Scherben

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Hustend wache ich auf als ich auf mich herablicke ist da Blut.
Sehr viel Blut.
Es kommt aus einer Wunde an meinem Bauch.
Blutverschmierte Hände drücken auf die Wunde.
Ich sehe mich um und merke einen leblosen Körper am Fuß eines hölzernen Podiums liegen, als ich genauer hinsehe meine ich Milan zu erkennen.
Seine Augen sind offen und leer.
Kopfschuss.
Auf die Wunde an meinem Bauch drückt Jason.
Er hat einen Streifschuss in seiner linken Schulter.
Sein weißes Hemd ist voller Blut und seine Augen sind panisch.
Immer wieder huste ich.
Jedes Mal tut mehr weh.
"Bleib bei mir Baby! Bitte!"
Meine Augenlider sind schwer und ich will sie schließen.
Ich bin so unfassbar müde.
Auf einmal geht die Tür auf und Männer mit Gewehren kommen rein.
Sie sind nicht von der Polizei und ich weiß nicht ob sie Freunde oder Feinde sind.
Ich kann ihnen nicht trauen.
Im Grunde genommen kann ich niemandem trauen.
Jason hält mich immernoch.
Ich sehe Tränen in seinen Augen und es ist das erste Mal dass er nicht der Coole ist.
Trotzdem kann er anscheinend noch relativ klar denken.
Er zieht mich hinter das Podium, sodass wir zumindest ein wenig unauffälliger sind.
"Seht ihr sie?" Fragt ein Mann und richtet sein Gewehr suchend in verschiedene Richtungen.
"Jason? Sophia? Wir wollen euch helfen. Kommt raus falls ihr euch versteckt. Ich wiederhole: Wir wollen euch helfen!"
Jason legt seinen Finger an seinen Mund und bedeutet mir damit noch nichts zu sagen.
"Ich bins...Mama..." Ich erkenne die Stimme nicht.
Es ist nicht meine Mutter und ich habe Jasons Mutter seit Jahren nicht gesehen.
Wieder kommen Erinnerungen in meinen Kopf.
Sie hatte Jason und seinen Vater allein gelassen und zwar als Ella verschwunden war.
Ich habee so viele Fragen in meinem Kopf.
Es ergibt alles keinen Sinn.
Jasons Augen haben sich geweitet, er kann ihre Stimme erkennen, und er schiebt mich sanft von seinen Beinen.
Vorsichtig schaut er vom Podium zur Mitte des Saals und ich sehe wie seine Augen immer größer werden.
Er steht auf und geht langsam auf sie zu.
Zumindest vermute ich das.
"Ich werde euch alles erklären später.
Sophia hat viel Blut verloren oder? Ist das ihr Blut auf dem Boden?"
Ich höre keine Antwort seinerseits.
Ich kann mich auf keinen Punkt konzentrieren also blicke ich auf die mit Stuck verzierte Decke.
Das alles entbehrt jeglicher Logik.
Ich wünschte jemand würde es mir erklären.
Ich merke wie mich jemand anhebt und ein stechender Schmerz durch meinen Bauch geht.
Ich will nach Hause.
Ich will so gerne einfach nach Hause.
In einem Bett an Jason gekuschelt einschlafen.
Das ist alles was ich will.
Jason trägt mich, obwohl jemand im Hintergrund sagt er solle mich an irgendwen anderes übergeben.
"Ich kann nicht" sagt er, dann blickt er immer wieder kurz zu mir.
"Baby es wird alles gut okay? Denk an andere Zeiten Baby. Wir werden heiraten und uns ein Haus suchen so wie du es wolltest und du darfst die Einrichtung aussuchen Baby und schon bald bist du mit mir in einem warmen Bett und ich lass dich nie wieder los aber schlaf jetzt nicht ein, hörst du?
Bitte Honey, schau mich an.
Ich liebe dich über alles Baby du bist alles in meinem Leben, du musst mir nur diesen einen Gefallen tun.
Bleib bei mir"
Ich schaue in seine Augen und nicke leicht.
Ich will etwas sagen aber es kommt kein Ton aus meinem Mund.
"Baby Shhh sag nichts, streng dich nicht an."
Die Frau neben Jason blickt besorgt auf mich, dann wandert ihr Blick weiter runter vermutlich zu der Wunde an meinem Bauch.
Ich kann nicht mehr gegen meine Augenlider ankämpfen also schließe ich sie, nur für eine Weile.

Als ich aufwache liege ich in einem weißen Raum.
Alles ist weiß und es fühlt sich so an als wäre ich im nichts.
Eine Zeit lang überlege ich ob ich vielleicht im Himmel bin, doch dann öffnet sich die Tür.
"Sie ist wach." Sagt eine unbekannte Stimme und jemand fragt ob ich wohl transportfähig bin.
Die Stimme bejaht und so merke ich wie kurz darauf mein Bett bewegt wird.
Es ist alles so als würde ich mich in einer Wolke befinden.
In einem großen Wattebausch.
Alles ist gedämpft und auch wenn ich versuche etwas deutlicher zu verstehen so ist es doch nicht möglich.
Ich kann mich nicht orientieren und wenn ich versuche mich aufzurichten schmerzt mein Kopf als hätte man mit einem Hammer draufgeschlagen.
Ich habe das Gefühl ein Messer schlitzt meinen Bauch auf und in meinem Kopf kreist nur ein Gedanke.
Ich will  das es alles ein Ende hat.
Das Chaos in meinem Leben was so plötzlich alles übernommen hat und ich habe keine Chance es zu ordnen.
Die Wirren Gedanken und Erinnerungen und Jason...
Jason.
Wo ist Jason? Der einzige Gedanke in meinem Kopf, das einzige an dem ich mich zurzeit festhalten kann.
Wo ist er nur?
"Ich bin hier Honey. Ich bin bei dir. Ich bin hier. Alles ist gut.
Ella ist tot. Sie sind alle tot."
Ich kann nicht sagen ob das gut ist.
Es ist doch gut oder?
Warum fühlt es sich dann so falsch an?
Warum tut mein Herz so weh?
In meinem Kopf ist ein Bild.
Eine weiße Rose, sie ist mit Blut besprenkelt.
Eine Tiefe Traurigkeit überkommt mich und ich weiß nicht weshalb sie entsteht.
Vielleicht weil ich so verzweifelt bin.
So verwirrt. So allein in meiner Welt.
Tränen brennen in meinen Augen.
Ich spüre wie sie sich ihren Weg über meine Wangen bahnen.
Meine Welt liegt in Scherben.

Mr.DevilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt