Kapitel 20

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The Nights - Avicii

Am nächsten Morgen zog es mich nach draußen. Vielleicht würde mich Bewegung etwas entspannen. Ich war allerdings seit einem knappen Monat nicht mehr laufen gewesen, kaum, dass Theo wieder in Reichweite gewesen war, hatte ich anderes zu tun gehabt. Dementsprechend war meine Kondition eher bescheiden. Nachdem ich eine Runde durch den Wald gedreht hatte, der ein paar Minuten von Zuhause entfernt war, blieb ich keuchend stehen. 

Den Rückweg legte ich langsamer und mit einigen Pausen zurück. Es war morgens immer noch empfindlich kalt, aber immerhin schien die Sonne und ich konnte ein bisschen Frust abbauen. Als ich wieder in unsere Straße einbog, kam mir jemand vom anderen Ende entgegen, ich beachtete ihn aber nicht weiter. Erst als ich kurz vor unserem Haus angekommen war, erkannte ich, dass es Theo war. Ich sah sein Lächeln und rannte einfach weiter und direkt auf ihn zu. Der Aufprall war zum Glück nicht so doll, deshalb konnte Theo mich auch ganz romantisch in seinen Armen auffangen, ohne umzufallen. 

"Hallo, June! Ganz schön... energisch heute Morgen!", meinte er und ich wurde vielleicht ein kleines bisschen rot. 

Ich brachte ein wenig Abstand zwischen uns, um ihn ansehen zu können. Er trug schon die Cap mit dem Kleeblatt-Logo und seine obligatorischen Skinny Jeans. Die waren übrigens nicht so skinny, dass man später behaupten würde, er trüge engere Hosen als seine Freundin. Hach, ich hatte Schmetterlinge im Bauch. 

"Auf dem Weg zur Arbeit?", fragte ich. 

"Ja, ich wollte vorher nochmal bei dir vorbei schauen. Dieses Wochenende hab ich nämlich so viel zutun, dass wir uns nur jetzt sehen können. Aber immer noch besser als gar nicht, oder?" 

Ich grinste ihn nur an und war froh, dass ich dieses Mal eine schwarze Leggins und nicht eine meiner grauen Schlabberhosen zum Joggen angezogen hatte. Dadrin sollten mich nämlich wirklich nur meine Eltern, Elysa und vielleicht noch der Pizzatyp zu Gesicht bekommen. 

"Bei mir ist es auch nicht besser, ich darf mich mit Physik beschäftigen. Irgendwie muss ich bis Montag das ganze Thema verstehen. Aber hey, keine Panik! Wird bestimmt lustig." Beim Gedanken an das Drehmoment und Gravitation misslang mir das ironische Grinsen kläglich. 

"Oh man, das kenn ich. Oder sollte ich kennen, ich habs nie verstanden", er grinste leicht gequält. Dann schien ihm etwas einzufallen und er fuhr vorsichtig fort: 

"Sag mal, was ist das eigentlich mit Jasmin und Henry? Aaron meinte, dass die beiden sich fast getrennt hätten und dass du was damit zu tun hattest. Aber bei ihm weiß man ja nie, er wirkte sowieso etwas verwirrt am Donnerstag." 

Ich hätte wirklich gern gesehen, wie sich mein Gesichtsausdruck in dem Moment veränderte. Von mehr oder weniger ironisch und auf Wolke sieben zu Wollt ihr mich eigentlich alle verarschen?. Ich sagte erstmal eine Weile lang nichts, holte dann tief Luft und fragte schließlich so beherrscht wie möglich: 

"Willst du mir jetzt auch noch vorwerfen, eine Beziehung zerstört zu haben, die nie existiert hat? Henry ist ein absoluter Kotzbrocken und Aaron auch!" 

Theo runzelte die Stirn und nahm etwas Abstand. Aaron hatte schon in der Grundschule Handball gespielt, ich hatte nicht daran gedacht, dass Theo vor ein paar Jahren in sein Team gekommen war. 

"Was? Das hab ich doch überhaupt nicht gemeint! Aaron hat irgendwas darüber gelabert, dass Henry total fertig ist und ich wollte bloß fragen, ob du was von Jasmin weißt", er sprach wesentlich ruhiger als ich. Meine Selbstbeherrschung dagegen hatte sich endgültig verabschiedet. 

"Ich bin dieses Thema so leid, Theo. Und jetzt fängst du auch noch damit an! Könnt ihr mich nicht einfach alle in Ruhe lassen, anstatt mit diesen Vorwürfen um euch zu schmeißen?" 

Wenn Regen fälltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt