Kapitel 10

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Ach. Du. Schande.

Hatte ich gerade wirklich mit Dylan O'Brien herumgealbert und ihm die Zunge rausgestreckt? Was musste er jetzt nur von mir denken?

Ich ließ mich an der Wand in meinem Rücken heruntergleiten und vergrub meinen Kopf in den Armen. Wer bin ich denn bitte, mich so intim mit einem berühmten Schauspieler zu unterhalten? Ja, klar, wir sind Kollegen und unter Kollegen treibt man schon mal solche Scherze miteinander, aber nicht unbedingt, wenn einer nur einen dünnen Krankenhauspyjama trägt und sogar in so einem Sack gut aussieht! Suche ich gerade wirklich Ausreden für unser Verhalten? Vor mir selbst?! Mann, bin ich erbärmlich. Wenn es ihm nicht gefallen hätte, wäre er erst gar nicht darauf eingegangen! Wenn er nicht ebenfalls auf ein Gespräch aus gewesen wäre, dann hätte er kein Autogramm in seiner Schublade gehabt. Warte! Er muss das alles schon länger geplant haben, dass er so gut vorbereitet war. Ich öffnete meine linke Hand und strich die zerknickte Postkarte wieder glatt.

Damit du dich nicht mehr vor mir fürchten musst

stand quer über die Brust des Foto-Dylans geschrieben und auf der Höhe des durchtrainierten Bauches, den ich trotz 2-Dimensionalität erahnen konnte, war seine schwungvolle Unterschrift angebracht, die man nur lesen konnte, wenn man wusste, was dort stand. Ich strich in Gedanken versunken mit meinem Daumen über den bedruckten Karton. Ich hatte eine eigene Widmung von Dylan O'Brien bekommen! Zwar ohne meinen Namen, aber er meinte definitiv mich! Und ich hatte ein wirklich richtiges Gespräch mit ihm, bei dem ich mich nicht zum Idioten gemacht hatte! Oder?

Panisch ging ich unseren Schlagabtausch noch mal durch. Diese ganze Autogramm-annehm-Autogramm-ablehn-Geschichte war echt dumm gewesen. Ich war ein richtiger Esel, dass ich mich nicht mit Dylans Sichtweise auf die Dinge auseinander gesetzt hatte. Andererseits hatte ich zu dem Zeitpunkt nur Panik geschoben, mein Hirn nicht benutzt und sogar Yessi und ihren gut gemeinten Ratschlag runtergemacht. Nicht zu vergessen, dass ich Sarah zwei Wochen lang belogen und mich sogar dreimal vor den Aufnahmen gedrückt hatte. Eigentlich hatte ich mich seit meinem Aufeinandertreffen mit Dylan kindisch, unreif und dumm verhalten, meinem gesamten Umfeld gegenüber. Ich mochte diesen Gedanken damals noch so weit von mir weggeschoben haben wie möglich, doch es war nicht Dylan's Schuld gewesen, sondern nur meine eigene, unbegrenzte Dummheit und Engstirnigkeit, die mir meine 'Probleme' eingebrockt hatte. Erst die Angst um Dylan hatte mich wieder zur Vernunft gebracht. Ich war wirklich egoistisch.

Entschlossen hob ich meinen Kopf von meinen Knien und starrte an die gegenüberliegende Wand des Flurs. Ich musste mich zusammenreißen und mich erwachsen benehmen, wenn ich mich selbst nicht hassen wollte, was definitiv nicht meine Absicht war. Ich würde jetzt nach Hause gehen und mir ein paar Filme reinziehen und wieder in die Normalität zurückkehren. Sarah hatte mich nach dem Telefongespräch vor einer Woche zwar überzeugt, vernünftig zu sein und meinen Job nicht weiter mit meinem Fehlen auf die Kippe zu stellen, aber ich selbst hatte bis gerade eben nicht dahinter gestanden und mich selbst immer wieder angezweifelt. Damit war jetzt endgültig Schluss.

Ich wollte mich gerade erheben, um mein Vorhaben mit den Filmen in die Tat umzusetzen, als die Tür neben mir aufschlug und Dylan heraustrat.

Er sah sich suchend um. Ich machte mich so klein wie möglich und versuchte mit dem Hintergrund zu verschmelzen, versagte allerdings kläglich. Trotz meiner heroischen Entscheidung wieder Ich zu sein, lag mir unser Gespräch noch zu schwer im Magen, als dass ich mich jetzt schon wieder mit ihm befassen könnte. Himmel Herrgott, ich hatte mich total kindisch benommen und ihm die Zunge rausgestreckt!

Doch schon im nächsten Moment kniete er vor mir und warf mich mühelos über seine Schulter. Ich ließ ein sehr undamenhaftes "Umpfh" vernehmen, als mir all meine Luft aus der Lunge gepresst wurde. Zuerst war ich vollkommen überrumpelt und ließ es geschehen, wehrte mich allerdings, als mein Gehirn die ganzen Eindrücke verarbeitet hatte. Gerade wollte ich ebenso zur akustischen Gegenwehr übergehen und mich lautstark bei ihm beschweren, als ich schon wieder auf die Füße gestellt wurde.

Ein Autogramm (Dylan O'Brien FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt