„Du sahst wütend aus, als ich dir davon erzählt habe", hakte ich weiter nach.

„Das war ich auch."

Ich schluckte und senkte meinen Blick. Was hatte ich auch Anderes erwartet? Dass er es gut finden würde, dass ich fast mit meinem Ex im Bett gelandet war? Wohl kaum. Er hatte mir zwar geraten, Kyle eine zweite Chance zu geben, aber ich glaubte ihm, dass er es nur getan hatte, weil er dachte, dass ich es wollte.

„Aber nicht auf dich", fuhr Alex fort.

Erstaunt sah ich ihn an. Seine Augen hielten meinen Blick fest, während er weiter sprach.

„Ich war wütend auf mich selbst. Du hattest Recht: Es war meine Schuld. Wenn ich dir zugehört hätte, wären uns die Wochen danach erspart geblieben."

„Ich habe nie gesagt ...", setzte ich an.

„Nein. Nicht wirklich. Aber das musstest du auch gar nicht. Ich weiß selbst, dass es so ist. Aber ich war so unglaublich sauer auf dich. Und das aus genau dem Grund, den du genannt hast. Ich war eifersüchtig. Weil ich wirklich der Grund dafür sein wollte, dass es dir besser geht."

Bei seinen Worten lehnte Alex sich zurück und fuhr sich frustriert übers Gesicht. Ich hob meinen Kopf von meinem Arm, legte meine rechte Hand auf sein Knie.

„Aber das bist du doch", sagte ich.

Hatte er denn schon alles vergessen, was ich zu ihm gesagt hatte?

„Jetzt weiß ich das. Weil du es mir endlich sagen konntest. Aber damals ... da wollte ich dir einfach nicht zuhören. Plötzlich standest du vor mir und ich habe mich gefreut, dass es dir besser geht. Dass du wieder redest und hinausgehst. Aber dann war ich wütend, weil es scheinbar nur wegen ihm war. Und nicht meinetwegen. Und mir war nicht einmal klar, dass ich eifersüchtig war, oder warum ich eigentlich so wütend war. Schließlich war doch nur wichtig, dass es dir wieder besser ging."

Nachdenklich biss ich mir auf die Unterlippe. Alex lehnte sich wieder vor und zog mit dem Daumen meine Lippe zwischen meinen Zähnen hervor.

„Du machst es schon wieder", meinte er dabei, ehe er sich zurücklehnte und die Hände hinter dem Kopf verschränkte.

„Sorry", murmelte ich.

„Und? Warum warst du so wütend?", fragte ich nach einer Weile.

Alex richtete sich auf und beugte sich zu mir herunter. Er nahm meine Hand von seinem Knie und bedeutete mir aufzustehen. Ich tat es und setzte mich dann direkt neben ihn auf das Sofa. Während er noch meine Hand hielt und mit dem Daumen kleine Kreise auf den Handrücken zeichnete, sagte er:

„Wie gesagt. Ich war eifersüchtig."

„Aber gerade hast du es so gesagt, als gäbe es noch einen anderen Grund", hakte ich nach.

Alex musterte mich eine Zeit lang. In ihm schien ein Kampf zu toben und ich hatte keine Ahnung warum oder wer gewann. Letzten Endes führte es dazu, dass er eine Gegenfrage stellte:

„Warum willst du nicht, dass ich den Militärdienst quittiere?"

Ich schluckte und entzog ihm meine Hand. War ja klar, dass die Frage irgendwann kommen musste.

„Das habe ich nicht gesagt."

„Du hast gesagt, dass ich noch keine Entscheidung treffen soll", zitierte Alex mich.

Ich erhob mich vom Sofa und lief zurück zur Arbeitsplatte. Schnell nahm ich einen Schluck Wasser. Manchmal war es das Beste, eine Flucht anzutreten. Besonders wenn man nicht bereit war, möglicherweise alles zu zerstören.

„Ich weiß, wie gerne du beim Militär bist. Ich wollte einfach nicht, dass du eine überstürzte Entscheidung triffst, nur wegen meiner Familiensituation", wich ich seiner Frage aus.

Aber weil Alex mich nun einmal kannte, wusste er, dass es nur Ausflüchte waren. Okay. Vielleicht waren es keine, aber es war nicht die ganze Antwort auf seine Frage. Er stand ebenfalls auf und kam zu mir herüber. Während ich weiter an meinem Wasser nippte, sah Alex mich forschend an.

„Da steckt doch noch mehr dahinter. Also?", bohrte er weiter.

Ich antwortete nicht, sondern wollte mir nachschenken. Alex riss mir die Flasche aus der Hand und stellte sie heftig zurück auf die Arbeitsplatte.

„Lilly?", fragte er in bedrohlichem Ton.

Oh man. Musste er mich so ansehen? Unwillkürlich stieg in mir das starke Verlangen auf, ihn in sein Schlafzimmer zu zerren. Er war nur wenige Zentimeter von mir entfernt und ich konnte seinen warmen Atem auf meinem Gesicht spüren. Seine Augen funkelten mich fordernd an und seine Atmung ging flach.

Mein Körper reagierte darauf mit purem Verlangen und einem erhöhten Puls. Mir stockte der Atem und in meinem Kopf herrschte pures Chaos.

Plötzlich tippte Alex mir auf die Brust.

„Du vergisst schon wieder das Atmen", meinte er mit dunkler Stimme.

Sofort atmete ich tief durch. Es war mir nach wie vor unerklärlich, wie eine einzige Geste, eine Berührung oder ein Wort solche Macht über mich haben konnte, dass ich selbst das Atmen vergaß.

„Dann hör auf, mich so anzusehen", sagte ich bestimmt und legte eine flache Hand auf seine Brust, um ihn von mir weg zu schieben.

Alexanders Blick wurde dunkler und seine Gesichtszüge hart. Seine Muskeln unter meiner Hand spannten sich an. Anstatt sich von mir weg zu bewegen, kam er mir noch näher.

„Warum?", fragte er leise und beugte sich ein Stück zu mir herunter.

„Weil ich dann nicht klar denken kann", sagte ich in normaler Lautstärke, um die Situation nicht zu intim werden zu lassen.

Alex machte mir da jedoch einen Strich durch die wohl durchdachte Rechnung. Er umschloss mit zwei Fingern das Handgelenk der auf ihm ruhenden Hand, zog es von sich weg und legte meine Arme auf seine Schultern. Dann packte er mich mit beiden Händen an den Hüften und setzte mich auf die Arbeitsplatte. Erschrocken schnappte ich nach Luft.

„Atmen", flüsterte Alex, als er sich zwischen meine Knie stellte und zu mir vorbeugte.

Okay. Also nicht, dass ich es nicht wollte. Gott weiß, ich wollte wirklich, aber ein Teil von mir wusste, dass ich nicht mit meinem besten Freund ins Bett gehen konnte, wenn ich ihn belog.

„Stopp", sagte ich klar und deutlich.

Sofort hörte Alex auf und wollte einen Schritt von mir wegtreten. Er kannte die Regeln genauso gut wie ich. Wenn einer Stopp sagte, hieß es Stopp. Aber ich wollte ihn nicht verscheuchen, nur, dass er mir zuhörte. Also hielt ich seine Hände fest und sagte:

„Ich muss dir erst etwas sagen."

Alex ließ sich von mir zurückhalten und sah mich abwartend an. Ich kämpfte kurz mit mir, ehe mir die Worte endlich über die Lippen kamen:

„Ich will nicht, dass du das Militär wegen mir verlässt, weil ich selbst eintreten werde."

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