Kapitel 6

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Hey ihr Lieben, vielleicht habt ihr es ja bemerkt, da sind plötzlich Videos über den Kapiteln! Ich hab mir gedacht, ich kann euch ja auch gleich das Musikvideo verlinken, wenn es zu jedem Kapitel schon einen Song gibt ^^ Diesmal ist es eins meiner Lieblingslieder von Lauren Aquilina, das Originalvideo gibt es auf ihrem Kanal nicht mehr, aber jemand hatte das wohl schon geahnt und dann wieder hoch geladen xD Hört sie euch unbedingt mal an, die Texte sind so wunderschön!


Square One - Lauren Aquilina

Ich startete mit einem mulmigen Gefühl in die nächste Woche. Das lag nicht unbedingt am bevorstehenden Latein-Vokabeltest (meine Abschreib-Technik wurde immer ausgefeilter), sondern an der Tatsache, dass ich Jasmin von Henry-auf-Abwegen erzählen musste.

Als ich sie in der ersten Pause auf dem Mädchenklo traf, entschloss ich mich, es ihr gleich zu sagen. So was wurde schließlich nur schlimmer, je länger es vor sich hin brodelte.

„Hey, hast du mal einen Moment Zeit?", begann ich meine Beichte.

Wobei, ich war ja gar nicht der Schuldige, also warum fühlte ich mich so mies? Wahrscheinlich, weil ich mir Jasmins Reaktion jetzt schon bestens ausmalen konnte und ihr das Ganze so gern erspart hätte.

Mein Minchen. Wir hatten uns in der fünften Klasse in einer Bastel-AG kennen und lieben gelernt, könnte man sagen.

„Klar, was gibt's?"

„Es ist wegen Henry. Ich hab ihn am Samstag gesehen, als ich mit Theo im Georginenpark war. Du kennst doch noch Sophie, oder, die Tochter von Frau Huver?"

„Ja, wieso sollte ich so eine Zicke vergessen?", fragte Jasmin.

Jetzt war das ungute Gefühl, das ich beim Anblick von Henry und seiner Wärmflasche gehabt hatte, garantiert auf sie übergeschwappt. Ich fuhr schnell fort.

„Sie war bei ihm. Das Ganze kam ziemlich vertraut rüber, verstehst du?"

Ihr Blick sagte mir, dass sie bestens verstand. Sie sackte gegen den Waschtisch und sah mich mit großen Augen an.

„Das ist kein gutes Zeichen, wenn er von Anfang an auf Lügen baut, oder?"

„Nein, gar nicht gut. Komm her, der Arsch kann sich ans Ende der Welt verkriechen."

Ich nahm sie in den Arm und strich ihr ermutigend über den Rücken.

„Man, ich war so knapp davor, einen Freund zu haben! Und jetzt muss er alles zerstören. Hat der überhaupt kein Taktgefühl?"

Jasmin moserte noch eine Weile vor sich hin, während ich unser Spiegelbild hinter den Waschbecken betrachtete. Meine haselnussbraunen Haare vermengt mit ihrer weizenblonden Traum-Mähne.

„Du hast ja so Recht", stimmte ich ihr zu.

Wie konnte Henry die Chance, mit jemand so Besonderen wie Jasmin zusammen zu sein, verstreichen lassen? Er hatte die Eigenschaft, dass sie hinter allem nichts Böses vermutete, eher ausgenutzt. Wir verfluchten ihn noch einige Minuten, bis Jasmin plötzlich zu einem völlig anderen Thema überging.

„Wie sieht's eigentlich mit einem Vorsingen aus?", sie klang ziemlich geknickt, brachte mich aber sofort zu meiner Hauptbeschäftigung der letzten Stunden zurück: über meine stimmlichen Fähigkeiten nachgrübeln.

Während ich mich gut durch das Drama im WC hatte ablenken können, versuchte sie offenbar, mithilfe dieses heiklen Themas nicht an ihren Ex-Fast-Freund zu denken.

„Ich habe absolut keine Ahnung. Gestern Abend hab ich ein bisschen vor mich hin gesummt, aber komm schon, das reicht doch nicht für einen Auftritt! Wer von euch hatte die Idee eigentlich?"

Obwohl sie sich ihre verwuschelten Haare ins Gesicht fallen ließ, sah ich den ertappten Gesichtsausdruck.

„Du bist darauf gekommen, nicht Lea, stimmt's? Aber was soll das denn mit dieser ominösen Party?"

„Man, June, versuch es doch einfach! Für mich, bitte. Das würde mir sehr gut dabei helfen, mit Henry fertig zu werden und ich könnte mich mit einer Sorge weniger auf den Spanischaustausch vorbereiten. Das sind nämlich nur noch ein paar Monate."

„Als ob ich eure letzte Chance wäre, also echt! Da gibt es doch bestimmt noch massig andere gut aussehende Mädels, die es gar nicht erwarten können, bei Melophobie zu singen." Ich zog die Augenbrauen hoch und grinste sie an.

Sie drückte mich noch einmal und meinte, dass ihr das viel bedeuten würde. Fast gleichzeitig kamen zwei Mädchen auf die Toilette, um uns zum Unterricht zu holen. Wir hatten glatt das Pausenklingeln überhört, so beschäftigt waren wir mit unseren Verwünschungen gewesen.

„Geht's dir etwas besser?", flüsterte ich Jasmin noch zu, bevor die übereifrigen Botinnen unserer Lehrer uns wegschleppten. Sie lächelte mich kläglich an und in dem Moment war ich mir ziemlich sicher, dass sie es gut wegstecken würde. Jasmin ließ sich durch so etwas nicht aufhalten.


Als Lea mir fünf Stunden später auch noch einmal wegen des altbekannten Themas auf den Zahn fühlte, sagte ich zu. Herr Gott noch mal, dann würde ich mich eben vor diese Band stellen und etwas singen!

Ich wollte die arme Jasmin nicht hängen lassen und so grässlich konnte es wirklich nicht werden. Wer Aaron hatte, brauchte keine weiteren Ängste mehr.

„Jaaa, danke, danke, danke!", jubelte sie und begann, wie ein dressiertes Äffchen um mich herum zu hüpfen. Ich hielt sie peinlich berührt am Arm fest, damit nicht noch der Rest der Mittelstufe Wind davon bekam.

Als wir das Schultor passierten, meinte sie noch:

„Die nächste Probe ist übrigens Donnerstag. Du kommst dann am besten so gegen Viertel nach drei, bis dahin sollten alle da sein."

„WAS? Sag mal Lea, willst du mir eigentlich zu einem Herzstillstand verhelfen, bevor ich zwanzig bin? Donnerstag ist überübermorgen, das kannst du nicht machen! Bis dahin hab' ich noch massig Hausaufgaben, Badminton und oh, meine verpeilten Eltern wollten sich auch mal wieder blicken lassen! Dann steht das ganze Haus auf dem Kopf und ich komme noch schlechter mit dem Gedanken klar, dass ich singen werde! Bitte, lass mir bis nächste Woche Zeit, um mich wenigstens irgendwie vorzubereiten."

Ich war ruckartig stehen geblieben und starrte sie panisch an.

„Sorry, geht nicht anders! Wir brauchen eine Sängerin, und zwar nicht erst nächste Woche. Die Songs müssen endlich mit der kompletten Besetzung geprobt werden. Du kannst annehmbare Referate über Nacht fertig stellen, dann ist das doch wohl kein Problem!"

Sie ließ partout nicht mit sich reden.

„Dann spätestens bis Donnerstag!"

Damit marschierte sie zu ihrem Fahrrad rüber und ließ mich mit dieser Hammer-Nachricht inmitten der Flut aus Unterstufenschülern zurück, die sich gerade aus dem Hauptgebäude ergoss. In drei Tagen sollte ich also in Anwesenheit einer ganzen, garantiert skeptischen Band die Töne treffen.

Das konnte ja was werden.

Wenn Regen fälltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt