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Geblendet durch einen Sonnenstrahl öffnete ich langsam meine Augen und realisierte wo ich war. London. Mein neues Zuhause. Ich sah aus dem Fenster, die dichten Regenwolken von gestern hatten sich verzogen und der Himmel strahlte in einem tiefen frühlingsblau. Es war wunderschön hier und ich war unter Leuten die mich liebten. Man kann sich nichts schöneres vorstellen, doch wie würde das mit dem Praktikum werden? War ich als Stylistin überhaupt geeignet? Allein der Gedanke daran, dass ich täglich den gleichen Möchtegernsängern kiloweise Make up ins Gesicht und Haargel in ihre Haare schmieren musste, erweckte das alte rebellische Ich in mir, von dem ich glaubte es in Alabama gelassen zu haben.

Das laute Knurren meines Magens, sowie die Lust auf eine Zigarette, die ich von nun an unterdrücken musste, riss mich aus meinen Gedanken.

Ich ging ins Bad und wagte es kaum in den Spiegel zu sehen, ich wusste wie meine Haare aussahen, wenn ich sie am Abend vorher nicht geföhnt hatte. Ich überwand mich hinzusehen, wissend worauf ich mich einließ, erschrak aber trotzdem. Ich bändigte sie mit einem Haargummi zu einem unordentlichen Dutt und schlenderte die Treppen hinunter, in die Küche. Scheinbar war noch niemand wach, logisch es ist Samstags sieben Uhr morgens, dachte ich mir und nahm mein Handy aus der Jacke an der Garderobe, die noch von gestern dort hing.

Tot, war das passendste Adjektiv, das mir einfiel, nachdem ich die fünfzehn Anrufe in Abwesenheit von meinem Vater sah.

Als ich die Nummer wählte und das erste Läuten ertönte bereitete ich mich schon seelisch auf mein Ende vor. Es würde mich nicht wundern, wenn ich jetzt im Fernsehen einen Vermisstenanzeige über mich hören würde, oder jeden Moment die Polizei vor der Haustür stehen würde. Dann hörte ich auch schon seine Stimme am anderen Ende der Leitung:

"Young?"

"Dadichbinsestutmirallessoooooleid!!! ich war gestern" weiter kam ich nicht, ich wurde unterbrochen

"Jess! Langsam. Was ist passiert?"

"Ichweißichhättedichanrufensollendoch" wieder wurde ich unterbrochen, doch heute war das Leben scheinbar auf meiner Seite.

"Ahja, meiner aufmerksamen Schwester ist gestern spät Abends noch in den Sinn gekommen, dass sie mir bescheid geben könnte, dass meine Tochter gut bei ihnen angekommen ist und es sei nicht notwendig die Polizei einzuschalten."

Erleichterung überkam mich, Gott segne meine aufmerksame Tante! "Ich hätte es nicht vergessen! Und ich muss jetzt auflegen, bye dad!"

Schnell beendete ich das Gespräch, ich würde im Moment lieber mit Satan persönlich als mit meinem Vater telefonieren. Ich beschloss Miles anzurufen, auf den ich gestern ebenfalls vergessen hatte. Woran ich nicht dachte war die Zeitverschiebung, natürlich ging er um 1:00 nachts nicht an sein Handy, mein Vater war da eine Ausnahme.

Während ich überlegte welche Startseite welches sozialen Netztwerkes ich zuerst checken sollte, hörte ich jemanden die Treppe runterkommen. Meine Retterin höchstpersönlich stand vor mir und ich fiel ihr, um den Hals um mich zu bedanken. Sie musste nicht einmal nachfragen, die Situation war für sie klar als sie das Handy in meiner Hand erblickte.

Ich half ihr beim Frühstück machen und wir verplanten meinen ersten Tag in London. Am nächsten würde ich schon mit meinem Praktikum anfangen.

Wir beschlossen den Vormittag zuhause zu bleiben, damit ich meine Koffer auspacken konnte. Als wir über den Nachmittag sprachen, las sie, wieder einmal, meine Gedanken und schlug statt einer langweiligen Sightseeing-Tour einen Shoppingnachmittag vor.

Wir machten uns auf den Weg zur Oxford Street, der glaub ich bekanntesten Einkaufsstraße in London, während Tom mit Lux unterwegs war. Er hatte, glaube ich, von Eisessen gesprochen.

Pünktlich um halb sieben, waren Lou und ich, mit jeweils fünf Tüten, beim vereinbarten Treffpunk, wo Tom, mit Lux, schon auf uns wartete. Diese lachte und versuchte "Mom" zu sagen, als Lou ihre Taschen abstellte um sie in den Arm zu nehmen. Ich hakte mich bei meinem Onkel unter und wir liefen zum Auto. Wir stiegen ein, doch er fuhr, nicht wie erwartet, nach Hause, sondern ins zentrum von London. Er würde seine Damen noch zum Essen ausführen, sagte er. Hätte er nicht gerade ein Auto gesteuert, wäre ihm Lou um den Hals gefallen. Dafür kreischte sie umso lauter und ich konnte nicht anders als in das ausgelassene Lachen meiner Nichte einzustimmen, die neben mir im Kindersitz saß.Wer hätte gedacht, dass ich es hier so toll finden würde.

Dieser Gedanke ließ mich erst los, als ich meine Bestellung dem jungen Ober des "Mandarin Oriental" angesagt hatte. Er war nicht viel älter als ich, deshalb dachte ich an meine Ausbildung, die morgen beginnen würde und schon überkamen mich die alten Zweifel. Dann fiel mir ein, dass ich Lou noch immer nicht gefragt hatte, welchen Milchbubis ich die Haare kämmen musste.

"Du Lou?"

"Ja, love?"

" Du hast ja gesagt, du arbeitest als Stylistin für eine Band. Da ich ab morgen deine Praktikantin, also auch deren Stylistin sein werde..."

"Ja?"

"Welche möchtegern Stars muss ich stylen?"

"Ja also.."

Ich befürchtete das Schlimmste, rechnete schon mit jemandem wie Justin Bieber oder den Backsteeet Boys, doch als sie antwortete war ich wirklich überrascht.

"One Direction."

Ich brach in Gelächter aus, One Direction, Unfassbar. Erst einmal hatte ich mir ein Lied von ihnen angehört, ich glaube, Little Things und das auch nur, weil Miles das wollte. Oh Gott, ich kam aus dem Lachen nicht mehr raus.

"Alles ok bei dir?", fragte Tom der gerade vom Klo zurück gekommen war.

"Jaja, aber One Direction? Die sind nicht mein Geschmack"

Keep calm and do hair (1D/Harry Styles FF)Where stories live. Discover now