatte den Anschein, als könnte er gar nicht abwarten sie endlich auszuprobieren.
,,Die sieht echt gut aus. Tolle Farbe.'',fand Jason und trat interessiert näher.
,,Hey Jason. Echt findest du? Mir war mal nach 'nem Grünton und alles andere haben wir schon an Farben durch. Nicht wahr Kumpel?",meinte der junge Drachenreiter.
,,Was unterscheidet die eigentlich von den anderen, abgesehen von der Farbe?", fragte Jason und deutete von der schwarz - roten zu der grün - gelben Schwanzflosse.
,,Die Schwarze ist super für lange Flüge und große Höhen. Sie ist sehr geschmeidig und stabil. Die Grüne dagegen ist eher für Manöver gedacht, wo man viel ausweichen muss. Enge Kurven und Präzision sind da wichtig. Allerdings hat sie einen Schwachpunkt: Wir können damit nicht sonderlich hoch fliegen, sondern nur knapp 5, vielleicht 7 Meter über den Boden. Und sie ist leichter entflammbar. Daran arbeite ich aber noch."
Hicks öffnete nun die Tür und trat hinaus. Jason und Ohnezahn folgten ihm.
,,Möchtest du mitkommen und sie ausprobieren?", fragte Hicks den blonden Jungen.
,,Ja sehr gerne!" Jason freute sich sichtlich und kletterte hinter Hicks auf den Nachtschatten.
Ohnezahn flog los und nahm Kurs auf die Steinfelsen. Dort konnte man perfekt üben. Es war wie ein riesiger Slalom Parcours.
,,Na dann Kumpel, mal schauen wie viel in dem Teil steckt.'',rief Hicks. Sie umkurvten große Felsblöcke haarnadeleng und bremsten so scharf vor einem Felsen ab, der überraschend vor ihnen aufgetaucht war, dass es Jason fast aus dem Sattel schlug. Das Wasser spritzte nur so unter ihnen nach links und rechts hinweg, als sie noch eine schmale Kurve flogen und sich anschließend auf den Rückweg machten.
,,Oh heiliger Odin, das war mit Abstand das coolste und verrückteste was ich je gemacht habe."
Jason musste sich erstmal auf den Boden setzten, sobald sie gelandet waren.
,,Die ist auf jeden Fall schneller als die schwarze Flosse."
,,Das war noch gar nichts",meinte Hicks lachend. ,,Ich habe auf der Basis eine in violett, mit der fliegst du fast mit Überschallgeschwindigkeit. Wenn wir auf der Basis sind, kann ich sie dir ja zeigen.",fügte Hicks noch hinzu.
Danach herrschte ein Augenblick Stille. Hicks selbst schien einen Augenblick überrascht zu sein von dem, was er gerade gesagt hatte.
,,Was...?",fragte Jason schließlich und bekam große Augen.
,,Nun ja...'',druckste Hicks etwas herum. ,,Ich weiß du bist erst seit knapp einen Tag hier, aber ich habe das Gefühl, wir kommen gut miteinander aus. Außerdem würdest du toll in unser Team passen und du hast auch eine faszinierende Einstellung zu Drachen. Die meisten die zu uns kommen und die Drachen das erste mal als Freunde sehen, trauen sich nicht mal in ihre Nähe. Von anfassen ganz zu schweigen. Doch du hast nur kurz einmal gezögert und eine Minute später bist du auf einem geflogen. Das fand ich sehr verblüffend. Selbst die anderen Reiter sagen, du würdest gut zu uns passen."
,,Aber wann hast du sie...?"
,,Gleich gestern noch in der Halle als du kurz bei Händler Johann warst. Auch den habe ich noch ein bisschen nach dir ausgequescht um ehrlich zu sein. Apropo er erzählte mir auch noch etwas. Du sagstest dein Vater wäre auf der Insel Schmied gewesen, aber das er auch euer Stammesoberhaupt war, hast du ausgelassen. Muss dir wohl einfach entfallen sein, nicht wahr?"
Hicks schaute ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an.
,,Hör zu Hicks ich weiß, dass ich das eventuell hätte erwähnen sollen, aber ich habe die Tatsache gehasst, dass ich eines Tages Stammesoberhaupt sein sollte. Weißt du mein Vater meinte immer: Diene immer dem Volk und mach dich nützlich. Deswegen auch meine Schmiedelehre. Ich wollte aber immer die Welt entdecken. Deswegen habe ich es verschwiegen, weil er immer so enttäuscht von mir war, da ich immer eine anderer Ansicht hatte. Tut mir leid Hicks. Ich wollte dich nicht enttäuschen oder euch etwas vorenthalten. Ich fühle mich geehrt, dass du mir vertraust; das will ich nicht kaputt machen"
Hicks ignorierte das vorerst weg und fragte anstattdessen: ,,Willst du ein Drachenreiter werden? Und ich sage dir, die Entscheidung dich aufnehmen zu wollen, ist eine große Sache. Manche Kinder auf Berk warten seit Jahren darauf, das wir sie rekrutieren. Ich will dich aufnehmen, weil du anders bist und uns deine Einstellung gefällt. Auf eine besondere Weise. Ich habe bisher nur noch nicht rausgefunden auf welche. Also...wie lautet deine Antwort?" Jason starrte ihn immer noch an. Dann stotterte er los: ,,Ja...ja natürlich will ich ein Drachenreiter sein."
,,Dann wär das geklärt. Wir freuen uns, dass du ja sagst. Aber eine große Bedingung habe ich. Keine Geheimnisse in Zukunft mehr vor uns, ja?"
,,Jawohl Chef!" Mit einem Grinsen im Gesicht salutierte Jason.
,,Lass uns frühstücken gehen",schlug Hicks vor. Die beiden machten sich auf den Weg zu seiner Hütte.
,,Weißt du",fing Hicks an. ,,Ich kann verstehen, dass du uns nicht erzählen wolltest, dass dein Vater das Stammesoberhaupt ist. Mir geht es oft genauso. Ich bin auch der Nachfolger, doch immer wieder zweifle ich an mir selbst."
,,Weißt du Hicks was meine Mutter immer sagte? Mach dir nicht zu viele Gedanken, du wirst es großartig machen. In deinem Fall stimmt es: Du bist beliebt, hast die Akademie aufgebaut, die Basis und vieles mehr. Du bist überall als der Drachenbezwinger bekannt und hast Unmögliches geschafft. Du solltest stolz auf dich sein, anstatt an dir zu zweifeln."
Hicks blieb stehen und schaute ihn an.
,,Was? Hab ich etwas Falsches gesagt?"
,,Nein",meinte Hicks nur. ,,Es ist nur...du hast mich gerade echt aufgebaut. Seit der Sache mit Viggo trage ich in mir so viele Zweifel. Und der Druck die, die ich liebe zu beschützen wächst mit jedem Tag, den Viggo nicht nicht aus dem Weg geräumt wurde." Hicks lächelte auf einmal: ,,Danke Jason. Ich denke, du wirst ein guter Freund werden."

Nach dem Frühstück gingen sie in die Akademie, wo bereits die anderen auf sie warteten. ,,Oh unsere Anführer lässt sich auch mal blicken. Was für eine Ehre.",sagte Rotzbakke mit einem sehr sarkastischen Unterton. Hicks überhörte diesen gekonnt und wandte sich seinen Reitern zu. ,,Leute wie ich bereits gestern angekündigt habe, wird Jason eventuell ein Drachenreiter. Und jetzt ist es offiziell: Er kommt mit zur Drachenbasis und wird einer der unseren."
,,Schön gesprochen"
,,Amen",sagten Raff und Taff, doch niemand hörte ihnen zu, weil alle auf Jason zuliefen, um ihn zu beglückwünschen und ihn willkommen heißen zu können.

Vier Stunden später saßen alle auf ihren Drachen, abflugbereit. Hicks hatte während den letzten Stunden noch wichtige Angelegenheiten mit seinem Vater besprochen. In der Zeit hatten der Rest der Truppe Jason in das Drachenzähmen eingeführt und grundlegende Dinge erklärt. Seinen eigenen Drachen sollte er dann nach reichlich Training erst auf der Basis zähmen.
,,Okay Leute los geht's. Abflug!", rief Hicks und setzte sich seine Maske auf, um sich besser vor dem Wind schützen zu können.
,,Auf Wiedersehen, Vater",sagte er dann und schaute Haudrauf an, der zum Verabschieden gekommen war.
,,Pass gut auf dich auf mein Sohn." Dann beobachtete er wie Hicks, vor Jason sitzend und gefolgt von seinen Freunden Kurs auf die Drachenbasis nahm.

Don't let me aloneWhere stories live. Discover now