Lucys Unbehagen

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Gray erreichte sein Haus schneller als er gedachte hatte. Das Lächeln war ihm wie aufs Gesicht genäht. Doch als er das Licht in seiner Küche brennen sah, seufzte er. War Juvia etwa schon wieder bei ihm eingebrochen?
Dabei war er doch bloß ein paar wenige Wochen zuvor so erleichtert gewesen, als sie ihm erzählt hatte, dass sie sich in "jemand" anders verliebt habe. Andererseits wusste sie auch schon seit langem, dass er Natsu liebte, also war es vielleicht ganz gut, dass sie da war. Dann hatte er jemanden, der sich mit ihm freute. Denn er war sich sicher, dass Juvia genau das tun würde.
Aber in seiner Küche wartete nicht Juvia. Stattdessen saß eine besorgt wirkende Lucy an seinem Esstisch, die beinahe einen Herzinfakt bekam, als sie sah, dass er wie eigentlich immer, nur in Boxershorts durch die Gegend lief.
Gray brauchte beinahe eine halbe Stunde, um das Missverständnis zu verstehen. Dafür nur wenige Minuten, um es zu beseitigen.
"Warum bist du hier, Lucy?", fragte Gray und öffnete seinen Kühlschrank für ein kühles Glas Wasser. Das hieß, er besorgte sich ein Glas aus seinem Schrank. Aus dem Kühlschrank nahm er eine Flasche Mineralwasser.
Lucy wirkte, als wüsse sie gar nicht erst, wo sie anfangen sollte. "W-wie war dein Date mit Natasha?", begann sie das Gespräch. Gray hielt einen Moment inne. Worauf wollte sie hinaus?
"Ziemlich gut um genau zu sein. Ich treffe sie nächsten Dienstag nochmal." Gray konnte nicht ander, Stolz und Vorfreude schwellte auf in seiner Brust.

"Meinst du nicht es wäre vielleicht besser, nichts mit ihr anzufangen? Ich meine, sie bleibt nur für etwa drei Wochen. Glaubst du ihr würdet das schaffen?" Lucy hatte bereits ein paar Stunden hier gesessen und ihr Schock von zuvor war purer Besorgnis gewichen.
Gray zuckte mit den Schultern. "Ich wüsste nicht, wieso nicht." Er sah so glücklich aus, konnte sie ihm das wirklich kaputt machen? Sie kannte Gray und konnte sich vorstellen, wie angepisst er sein würde, wenn sich herausstellte, dass Natsu ihn nur verarscht hatte.
Denn das würde Natsu verdammt ähnlich sehen. Auch wenn er eigentlich zu tollpatschig dafür war, seine Angewohnheiten zu verstecken und sich so nicht verdächtig zu machen. Allerdings war ihr sein Verhalten auch nicht sofort aufgefallen.
"Ich würde dir wirklich dringend abraten, diese Beziehung weiter auszubauen!", Lucys Stimme wurde entschlossener.
Gray seufzte und nahm sich einen Schluck seines kalten Wassers. "Und wieso glaubst du sollte ich das tun? Glaub mir, es ist wirklich alles perfekt gelaufen heute."
Lucy lief es kalt den Rücken hinunter und das lag nicht daran, dass Gray grundsätzlich eine Klimeanlage statt einer Heizung betrieb. "Gray, glaub mir, wenn du wüsstest, auf was du dich da einlässt-", Lucy unterbrach sich. So sehr sie Gray auch warnen wollte, sie konnte wohl kaum ihren besten Freund so hinterrücks verraten, oder? Es kam ganz auf Gray an, hatte sie sich gesagt. Je nachdem, wie er die Sache aufnehmen würde, so würde sie ihm auch eine Antwort geben.
"Worauf lass ich mich denn ein?", fragte Gray leicht genervt. Lucy sah ihn zweifelnd an. Konnte sie es ihm wirklich sagen?
"Du- du solltest diese Beziehung nicht fortführen weil-", Lucy schlug die Hände über den Kopf zusammen. "Weil-?", hakte Gray amüsiert nach. Er spürte förmlich, dass Lucy ihm etwas für sie ungeheuer wichtiges mitteilen wollte. Aber er ahnte bereits, was es war.
"Weil Natasha- sie ist eigentlich - ich meine- wie soll ich es formulieren- sie ist nicht- Agh scheiße!"
Gray gluckste. Als ob irgenetwas ihm gerade den Abend vermiesen konnte.  Lucy hingegen setzte an zu einem weiteren Versuch, Gray vor Natsus miesem Trick zu warnen. "Hör zu! Du kannst nicht mit Natasha ausgehen, weil sie-"

"-eigentlich Natsu ist?", beendete Gray ihren Satz.

Lucy klappte der Mund auf. Unfähig etwas zu sagen starrte sie den Eismagier nur bedeppert an. "Du wusstest es!"
Es war eine Aussage, keine Frage. "Seit wann?", fragte sie immernoch wie benebelt. Gray lachte. "Seit dem Moment, als ich in die Gilde ging und plötzlich eine weibliche Natsu mitten im Raum stand."
Kopfschüttelnd nahm er einen weiteren Schluck. "Von- von Anfang an? Aber wie?"
"Lucy. Natsu und Ich kämpfen jetzt schon auf der gleichen Wellenlänge, seit er zum ersten Mal die Gilde betreten hat. Es gibt kaum etwas, dass wir uns nicht gegenseitig grün und blau geschlagen haben. Ich kenne jeden seiner Schritte, ich weiß wie er denkt, wie er sich verhält wenn er krank ist, wenn er betrunken oder auf Drogen ist. Frag nicht, wie es zum letzteren kam. Ich kenne seine Interessen, sogar seine Ängste, seine Vergangenheit. Ich kenne sogut wie jede seiner Verletzungen und wie er sie sich zugezogen hat. Sag nicht, dir wär die Narbe an seinem Hals nicht längst aufgefallen. Mädchen oder nicht, nur einer hat so eine Narbe. Und ich wette mit dir, ,Natasha'", er formte mit seinen Händen ein paar Anführungszeichen in der Luft, "hat definitiv auch DIESE Narbe!"
Gray zeigte auf die große X-förmige Narbe an seiner rechten Hüfte.
Lucy starrte ihn an. Die Frage, woher diese Narbe stammte lag ihr nicht zum ersten Mal auf der Zunge, doch sie entschied sich dagegen ihn danach zu fragen.  "Du hast ihn an seinem Verhalten erkannt? Also, wie er geht und wie er redet? Willst du das sagen?"
Sie schien ihm einfach nicht glauben zu wollen. Gray grinste wieder. "Ich hätte ihn sogar an der Art erkannt, wie er atmet, Lucy!"
Okay, vielleicht übertrieb er ein wenig, aber was machte das schon. Lucy verstand sehr wohl worauf er hinaus wollte.
"Weiß Natasha, ich meine, weiß Natsu davon?", fragte sie nach einer Weile. Gray überlegte kurz. "Ich denke nicht.", gab er dann zu.
"Also willst du behaupten, dass Natsu dich nicht so gut kennt, wie du ihn?", hakte Lucy jetzt ihren besten Freund verteidigend weiter nach. Gray schüttelte den Kopf. "Glaub mir, er hätte mich genauso erkannt, wenn ich an seiner Stelle wäre."
Lucy überlegte eine Weile. "Und warum merkt er dann nicht, dass du ihn längst durchschaut hast?"
Gray ließ sein Glas sinken und überlegte einen Moment. "Weißt du, die Gewohnheiten einer Person zu kennen reicht für so etwas kaum aus. Ich sagte ja auch, ich weiß WIE Natsu denkt, aber nicht genau WAS er denkt.", gab Gray zu.

"Und was denkst du?", fragte Lucy neugierig. Sie musste es einfach wissen. Wenn Gray wirklich so davon überzeugt war Natsu zu kennen, welchen Grund würde er wohl anführen, um zu erklären, warum er mit diesem ganzen Streich einverstanden war. "Was meinst du?"
"Ich meine, was ist dein Plan, Gray? Ich wette, du weißt schon genau, wie du Natsu heimzahlst, was er versucht dir anzutun."
Gray überlegte erneut eine Weile, ehe er es wagte zu antworten. "Nichts."
Lucy glaubte zunächst, sie hätte sich verhört. "Bitte was?"
"Ich sagte nichts. Ich hab nicht vor ihn auffliegen zu lassen. Oder deswegen zu demütigen.", erklärte er.
"Das ist doch ein Witz! Du weißt doch genauso gut wie ich, dass Natsu versuchen wird, dich als Natasha um den Finger zu wickeln! Ich wette er versucht dafür zu sorgen, dass du dich in sie verliebst, nur um dich dann in der Gilde bloßzustellen! Und ausgerechnet DU lässt eine Gelegenheit aus, dich an Natsu zu rächen?"
Gray lachte erneut. Er konnte einfach nicht anders. Es war einfach zu komisch, wie Lucy sich so übertrieben aufregte.
"Was ist so komisch? Willst du wirklich, dass alle glauben, du stehst auf deinen ach so großen Rivalen? Selbst wenn du über die Sache Bescheid weißt, wenn Natsu es schafft, dass du dich in Natasha verliebst, dann hast du die Arschkarte gezogen, Gray!"
Lucys Wut war ihr deutlich in ihrem Gesicht abzulesen.
Gray hingegen seufzte nur und schüttelte den Kopf.

"Das habe ich längst."

You fall in love with a person, not a gender (Gratsu)Where stories live. Discover now