Kapitel 4

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Mars zerrte mich hinaus in den dunklen Schacht.
Dort öffnete er eine morsche Holztür, ein kleiner Raum erschein, der mit Betten vollgestopft war.
,,Setz dich lieber nicht auf das Bett.",er deutete auf das Bett ganz vorne, mit einer weinroten Strickdecke, ,,Es ist Kartas, und die wird dich fertig machen, wenn du auch nur deine Fingerspitze es berührt."
Ich sah ihn belustigt an.
,,Kennst du mich so schlecht? Ich habe geschafft, dich zu besiegen, dann wird diese Karta wie Staub zwischen meinen Fingern zerfallen.",sagte ich, als wären wir jahrelange Kumpel.
Mars Gesicht bekam augenblicklich mehr Tiefe. Sein Blick war eine Mischung aus Fassungslosigkeit, Verwirrung, Wut und Scham.
,,Nein."
Ich sah ihn fragend an.
,,Was?"
,,Du bist nicht stärker als ich. Sag es noch ein Mal und ich schneide dir die Zunge aus dem Mund."
Ich ging einen kleinen Schritt zurück.
,,Doch ich denke schon. Und die restlichen Männer standen nur zur Belustigung neben dir.",stellte ich nüchtern fest.
,,Es war nicht ernst auf ernst. Du kennst uns nicht, also wag es nicht über uns so abfällig zu sprechen.",knurrte er und blekte die Zähne. Ich beschloss, ihm ein Kompliment zu machen da er ohnehin schon zornig schien.
,,Dafür, dass es nicht ernst war, hast du dich gut geschlagen, du warst ziemlich stark. Ich hatte das Gefühl, du würdest mich umbringen.",grinste ich ihn mit einer erhobenen Augenbraue an.
,,Ein Mädchen wie dich könnte ich nicht ermorden. Außerdem hätte ich es derbe bereut."
Er hatte sich also beruhigt.
Mars ging auf mich zu, ich blieb stehen, wollte nicht ausweichen. Wieder waren wir uns verdammt nah, ich spührte seinen Atem auf meiner Stirn.
,,Wieso wolltest du mich sprechen?",fragte ich zögerlich, blickte zu ihm hoch.
Er runzelte die Stirn.
,,Ich kann jetzt nicht mehr richtig sauer sein, aber du musst verstehen, dass es nicht in Ordnung war, Reecey.",hauchte er.
Reecey? Hätte er Mundgeruch, würde es meinen Brechreiz deutlich verschnellern. 
,,Ja, ich weiß, ich habe diese Frau beleidigt. Manchmal ticke ich einfach aus und dann... Naja, aber sie hat übertrieben, sie soll Dean nicht so nennen.",meinte ich schulterzuckend.
,,Du scheinst diesen Dean echt zu mögen, was?",schmunzelte Mars.
,,Ja.",gab ich gepresst von mir.
,,Nun, das war eigentlich noch in Ordnung, Lilith hat ja angefangen. Aber ehrlich gesagt meinte ich das nicht.",seufzte er.
Ich schaute verwirrt zu ihm hoch.
,,Du hast mich unterbrochen, als sei ich ein würdeloses Waisenkind, das herumstreunert und klaut."
Das meinte er also? Das war doch halb so schlimm, er übertrieb gerade in vollen Maßen. Ich wollte ihm gerade sagen, dass das nicht sein Ernst sein konnte.
,,'Tschuldigung.",murmelte ich stattdessen.
,,Normalerweise setze ich Stafen an, aber bei dir kann ich das nicht tun.",raunte er und strich mir eine Haarsträne aus dem Gesicht.
Er sah mir tief in die Augen. Sie waren dunkelgrün, olivgrün, und hatten einen goldenen Rand.
Wundersch-
Die Tür wurde aufgerissen, meine Gedanken lösten sich auf, ebenso entfernte ich mich von Mars. Es kam mir vor, als hätten wir mehr gemacht, als dass er mir eine Haarsträne aus meinem Gesicht gezogen hat. Und wer weiß, was noch passiert wäre, wenn die Tür nicht geöffnet werden würde.
Von einem sehr wütenden Dean.
Mal wieder erwischte er uns in einer peinlichen Situation. Aber mit Mars gab es ja nur peinliche Situationen.
,,Lass die Finger von ihr! Du hast gesagt, du lässt sie in Ruhe!",brüllte Dean völlig außer sich. Ich wollte nicht, dass Dean sich etwas einbildete. Wir haben nur geredet, und ehrlich gesagt war ich glücklich, dass er uns unterbrochen hat.
,,Dean beruhige dich. Wir haben nichts gemacht, es ist nicht so wie es aussieht.",seufzte ich, doch ich wurde ignoriert.
,,Ich habe lediglich gesagt, dass sie dir gehört. Das heißt allerdings nicht, dass ich mir nicht nehmen kann, was ich will.",grinste Mars.
,,Das ist abscheulich, Mars.",knurrte ich, ging an ihn vorbei, wobei ich seine Schulter streifte.
Auch an Dean wollte ich vorbeigehen, doch sein Griff am Handgelenk verhinderte es.
Ich drehte mich wütend zu ihm um.
,,Was denkst du eigentlich, was wir immer machen, he?!"
Dean sah mich erst verblüfft und dann zornig an.
,,Der Typ ist echt nicht das richtige für dich.",stellte er fest.
Ich klatschte ihm mit der flachen Hand leicht auf die Stirn.
,,Du denkst wirklich, ich würde auf so ein arrogantes Schwein stehen?! Außerdem bist du nicht meine Mutter; du weißt ganz sicher nicht, was das richtige für mich ist."
Mit diesen Worten stürmte ich an ihm vorbei, zurück in den Raum.
Es herrschte eine ruhige Athmosphäre, mein Onkel unterhielt sich mit zwei Frauen. Kinder liefen umher, ich stellte mich an die Wand um mich zu beruhigen.
,,Hi."
Ich öffnete die Augen, schaute die Person gegenüber von mir an. Ein Mädchen, etwa in meinem Alter.
,,Du bist die Neue, über die alle reden oder?",fragte sie.
Ich zog die Augenbrauen zusammen.
,,Wer redet über mich?"
Meine Stimme hörte sich viel aggressiver an, als ich eigentlich wollte.
,,Alle. Du seist zickig und so. Ich wollte mir auch einen Eindruck machen.",lächelte sie mich offen an. Ihre kupferbraunen Haare lagen in zwei geflochtenen Zöpfen über ihren Schultern. Sie hatte große Zähne und ein Paar Sommersproßen auf ihrer Nase und Wangen.
Als ich nicht wusste was ich sagen wollte, hielt sie mir ihre Hand hin.
,,Mein Name ist Teddy."
Ich runzelte die Stirn. Wer bitteschön nannte sein Kind wie ein Kuscheltier? Wie ein Teddybär? Nein, dieser Name machte mir Kopfschmerzen.
Ich muss zugeben, mein Name ist auch nicht der Beste. Mein Vater hatte mir diesen Namen gegeben, weil er selten vorkam; behauptete er jedenfalls. Reece ist ein Jungenname. Ich denke eher, er wollte einen Jungen und hat mich prompt Reece genannt, als es nur ich war.
Ich schüttelte Teddys Hand.
,,Mein Name ist Reece."
,,Das weiß ich schon."

CODE - Gefährliche GegenwartWhere stories live. Discover now