In Gedanken vertieft, hattest du gar nicht gemerkt, dass dein Gegenüber stumm deine Bewegungen mitverfolgte. Gebannt lagen deine Augen auf der Schüssel Cornflakes, die du pausenlos mit dem Löffel zerdrücktest.
„Du, Lisa, wegen des Museums...", meldete sich Dea zu Wort, um dich aus deiner Trance zu holen.
Ihre Worte drangen sofort zu dir durch, weswegen du in einem Mal realisiertest, dass du mit dem Kopf ganz woanders gewesen warst. Unaufhörlich blinzelnd, senktest du deine Hand und platziertest den Löffel zurück in die Schüssel. Nachdem sie es geschafft hatte, deine Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen, räusperte sie sich. Das sogar sehr auffällig, weshalb du sofort zu ihr rüberschautest. Ihre Augen hatte sie auch längst von dir genommen, um nicht den Anschein zu erwecken, dass sie dich angestarrt hatte. Noch etwas perplex, weil du noch nicht ganz bei dir warst, mustertest du ihr Gesicht.
„Ist es wirklich okay für dich, wenn wir noch zum Museum gehen? Das Konzert gestern war schon etwas anstrengend und-"
Du brauchtest nicht mal den ersten Satz zu Ende hören, da wusstest du schon, dass Dea sich Sorgen um dich gemacht hatte. Allerdings wollte sie das diesmal überspielen, denn sie hatte dich schon vorher mehrere Male gefragt, ob alles bei dir okay wäre. Es war nicht wirklich alles okay, aber es gab auch keinerlei schwerwiegende Probleme. Das Ding war, dass Dea und du das erste Mal auf einem Konzert einer eurer Lieblings-K-Gruppen wart und irgendwie endete es anders, als es eigentlich sollte. Die Gruppe, auf dessen Konzert ihr wart, war BAP. Weil ihr es nicht geschafft hattet, Tickets für das Konzert in Deutschland zu bekommen, hattet ihr euch nach langem Grübeln und Planen dazu entschieden, auf das Konzert in Rom, Italien zu gehen. Einfach mal mir nichts, dir nichts, halb Europa zu durchqueren für ein Konzert, musste schon gut überlegt sein. Letztendlich hatte alles gut geklappt bis zu dem Punkt, an dem das Konzert gestern geendet hatte. Der Adrenalinstoß war danach immer noch vorhanden, aber weil es das allererste Mal war, dass du eine K-Gruppe und vor allem Youngjae live zu Gesicht bekommen hattest, ging es dir seither nicht mehr aus dem Kopf. Das konnte dir natürlich keiner übel nehmen, denn es war vielleicht einmal 10 Stunden her. Allerdings waren die Gedanken und der Traum, die du daraufhin hattest, das Problem und die Ursache, wieso du den ganzen Morgen neben der Spur warst. Es hatte dich so verdammt glücklich gemacht, BAP und Youngjae zu sehen, dass du gar nicht mehr aufhören konntest zu weinen. Später stellte sich dir dann die Frage, wie das wohl wäre, wenn du BTS und Jimin zum ersten Mal live erleben würdest. Und das war der springende Punkt. Diese Sehnsucht und dieses Verlangen, Jimin mal endlich in Wirklichkeit und nicht nur auf Bildern auf Twitter zu sehen, wurde größer. So groß, dass du sogar von ihm geträumt hattest. Dieser Traum hatte deine Sehnsucht und dein Verlangen etwas anders widergespiegelt, als du es zu Beginn aufgefasst hattest. Solche Träume waren sicherlich für niemanden Neuland, jedoch fragtest du dich, wieso ausgerechnet jetzt. Du hattest Youngjae gesehen und würdest nur zu gerne Jimin treffen, aber wieso artete das derartig aus? Ebenso fragtest du dich, aus welchem verdammten Grund es dich so sehr beschäftigte. Sexträume waren etwas ganz Normales. Nur ein wenig Fantasie. Kein großes Ding. Gezwungen lächelnd, um Dea zu versichern, dass alles gut war, nicktest du leicht mit dem Kopf.
„Ja, ja, kein Problem. Können wir ruhig machen. Dafür haben wir uns schließlich einen weiteren Tag frei genommen, oder?"
Dein Blick wanderte runter zu deinen Cornflakes. Anstatt in ein Museum zu gehen, wärst du lieber woanders hingegangen. Du hattest nichts gegen Museen, allerdings konntest du es nicht einsehen, den Eintritt zu bezahlen, um dir für 5 Minuten Bilder anzugucken. Man konnte dich für Kunst begeistern, allerdings verflog das Interesse genauso schnell, wie es gekommen war. Ja, die waren zum Teil echt schön, aber dann 10 Minuten vor einem Bild zu stehen und dann darüber zu philosophieren – das war nicht unbedingt dein Fall. In diesen paar Minuten hättest du dir das ganze Museum angeschaut und könntest schon wieder raus. Zudem war die Kunst, die dort ausgestellt wurde, teilweise echt fraglich. Da fandest du Modern Art oder Bilder auf Instagram viel, viel schöner. Dass ausgerechnet Dea auf die Idee gekommen war, ein Museum besuchen zu gehen, hatte dich schon sprachlos gemacht, als sie das das erste Mal angesprochen hatte. Sie wirkte nie auf dich, als könne sie sich für so etwas interessieren. Was natürlich nicht allzu schlimm war, allerdings, wie sie vorher erwähnt hatte, war man nicht jeden Tag in Italien. Na ja, was sollte man machen? Eine Stunde konnte man ja dafür opfern. Vielleicht konnte dich das von deinen komischen Gedanken ablenken.
