Kapitel 14

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Mein inneres brodelte und ich wurde wütend, doch erst im Nachhinein bemerkte ich dies und löste mich von ihm.
"Irgendwie musste ich dich ja zum schweigen bringen und bevor du jetzt einen Disstrack machst, komm mit", zog er mich ins Auto und stieg auf der anderen Seite an. Meine Gefühle waren wie erfrischt und ich konnte gar nicht glauben, dass ich seine Lippen so dermaßen vermisst hatte.
Ich schwieg die Fahrt lang. Dieser Junge hatte mir den letzten Nerv geraubt, wenn ich mal so darüber nachdenke. Wegen ihm stecke ich in so einer Scheiße und kann nicht zu mir nach Hause. Bei ihm Zuhause hielten wir an und er nahm mich wie ein Hund an die Hand.
Genervt stieg ich die Treppen mit hoch und er schloss die Tür auf. Ich setzte mich auf seinem Sofa und er auf der anderen Seite. Stumm sahen wir voneinander weg. Seufzend spielte ich mit meinen Fingern, denn ich war nervös.
"Hayat", seufzte er.
"Was?", brach ich genervt aus mir.
"Es tut mir Leid okay?"
"Ach halts Maul. Du entschuldigst dich für sowas? Du solltest wissen, dass sowas unverzeihlich ist. Ach wem sag ich das schon? Schließlich bist du doch ein dummer hässlicher männlicher-
Ich brach ab, denn ich wollte keine Schimpfwörter benutzen.
"Man macht sowas einfach nicht, okay? Das ist bösartig Tarik. Wie konntest du?"
"Wir kamen auf die Wette und dann war ich halt darauf fokussiert. Ich weiß nicht."
Kurz lachte ich falsch.
"Dann war ich halt darauf fokussiert", wiederholte ich seine Worte und lachte erneut.
"Kennst du das Wort Gefühle Tarik?"
Er schwieg, denn er wusste dass ich weiter reden wollte.
"Du willst mir im Ernst erzählen, dass du monatelang darauf fokussiert warst, mich von oben bis unten zu verarschen?!", schrie ich laut.
"Ganz ehrlich, wer auch immer dieser Idiot ist, regelt das unter euch. Man muss nicht immer eine dritte Person mit reinziehen. Ich hab sowieso die Schnauze voll von dir und deinen Aktionen."
Ich zeigte ihm den Vogel und zog mir meine Schuhe an.
"Willst du wieder vergewaltigt werden?!", schrie er plötzlich und knallte mich gegen die Wand, so fest, dass ich das Gefühl hatte, dass meine Wirbelsäule nicht Stand halten konnte und brach.
Tränen stiegen mir in den Augen.
"Lieber werde ich vergewaltigt als mit einem Unmenschen wie dir unter einem Dach zu stehen. Du bist so ein rücksichtsloser Mensch, ich glaub es nicht", schüttelte ich entsetzt meinen Kopf und knallte die Tür hinter mir absichtlich fest zu.
"Hayat das war nicht so gemeint", hielt er mich auf, doch ich löste mich von ihm.
Erneut hielt er mich, diesmal fester und schlang seine Arme um mich.
Ein Schluchzer entwich meinem Mund. Ich erwiderte nicht, obwohl ich gerade jetzt jemanden brauchte, mit dem ich meine Trauer teilen konnte.
"Das war nicht so gemeint. Deine Worte haben mich wütend gemacht. Tut mir Leid."
"Denkst du ich verzeih dir?"
Sanft wischte er mit den Daumen über meine nassen Wangen und entfernte meine Tränen.
Vorsichtig hauchte er einen Kuss an meiner Wange und vergrub seinen Kopf in meiner Schulter. Heimlich zog er den Duft meiner Haare in sich und platzierte seine Lippen auf meinem Schulterblatt. Woher wusste er von dieser Vergewaltigung?
"Ich würde es rückgängig machen. Und auch wenn ich dich geliebt hätte, würde es sowieso eines Tages rauskommen, dass ich um dich gewettet hatte."
Und wenn ich dich geliebt hätte. Hätte.
Fest schubste ich ihn von mir und machte mich voran. Wieder, verdammt nochmal wieder stellte er sich vor mich und hielt mich somit auf.
"Du Sturkopf", meckerte er und schleuderte mich über seine Schulter.
Schrill schrie ich und zappelte wie verrückt, doch vergebens. Wieder stand ich an dem Fleck, wo ich nicht stehen wollte, unzwar in seiner Wohnung im Flur. Zweimal schloss er ab und stellte mich vor sich.
"Hoff nicht, dass ich das auch will, aber du musst hier bleiben, sonst kannst du damit rechnen, dass dein Leben vorbei ist. Denn wie du weißt, trägt jeder zweite von denen Waffen und scharfe Sachen mit sich und für die ist es kinderleicht jemanden wie dich zu entführen und in zwei Minuten zu töten."
"Was machst du mir so Angst du Penner?", zischte ich, denn er machte mir fürchterliche Angst, das ich glatt Gänsehaut bekam.
"Das ist die Wahrheit Hayat und es sind nur paar Tage. Ich kläre das irgendwie schon."
"Übrigens steht dir die Hotpants."
"Sag mir einfach, wo ich schlafen muss."
Er deutete auf sein Bett und ich legte mich da hinein.
"Licht an", zickte ich, als er es ausmachen wollte.
"Ich mach die Nachtlampe an", seufzte er.
"Moment Mal, willst du hier schlafen?", fragte ich höhnisch.
"Ich schlaf nicht wieder auf der Matratze."
So schräg es auch klang er war mein Ex und ich schlafe bei meinem Ex. BEI MEINEM EX.
"Ich will nicht das Bett mit dir teilen. Ich geh auf die Matratze."
"Hayat."
"Oder auf dem Sofa."
Mein Handy vibrierte und ich nahm es sofort zur Hand.
Diesmal war es ein Anruf. Ich nahm ab und machte den Lautsprecher an.
"Du kennst mich und ich kenn dich."
"Halt die Fresse. Wer bist du Trottel?"
"Erkennst du meine Stimme nicht?"
"Dein Muttermal an deiner Hüfte links. Weißt du worauf ich hinaus will?"
"Oder deine Narbe über deine Brust, an deinem Dekolleté."
Ich legte auf, denn meine Augen füllten sich.
"Woher weiß er das?", fragte ich entsetzt und setzte mich auf mein Bett.
"Was geht hier vor Tarik? In was für eine Scheiße hast du mich nur gebracht? Ich bin doch auch nur ein Mädchen man!"
Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht in meine Hände und schluchzte tief.
Ich bemerkte wie er sich hinkniete, doch ignorant weinte ich in meiner eigenen kleinen Welt. Wieso ich? Woher wusste diese Person das? War das mein Vergewaltiger? Woher kennen sich die beiden?
"Wer hat dir von der Vergewaltigung erzählt?"
"Bilder."
"Das ist bearbeitet. Das stimmt nicht."
"Denkst du ich merk es nicht, wenn du lügst?"
"Das geht dich garnicht an."
Seine Fäuste zitterten vor Wut, doch ich hielt weiterhin meine Hände vors Gesicht. Ich schämte mich so sehr. Sowas von.
"Leg dich schlafen. Darüber reden wir morgen", sagte er todesernst und ich legte mich, ohne ihn anzuschauen, hin. Er gähnte versehentlich laut, streifte sich das Oberteil über seinen begehrenswerten Oberkörper und kam auf mich zu. Weil wir wieder diskutieren würden und er sowieso sich zu mir legen würde, drehte ich ihm den Rücken zu, rutschte an den Rand und schlief ein.
Besonders geschickt war die Idee nicht, an den Rand zu rutschen, denn am nächsten Morgen lag ich auf dem Boden.
"Deshalb war mir nachts kalt", brummte er, da ich die Decke um mich gewickelt hatte und er somit ohne Decke die Nacht geschlafen hatte. Er holte Brötchen, während ich duschte, aber die Shorts von gestern anziehen musste.
Schnell setze ich mich an den Tisch. Ich hatte schreckliche Kopfschmerzen und Hunger. Kurz strich ich über meinen Bauch. Mir wurde klar, dass ich bald Mutter werden würde und in diesen wenigen Monaten einen festen Arbeitsplatz brauchte. Desweiteren würde es ernst würden, ich müsste ein Kind aufziehen, es versorgen und Aufgaben übernehmen, die nur Selbstständige erledigen können. Ich musste mein Leben gerade biegen, um dem Kind eine wunderschöne Erziehung genießen zu lassen. Es sollte später nicht wie ich werden, sondern im Leben etwas erreichen, also musste ich auch an mir arbeiten und das drastisch.
"Hier", sagte er zum zweiten Mal.
"Denkender Denker", sagte er und ich ignorierte es.
Nachdem ich einen Kilo Butter und einen Kilo Marmelade darauf geschmiert hatte, aß ich es genüsslich lehnte meinen Kopf seitlich an die Wand.
"Hast du wieder Migräne?"
Nickend bestätigte ich es.
"Und meine Tabletten liegen Zuhause, aber rate mal wegen wem ich nicht dahin kann."
"Ich hab noch welche bei mir", sagte er und wühlte in seinen Küchenschränken durcheinander herum. Er gab mir eine Tablette, die auf aufnahm und mir einbildete, dass die Schmerzen vergingen.
"Darf ich überhaupt raus?", piepste ich leise.
Langsam schüttelte er seinen Kopf.
"Die haben es auf dich abgesehen. Ich kann dich nicht auf der Straße lassen, auch wenn ich dabei bin. Die können von jeder Ecke herauskommen und dann ist alles vorbei."
"Ich hab meine Männer schon losgeschickt, dass die was unternehmen sollen. Solange pass ich auf dich auf und dir wird auch nichts fehlen."
"Und dein Handy musst du mir geben, damit ein Freund von mir die IP-Adresse dieses Bastards herausfindet."
"Nimm es dir nicht zu Herzen, aber ich hasse dich. Ich will nicht mit dir unter einem Dach sein. Kann ich nicht woanders hin?"
"Bei wem denn? Du hast Harun und Abed mit deinen Worten zerstört."
"Zu ihrem Recht. Sowas ist hinterhältig, Sachen wie diese zu verheimlichen."
"Heul nicht rum, weil du eine Wette warst. Es gibt Leute, die erleben schlimmere Sachen", erhob er seine Stimme.
Schlimmere Sachen?
"Sag mir Tarik. Was gibt es schlimmeres als von der eigenen Familie gehasst zu werden, pleite zu sein, keine Zukunft zu haben, vergewaltigt zu werden und dann bedroht zu werden? Was gibt es schlimmeres von einem Menschen zerstört zu werden, den man geliebt hat?"
Ich sah mit dem Gesicht zur Seite und wusch heimlich meine Träne weg, doch es wurden mehrere. Also stand ich auf und ging aus der Küche, aber er umarmte mich von hinten und drückte mich an sich.
"Es tut mir Leid Hayat", flüsterte er und küsste öfters meinen Kopf.
"Du bist rücksichtslos."
Ich zog meinen Bauch ein, denn ich hatte fürchterliche Angst, er würde Verdacht auf meine Schwangerschaft schieben.
"Ich würde so gern alles rückgängig machen, bis zu dem Tag andem wir uns zum ersten Mal gegenüber standen. Weißt du noch, das war als deine Freundin Verdacht geschoben hat, dass Ercan was verheimlichen würde? Du hattest anfangs so arrogant geguckt, aber durch meine Blicke habe ich gemerkt, dass du nervös wurdest."
Mit einem Male drückte er mich fester an sich und kam mir mit seinen Lippen näher.
"Und dann auf Cihans Hochzeit war das, du sahst auf meinem Sakko, aber das war nicht alles. Du sahst so hübsch aus. Ich hab noch nie sowas wie dich gesehen. Deine arroganten Blicke vorallem, die einen Mann umhauen."
"Oder im Krankenhaus, als Selma einen Anfall hatte, da waren wir zum ersten Mal allein im Wartezimmer. Dir war kalt. Ich hatte dir meinen Sakko gegeben und du wurdest rot. Wir haben uns kennengelernt und so entstand unsere Geschichte."
"Doch sie endete, indem ich zur Wette wurde und von nun an wir beide getrennte Wege gehen."
"Kleines", brummte er und vergrub sein Gesicht in meiner Schulter.
Wir beide schwiegen und ich spürte seinen Atem auf meiner Haut prallen. Seine Hände waren unter meinen Brüsten gelegt und sein Körper von hinten auf meinen gedrückt.
"Lass uns einen Neuanfang machen oder irgendwas, das wir beide damit abschließen."
Ironisch lachte ich.
"Ich bin nicht wie du und gebe einen Scheiß darauf, dass ich eine Wette war."
Seufzend versuchte er ruhig damit umzugehen.
"Was sollen wir unternehmen?"
Ahnungslos zuckte ich meine Schultern.
"Ich geh sicher nicht mit diesen Shorts raus."
"Wir gehen heute sowieso nicht raus."
Immernoch hatte er sein Gesicht in meiner Schulter gelegt. Dieser Junge sehnte sich echt nach Liebe und das machte mich verrückt.
"Ich guck Fernseher."
"Okay."
Genervt von ihm legte ich mich auf dem Sofa und sah mir irgendeine Sendung an, dessen Geschichte ich nacheinander erst verstand und vertieft darin war, während Tarik erst eine auf dem Balkon rauchte und dann in sein Zimmer verschwand. Zwei Stunden vergingen. Irgendwelche Freunde von Tarik waren gekommen, aber mich interessierte es nicht, also blieb ich auf meinem Zimmer. Mindestens zehn Minuten hatte ich geschlafen und ich bekam Hunger, doch trauen tat ich mich nicht. Eine weitere halbe Stunde verging und ich wurde müde, aber mir war schweinekalt.
"Muss ich dahin?", verdrehte ich seufzend und heulend innerlich die Augen. Wie schräg es klang, ich war in seiner Wohnung, in paar Quadratmeter, wollte ihn aber nicht begegnen Geschweige denn sehen. Unmotiviert bewegte ich meinen Arsch Richtung Schlafzimmer und öffnete diese. Tarik, ein weiterer Junge, zwei Mädchen und dann stand ich da wie die Dämliche. Diese Furie saß auf seinem Schoß und um ehrlich zu sein fühlte ich mich Fehl am Platz. Das war ein krasser Stich im Herz, so ein Arschloch.
Ignorant ging ich auf das Bett zu und nahm die Decke. Der Junge glotze mir förmlich auf dem Hintern und Tarik sah dies auch. Dagegen unternahm ich nichts, sondern knallte die Tür zu. Der hatte sie nicht mehr alle. Was ging bei diesem Bastard schief? Wie ekelhaft dieser Junge nur ist. Wie diese Schlange sich auf seinem Schoß amüsiert hat. Das ging echt nicht. Irgendwie, aus welchem Grund auch immer, fing ich an leise zu weinen und ging auf dem Balkon, damit niemand etwas mitbekommt.
"Allah ich hab es nur gut gemeint. Ich wollte niemandem ein Haar krümmen. Wieso muss ich bei ihm sein? Er ist ein schlechter Umgang für mich und das weißt du doch", schniefte ich und sah zum Himmel.
"Dreh die Zeit zurück. Ich wollte ihn nie kennenlernen. Du hast diese Zufälle in unser Leben gebracht und ich habe gemerkt, dass er falsch ist, schaff mich aus seinem Leben."
Immernoch war mir so kalt und nach Minuten stoppte ich meine Tränen und wollte gerade den Balkon verlassen, bis ich plötzlich Pfiffe hörte, die wohl an mich gerichtet wurden.
Das bekannte Gesicht sah hoch zu mir und ich verlor meine Existenz. Er war es tatsächlich. Es war mein Vergewaltiger, der mich anlächelte, als wären wir die Allerbesten Freunde.
"Du denkst nicht wirklich, dass ich dich nicht packe, nur weil du bei Tarik wohnst", lachte er und ich erstarrte, als wäre es Eiszeit.
"Du warst das mit der Nachricht", sagte ich leise, doch er hörte es.
"Weißt du noch? Wie ich dich brutalste durchgenommen hab?", schrie er absichtlich laut, weshalb ich schnell reinlief und die Tür so fest wie möglich schloss. Ich fühlte mich noch unsicherer, als ich schon war und legte mich unter die Decke. Ich wusste echt nicht, was ich machen sollte. Tarik war im Nebenzimmer, ich war nicht allein, aber was, wenn ich mal allein bin und er weg ist? Wie heute, als er Brötchen kaufen war? Und auch wenn es zwei Minuten sind, ohne ihn könnte mir etwas zustoßen. Doch was wenn er seine Männer mitbringt und Tarik allein gegen diese was unternehmen muss? Ich hörte, wie Tariks Besuch ging und er auf mich zukam.
"Was ist denn mit dir passiert? Du ähnelst einer Leiche."
"Hayat?", wurde er ernster und setzte sich neben mich.
"Ist was passiert?"
"Warum nimmst du mich zu dir auf, obwohl ich deine Ex bin? Ich meine geb ein scheiß drauf, dass ich von deinen Feinden verfolgt werde."
"Ich will doch nicht Schuld daran sein, dass wegen mir jemand sein Leben verliert. Außerdem ist das Leben ohne dich so langweilig."
"Und jetzt sag mal was passiert ist."
"Scheiß drauf jetzt."
"Sicher?"
"Ja sicherer als sicher."
"Tarik ich kann nicht mit dieser Kleidung rumlaufen."
"Wie wärs, wenn ich die Kleidung von dir holen könnte."
"Dann komm ich mit."
"Weil?"
"Ich dich ganz sicher nicht in meiner Unterwäsche rumwühlen lasse."
"Lass jetzt gehen."
Die Angst, er würde wieder auftauchen entstand.
"Tarik", murmelte ich ein wenig ängstlich.
Ich musste es ihm erzählen. Ich hatte keine andere Wahl.
"Hm?"
"Er war hier. Er stand unten und ich am Balkon."
"Was hat der gesagt?"
"Er hat scheiße gelabert."
Kurz lachte er.
"Was soll der schon machen? Komm her. Hayat du denkst so viel nach und bekommst so schnell Angst. Du bist so sensibel."
Kurz darauf nahm er mich in die Arme und ich sah nur auf einen Punkt seines Shirts.
"Wollen wir was Essen gehen?"
"Draußen?"
Er nickte.
"Lieber nicht", schüttelte ich nervös meinen Kopf.
"Stell dich nicht an. Komm."
"In Shorts?"
"Wir gehen kurz zu dir. Hast du deine Schlüssel?"
Ich nickte und erwiderte sein Lächeln. Zusammen stiegen wir in sein Auto und desto näher wir uns meiner Wohnung näherten, desto ängstlicher wurde meine Gestik. Ich hatte ihn tatsächlich gesehen.
Angekommen ging ich vor und schloss die Türe auf. Schnell nahm ich mir meine Sachen, packte sie in einem Koffer, zog mir Alltagskleidung an und wir verschwanden.
So wie es aussah, würde ich Wochen nicht mehr einen Fuß in diese Wohnung setzen können.
"Hier Kleines", überreichte er mir den Döner und durchwuschelte meine Haare.
"Nenn mich nicht Kleines. Größe spielt keine Rolle!", zischte ich flüsternd, denn auch andere Menschen befanden sich in der engen Bude.
"Ich hab keine andere Wahl, wenn du mir unter der Schulter reichst."
Flüchtig boxte ich ihn und aß meinen Döner.
"Eine Sache, die ich an dir schätze ist, dass du vor Jungs essen kannst und du Ruhe brauchst, um zu essen", lachte er und seine Finger berührten meinen Mundwinkel, da dort Soße klebte. Verdammt ich sollte mich schämen.
Nachdem wir fertig waren, tranken wir einen großen Glas Ayran und lehnten uns kurz nach hinten.
"Kannst du fahren?", fragte er, als wir uns in seinen Schlitten setzen wollten.
"Keine Ahnung?", fragte ich mich eher selbst.
Zwar wusste ich, dass ich die Grundregeln kannte, wie man ein Auto zu betreiben hat, doch selbst ausprobiert hatte ich es nie.
Er forderte mich, mich auf dem Fahrersitz hinzusetzen, was ich nach Zögern tat und alles befolgte war er mir sagte. Plötzlich bewegte sich das Auto nach vorn und ich bekam ein wenig Panik.
Sofort half er mir und legte seine Hand auf meine, auf dem Lenkrad und mir wurde mulmig. Durch nur eine Bewegung wurde ich nervös und verlor meine Konzentration.
"Das reicht fürs erste", stoppte ich und wir wechselten unsere Plätze.
"Woher hast du es gelernt?"
"Mein Vater hatte es mir mal beigebracht."
"Fürs erste Mal hast du es voll gut gemacht."
"Ich weiß Tarik."
Wir fuhren nach Hause und legten und beide aufs Ohr. Nach zwei Stunden Schlaf sahen wir uns einen Bollywoodfilm auf RTL 2 an und ich verlor Tränen bei diesem Film. Meine Migräne nahm an diesem Abend drastisch zu, weshalb ich zwei statt eine Tablette zu mir nahm und mich ins Bett legte. Ich spürte, wie sich die Matratze nieder legte, als er sich darauf setzte und drehte ihm den Rücken zu. Wann würde er es endlich verstehen, dass es aus war? Dass es nicht wieder zu Näherungen und Berührungen kommen sollte?
Drei Tage vergingen. Die "Person" schrieb mir weiterhin, doch ihn sehen tat ich nicht wieder, was auch gut war. Mittlerweile hatte ich mein Handy ausgeschaltet. In diesen drei Tagen bin ich auch allein raus gewesen, ohne das Tarik was mitbekommt, doch wie erwartet hatte er es erfahren und es gab gewaltigen Streit. Und das öfters. Weder Selma noch Abed hatte ich gesehen und ich musste sagen, dass mir Bilal ebenfalls sehr fehlte. Weil ich jemandem zum Reden brauchte, wollte ich Semra anschreiben, doch sie hatte wohl ihre Nummer gewechselt, weil sie seit einer Weile nicht mehr auf Whatsapp online war.
"Gehe Brötchen holen!", rief ich und Tarik kam wie angerannt.
"Warte kurz. Ich komme", sagte er, nahm sich seinen Pullover und seine Schuhe.
"Lass hier frühstücken", schlug er vor, als wir in der Bäckerei waren und ich nickte. Zusammen frühstückten wir und er sah mich wie der letzte Blödmann aus.
Plötzlich kamen drei bewaffnete und schwarz bekleidete Menschen in die Bäckerei und hielten ihre Waffen stets auf mich gerichtet.
Die dritte Person kam uns näher und mir stockte der Atem, wie link ein Mensch nur sein kann und mir so derartig massiv in den Rücken fallen kann..

Verliebt in ein VerbrecherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt