Kapitel 5

3K 125 35
                                    

Ich hatte mich noch am selben Tag nach einer Agentur, die mich auch aufnehmen würde, umgeschaut. So hatte ich jetzt, zwei Tage danach, einen Termin mit meiner neuen Agentin. Meine Mutter brachte mich zu der angegebenen Adresse. Jetzt stand das Auto vor einem hohen Bürogebäude, wie sie es zu Tausenden hier in L.A. gab.

"Hast du auch alles was du brauchst?", fragte mich meine Mutter nervös.

"Mama!" Ich lachte sie an, was ihr überhaupt nicht zu gefallen schien. "Was sollte ich denn bitte brauchen? Ich rede einfach nur mit der Agentin darüber, wie es jetzt laufen wird!"

Meine Mutter stutze, dann entspannte sie sich merklich. "Ja, du hast ja recht. Ich bin viel zu verspannt. Aber wenn mein kleiner Schatz endlich ihren Lebenstraum verwirklichen kann, bin ich einfach aufgeregt!"

Ich sah sie genervt an. Wann würde sie endlich aufhören mich wie ein kleines Baby zu behandeln?! Natürlich, ich war ihr Kind, aber man sollte doch auch loslassen können! Da wollte ich mir gar nicht ausmalen, wie es sein würde, wenn ich eröffnete, dass ich ausziehen wollte... Das lag zwar noch etwas weiter in der Zukunft, aber spätestens wenn ich aufs College ging, wollte ich nicht mehr bei meinen Eltern wohnen.

Ich lächelte sie ein wenig gezwungen an: "Ich ruf dich an, wenn ich fertig bin, ja?"

"Ach so, das hab ich vergessen dir zu sagen! Du müsstest mit der U-Bahn zurückfahren. Sei mir bitte nicht böse, aber ich hab da einen Termin mit meiner Chefin."

Meine Mutter arbeitete als führende Kraft bei einer Supermarktkette. Was genau sie da machte, wusste ich nicht, aber es brachte gutes Geld. Allerdings war sie deswegen auch öfter nicht zu Hause.

Ich seufzte erleichtert auf. Meine Mutter deutete das anscheinend falsch, denn sie sah mich mit ihrem Dackelblick an, von dem sie genau wusste, dass ich dann nie Nein sagen konnte. Ausnahmsweise wäre diese Aktion gar nicht nötig gewesen, aber ich spielte mit, um ihre Gefühle nicht zu verletzen.

Ich seufzte nochmals, diesmal lauter. "Ist nicht schlimm Mama. Viel Glück mit deinem Boss!"

Sie lächelte mich erleichtert an und nahm mich in den Arm. "Dir auch viel Glück, mein Schatz. Ich weiß ganz genau, dass du sie alle umhauen wirst!"

Ich drückte sie zurück und musste grinsen. "Aber klar doch! Niemand kann meinem Charme wiederstehen!"

Meine Mutter sah mich noch einen Augenblick liebevoll an, bevor sie wieder ins Auto stieg. "Wir sehen uns heute Abend!"

Ich winkte dem Auto hinterher, wie es sich in den trägen Fluss des Verkehrs einfädelte. Dann drehte ich mich zu dem Gebäude der Agentur um und ging auf die elektrischen Schiebetüren zu.

°°°

"Ms. Parker bitte."

Ich schnellte von dem weißen Plastikstuhl hoch, der die letzten 20 Minuten mit meinem Po verwachsen war. Beinahe wäre er auch dran kleben geblieben, aber ich hielt ihn beim Aufstehen mit meinen Händen an Ort und Stelle. Gott sei Dank gab er keine schmatzenden Geräusche von sich. Schnell folgte ich der Angestellten. Sie führte mich vor eine Tür mit silberner Plakete. Auf dieser stand

MRS SARAH DEXTER

AGENTIN

Die Dame klopfte an und öffnete nach einem gedämpften "Herein" die Tür. Ich trat in ein sonnendurchflutetes Büro mit einer Menge Fotos an den Wänden. Es hatte ein heimelige Atmosphäre, in der ich mich sogleich wohl fühlte. Hinter einem neuen Aluminiumschreibtisch, der sehr kühl und fehl am Platz wirkte, saß ein Frau Anfang 30. Sie hatte lange braune Haare und als sie von ihrem Arbeitsplatz aufsah, blickte ich in ihre dunkelbraunen Augen.

Sie strich sich mit einer fahrigen Handbewegung ihre Haare hinter ein  Ohr.

Schnell stand sie auf und hielt mir ihre Hand hin. Hastig griff ich danach und schüttelte sie. Diese Frau war mir auf Anhieb sympathisch.

"Hallo, ich bin Sarah Dexter. Wir hatten vor zwei Tagen telefoniert." Sie lächelte mich an.

Ich lächelte zurück. "Ja das hatten wir. Ich bin Alyss Parker. Wie läuft das denn jetzt genau?"

"Deine Arbeit oder das Gespräch?"

"Erstmal nur das Gespräch."

"Okay, zuerst muss ich nochmal deine Daten durchgehen, damit da alles stimmt..." Sie wühlte ein bisschen auf ihrem Schreibtisch herum. Dieser war so mit Stapeln von Papier beladen, dass es aussah, als wäre ein Wirbelsturm darüber hinweg gefegt. Irgendwie machte sie das noch sympathischer. Schließlich wurde sie auf einem besonders großen Stapel fündig. Sie setzte sich wieder auf ihren Drehstuhl und wies mich mit einer Handbewegung an, ebenfalls Platz zunehmen, also setzte ich mich in einen der zwei Besucherstühle ihr gegenüber.

"Gut, fangen wir an. Ich werde jetzt deine Daten durchgehen und du unterbrichst mich einfach wenn was falsch ist, okay?"

"Wird gemacht." Ich salutierte scherzhaft.

Sarah schmunzelte. "Also, du heißt Alyss Parker, bist 18 Jahre alt, bist eine Senior an der Shedoll L.A. Highschool, bist 1,72 m groß, 65,9 kg schwer. Deine Familie besteht aus deiner Mutter Flora Parker, deinem Vater Sasha Parker und deinem kleinen Bruder Liam Parker. Ihr lebt in der Geroldroad 409 Apartment 89. Du hast keinerlei Allergien, Intoleranzen oder chronische Krankheiten, du bist keine Kettenraucherin...?" Sie schaute mich prüfend an. Ich schüttelte verneinend den Kopf. Sie kreuzte etwas auf dem Zettel an.

°°°

Als wir fertig waren, meinte sie: "Da ich jetzt so viel über dich weiß, darfst du mir auch ein paar Fragen stellen. Über alles was du willst. Aber den Sinn des Lebens darf ich dir nicht verraten." Sie zwinkerte mir zu.

Ich schmollte. "Und warum nicht?"

"Noch zu früh!"

Ich musste lachen. "Das ist so ziemlich die klischeehafteste Antwort, die es auf diese Frage gibt!"

"Und doch steckt sie so voller Wahrheit..."

Da wurde es mir zu philosophisch und ich fing an verschiedene Fragen zu ihrer Person zu stellen. So erfuhr ich, dass sie 32 Jahre alt war; glücklich verheiratet; eine Tochter im Alter von 8 Jahren hatte; eher eine Hundefreundin war, aber trotzdem drei Meerschweinchen zu Hause hatte; gerne schwimmen ging, wenn es die Zeit zuließ und eigentlich Wirtschafts- und Umweltrecht studiert hatte bevor ihr Mann ihr diesen Job in der Agentur besorgt hatte.

Als meine Agentin würde sie Verträge für mich abschließen, natürlich immer in Rücksprache mit mir. Sie würde mir Jobs an Land ziehen, meinen Terminkalender vollpacken und darauf achten, dass ich diesen dann auch einhielt. Außerdem würde sie mich zu all meinen Terminen bringen und das Geld, dass ich verdiente auf ein eigens dafür eingerichtetes Konto auszahlen. Davon knappste sie sich einfach ihren Teil ab und die Sache hatte sich. Der wichtigste Punkt aber war, dass sie alles mit der Schule regeln würde, wenn ich gerade bei einem Dreh war und nicht im Unterricht saß.

Als ich keine Fragen mehr hatte, gab sie mir Tipps zu meinem ersten Job im allgemeinen und ganz speziell auf Maze Runner bezogen.

"Vor allem kann es nicht schaden die Bücher zu lesen und die Filme zu schauen. Dann weißt du schon ungefähr was auf dich zukommt und kannst dich mit der Atmosphäre vertraut machen."

Die Filme hatte ich natürlich schon gesehen, aber ich nahm mir vor auch die Bücher, die als Vorlage gedient hatten, zu lesen.

"Übrigens findet in zwei Wochen ein Vortreffen des Casts statt. Wann genau maile ich dir nochmal. Ich werde dich dann dorthin bringen." Sie stand auf, ich mit ihr und wir schüttelten uns zum Abschied die Hände.

"Dann also bis in zwei Wochen."

"Ja. Auf Wiedersehen."

Ich stand auf und verließ das Zimmer und das Bürogebäude meiner neuen Agentur.

Ein Autogramm (Dylan O'Brien FF)Where stories live. Discover now