6| Kleine, pinke Traumwelt

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„Kann sein, aber wenn man so denken würde wie du, dann ist alles ein Talent. Dann ist es ja auch ein Talent zu atmen oder so. Ist ja schön und toll, das Leben so wertzuschätzen, wie du es tust, aber wenn man alles als Talent ansehen würde, hätte man nicht mehr die Motivation, sich für etwas anzustrengen, um sein richtiges Talent zu fördern." Ich blickte ihm fest in die Augen und ließ mich nicht von ihm verunsichern.

Zwar konnte ich seine Ansichtsweise verstehen und respektierte sie auch, aber wenn jemand dachte, ich würde klein beigeben und meine eigene Meinung zur Seite schieben, dann hatte derjenige sich gewaltig geschnitten.

Ruhig beobachtete ich ihn, wie er mich stumm anschaute und seine Augenbrauen sich zusammengezogen. Man sah ihm an, dass er am liebsten etwas Diskriminierendes gesagt hätte, weil es ihm nicht passte, dass ich anderer Meinung war.

„Was weißt du schon vom Leben? Du bist nichts weiter als ein nerviges kleines Gör, welches in seiner kleinen pinken Traumwelt lebt", zischte er scharf, woraufhin ich leicht zurückzuckte.

Bei seinen Worten hatte er irgendetwas in mir bewegt, was ich um Gottes Willen nicht beschreiben konnte. Aber einst war klar. Er hatte meinen inneren Stolz verletzt und solange ich den Durchblick noch dazu hatte, würde ich nicht aufgeben.

„Also, Süßer, erst einmal solltest du wissen, dass ich pink hasse, also komm mir nicht damit. Du bist so von dir selbst überzeugt, das ist echt zum Kotzen. Nur, weil du eine Meinung hast, die meiner widerspricht, heißt das nicht sofort, dass du Recht hast, okay? Also leg deine ach so tolle Masche ab, cool zu sein oder sonst was. Du weißt absolut nichts von mir. Gar nichts. Weder über meine Vergangenheit, noch über mein jetziges Leben", fuhr ich ihn an und konnte einen aufbrausenden, leicht verletzten Unterton nicht verhindern.

Ich kannte ihn eigentlich zu wenig, um zu sagen, er sei von sich selbst überzeugt. Damit war es lediglich ein Vorurteil, aber ebenso war dies mein erster Eindruck. Und dieser blieb wahrscheinlich auch so.

Nicht, dass ich Vorurteile mochte, aber es war egal, wie sehr man sich sagte, dass man Vorurteile verabscheute, letzten Endes hatten wir alle Vorurteile gegenüber jemanden.

Sei es auch nur, dass wir hübsche Mädchen sofort mit Arroganz verbanden, Obdachlose gleich als Penner abstempelten, einen schlauen Schüler sofort als Streber, welcher nur in seiner Freizeit lernt, bezeichneten. All das waren Vorurteile, die jedem von uns im Alltag begegneten und dennoch taten wir nichts dagegen oder verleugneten sie.

„Okay, das reicht. Ihr könnt eure kleine Diskussion später weiterführen", unterbrach uns Miss Duck und klatschte dabei in ihre Hände. Genervt blickte ich zu ihr und stockte verwundert in meiner Bewegung. Warum war sie den Tränen so nah? Man sah, wie ihre Augen glänzten.

„Dean, warum heult Miss Duck fast?", wisperte ich ihm zu, woraufhin er mich aber nur verwirrt anschaute.

Er bemerkte schließlich doch, dass ich unsere Lehrerin meinte - okay, ich hab mit dem Finger auf sie gezeigt, verurteilt ihn nicht wegen seiner Dummdödeligkeit - und zuckte als Antwort mit den Schultern.

„Nathan, mach jetzt bitte weiter", führte Miss Duck ihren Unterricht weiter.

„Ja, Nathan. Erzähl, wer bist du?", entfloh es mir, ohne sprechen zu wollen. Es war mir förmlich herausgerutscht, aber das machte nichts. Passiert war passiert. Auch, wenn man so etwas selten von mir kannte.

„Ich bin Nathan, 18 Jahre alt. Ich bin recht zielbewusst und weiß, was ich will und wie das Leben läuft. Umso mehr hasse ich Menschen, die meinen, alles besser wissen zu müssen", ertönte die gleiche, tiefe, raue Stimme, welche zuvor auch mit mir diskutiert hatte.

Nathan also.

Der Name passte zu seinem Aussehen, aber nicht zu seiner Persönlichkeit. Nathan klang viel zu brav, meiner Meinung nach. Nathan. Nathan. Nein, passte nicht, denn Nathan sollte eher einem Menschen gehören, welcher lieb war und für andere Respekt vorweisen konnte und kein freches Benehmen.

„Dito."

Gottverdammtes Arschloch. Ich starrte ihn böse an, streckte ihm erwachsen meine Zunge aus und lehnte mich angespannt nach hinten. Meinen Kopf wendete ich zu Dean, schaute jedoch an ihm vorbei.

Hinter mir vernahm ich noch ein Schnauben, welches ein Lachen anscheinend verstecken sollte, was mich nur noch wütender machte.

Der Nächste fing an zu sprechen. Es war der Braunhaarige, aber im Angesicht der Tatsache, dass er mit Nathan befreundet sein musste, hatte ich wenig Hoffnung, dass er anständiger war, als sein schwarzhaariger Freund.

Ein erneutes Vorurteil, welches trotz des Gefechtes gegen die Vernunft entstand.

„Mein Name ist Jason Parker. Ich mag Fußball und bin darum wahrscheinlich eher für kraftaufwendige Aufgaben geeignet, weil ich echt schlecht bin, jemand anderes als mich selbst zu spielen", nahm ich wahr.

Plötzlich vernahm ich ein leichtes Drücken auf meiner Hand und schaute sofort dahin. Deans warme Hand lag auf meiner und drückte sie leicht. „Alles okay, Kleines. Ignorier ihn einfach, oder willst du dich wirklich so schnell aus der Fassung bringen lassen?", munterte er mich auf, woraufhin ich leicht den Kopf schüttelte, „Genau das ist es, also Kopf hoch und trotzig sein!", zwinkerte er mich an.

Dankbar lächelte ich ihnan, ehe ich mich wieder der Runde widmete.    

Hey ihr :)
Ich hoffe, euch hat mein 6. Kapitel gefallen. Ich freu mich immer über Kommentare und Bewertungen!♥xxT~

Please, not again ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt