Ernsthafte Elterngespräche

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Gerade wenn man meint es könnte nicht noch verrückter werden. Andreas war auf dem Weg nach Hause, die Broschüre noch in der Hand und mit noch vielen Fragen im Kopf.

Der Tag war jedoch noch nicht vorbei. Es war für Andreas ganz klar, dass seine Eltern ihm auch noch eine Erklärung schuldeten. Warum hatten sie ihm nie etwas davon gesagt?

Vielleicht ist das sowas, wie eine Regel, oder so, vermutete Taniran.

»Wieso ist es dann bei Lisa anders?«, fragte Andreas, sehr verärgert.

Im nächsten Augenblick entschuldigte er sich, wegen seines Tonfalls, aber er war schon etwas sauer.

Kurze Zeit später war er auch schon zu Hause. Ein schönes Haus, mit großem Garten. Andreas sah zufällig zu einem Fenster, seine Mutter wartete offenbar schon dort und wirkte bedrückt. Bevor er die Tür aufschloss, machte sein Vater sie bereits auf und hieß ihn willkommen.

»Hallo Papa«, sagte Andreas »stell dir vor, Opa hat mir heute ein paar unglaubliche Dinge erzählt. Ich denke, du kennst das Thema, oder?!«

Sein Vater Peter nickte und meinte, sie müssten sich darüber auch unterhalten und seine Mutter Elisa kam vom ersten Stock runter.

Sie schlug vor hinten in dem Garten zu gehen. Andreas hatte Nichts dagegen und so setzten sich alle ins Grüne. Seine Mutter war eine sehr begabte Botanikerin und daher war der Garten auch sehr gut gepflegt von ihr.

»Also, ich kann mir gut vorstellen, dass du dich fragst, warum wir dir nicht schon viel früher etwas von der >Anderen Welt<, oder dem Drachenamulett erzählt haben?« fragte Peter.

Genau das traf die Sache auf den Kopf. Allerdings meinte seine Mutter, sie wollten nur, dass er, bis er auch einen Drachen bekäme, ganz normal aufwachsen sollte.

Da zeigten sich auch schon, wie aufs Stichwort, die Drachen seiner Eltern. Sie waren etwas kleiner als Friedrichs, aber immer noch ein beeindruckender Anblick. Der seines Vaters war gelb, wie sein eigener, der seiner Mutter war grün. Ihre gewaltigen Körper nahmen den ganzen Himmel über ihnen in Beschlag und wären sie nicht durchsichtig, würde es stockdunkel sein. Jedoch sah Andreas bei dem Drachen seiner Mutter ein völlig neues Bild. Bisher waren ihm nur solche Drachen begegnet, wie die, aus der chinesischen Kultur. Dieser Drache dagegen hatte keinen Schlangenkörper, sondern große Schwingen und einen stämmigen Echsenkörper. Genau wie einer der im Mittelalter in Höhlen lebte und gegen Ritter gekämpft hatte.

»Wow, ist ja irre!« sagten Andreas und Taniran, wie aus einem Mund.

Es freut uns sehr, dass wir euch so gefallen, sagte Peters Drache, und wir freuen uns sehr euch endlich persönlich zu treffen.

Und Andreas, sagte nun Elisa's Drache, ich würde gerne noch etwas zu der Verteidigung deiner Eltern sagen. Normale Menschen können Drachen nun mal nicht sehen. Hättest du ihnen das denn überhaupt abgekauft?

Das brachte Andreas ins Grübeln. Nein, er hätte eher geglaubt, dass sie ihm nur ein Märchen erzählen würden, dass jedoch mehr als wahr sei. Damit ließ er es auf sich beruhen, aber unter der Bedingung, dass sie nun über aller reden könnten.

Alle drei setzten sich an den Gartentisch. Getränke waren bereits hingestellt: Eine Cola für Andreas und zwei Apfelschorlen für die Eltern.

Als erstes Mal wollte er wissen, wieso sein Vater einen chinesischen, und ihre Mutter einen europäischen Drachen hätte.

»Dafür gibt es eine ganz einfache Erklärung.«, fing Peter an »Es ist nun mal so, dass Menschen, die besonders geistig veranlagt sind und so gut in Magie sind die europäische Version bekommen. Bei denjenigen, die gute körperliche Voraussetzungen haben erhalten die andere Variante, da sie in der Regel gut mit Chi umgehen können.«

Auch wenn das die total unterschiedlichen Formen nicht erklärte, machte das Sinn. Sein Vater, ebenfalls ein sehr fähiger Kampfsportler, das wusste . Während seine Mutter sportlich nicht gerade eine Überfliegerin war. Da kam ihm auch schon eine Frage in den Sinn, bezüglich der Drachensorten.

»Sag mal Mama, hat das mit deinem >Grünen Daumen< vielleicht mit dem zu tun, was das um deinen Halshängt?«, fragte Andreas.

Sie nickte und meinte, dass sie damit nur ein bisschen nachhelfen würde. Erddrachennutzer könnten, mit der Zeit, eine starke Verbindung zur Pflanzenwelt aufbauen. Aus genau diesem Grund hätte sie sich auch für den Beruf der Botanikerin entschieden.

Andreas fragte seine Mutter natürlich, ob sie ihm zeigen könnte, wie sie das machen würden. Sie erwiderte, dass sie das gerne vorführt und deshalb stand sie auf, ging zum Geräteschuppen und kam mit einem Tütchen Samen wieder. Sie hatte vor ein paar Tagen bereits beschlossen ein paar neune Blumen zu pflanzen und gelockerte Erde war schon vorhanden.

Elisa vergrub als erstes sämtliche Samen in der Erde, murmelte etwas vor sich hin und im Nu wuchs eine Menge prächtiger Salbei.

Da konnte ihr Sohn nur laut klatschen und sagen, dass das unglaublich sei. Elisa setzte sich und meinte, dass sie das mit so gut, wie allen Pflanzen machen kann und sogar mit Bäumen.

Nun war Peter an der Reihe zu zeigen, was er drauf hatte. Er erzählte, dass er sehr viele offensive Angriffstechniken und Zauber beherrschen würde, die aber nicht für den Garten geeignet wären. Dennoch überlegte er kurz und ging er auf einen großen Stein zu, der als Deko dastand und hob ihn mit einer Hand hoch, so als wäre er federleicht.

»Mithilfe meines Chi's sind für mich solche Sachen ein Kinderspiel.«, sagte Peter.

»Deshalb hast du beim Möbelverstellen also nie Hilfe gebraucht, oder?«, wollte Andreas wissen.

Diese Frage kam Peter zwar etwas albern vor, aber genau so war es eben.

Zusammen unterhielten sie sich noch ein wenig über das Thema: »Strator-Akademie.« Andreas' Eltern hatten viele schöne Erinnerungen an diesen Ort, und nicht nur, weil sie dort ein Paar geworden sind. Und je mehr sie darüber erzählten, wie sie das Fliegen gelernt hatten, gegen Mitschüler gekämpften, oder noch andere unglaubliche Dinge, desto mehr war er sich sicher, dass er auch dort hinwollte.

Als sie fertig erzählt hatten, fiel Andreas noch etwas Wichtiges ein. Er ging in sein Zimmer, machte den Computer an und schaltete die Webcam ein. Eine kleine Konferenzschaltung mit seinen besten Freunden Fabian und Alexandra war ausgemacht.

»Hallo Freunde, habt ihr gerade auch so ein verrücktes Gespräch hinter euch?« fragte Fabian, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.

Darauf erwiderte Alexandra, die ziemlich fertig aussah, dass er keine Ahnung hätte. Ihre Mutter hätte, nach ihrer Erzählung, einen richtigen Aufstand gemacht.

»>Ich werde es nicht zulassen, dass meine Tochter sich diesem aussetzt. Es ist schlimm genug, dass mein Mann mir einmal gestanden hat, dass er nicht ganz >normal< sei. Und nun du! Ich dachte, du wolltest auch mal Archäologin werden. Wie willst du das machen, wenn du bei dieser Freakshow mitmachst?< Pah! Ziemlich albern, von meiner Mutter, stimmt's?« fragte Alexandra.

Das wollte Andreas selbstverständlich wissen, wie sie sie zum Schluss doch noch rumgekriegt hätten. Sie erwiderte nur, dass sie aufgrund, der Erzählungen, ihres Vaters, sich entschieden hatte dort hinzugehen und sie ihre Mutter mit ein paar antiken philosophischen Sprüche überredet hätte, die sie ihr selbst mal zitiert hatte.

»Wirklich? Hätte nicht gedacht, dass du deine Mutter an einem Tag überzeugst. Aber sag mal Andreas, wie sieht's bei dir aus?«, fragte Fabian »Meine Eltern sind einverstanden. Obwohl bei mir auch nur mein Vater einen Drachen hat, war meine Mutter sehr aufgeschlossen.«

Andreas erzählte, dass seine beiden Eltern Drachen hätten und, dass es, in ihrem Garten, eine kleine Demonstration, ihrer Fähigkeiten gab.

Alexandra erwiderte, dass er ziemliches Glück hätte. Bei ihm gab es keine Mutter, die immer noch mit seinem Vater pausenlos über das Thema im Wohnzimmer diskutieren würde. Dem konnte Andreas jedoch nicht zustimmen, denn er hörte ebenfalls, dass sich seine Eltern noch unterhielten. Es hörte sich aber nicht nach einem Streit an, sondern um Sorge.

»Offenbar ist besorgt zu sein ein Teil des Elternjobs, meint ihr nicht auch?« meinte Fabian.

Da weder Andreas noch Alexandra wirklich etwas davon verstanden, blieb diese Frage unbeantwortet.


Das Erbe von StellamoniaWhere stories live. Discover now