57. Kapitel

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Einige Wochen vergingen und die Sommerferien kamen immer näher, und somit auch der Abgabetermin unserer zweiten Chance.
Ich verstand Ethan wirklich nicht.
Klar wir waren schon hin und wieder in seine geheime Bucht gefahren, aber niemals hatte er sich mir gross geöffnet. Rylie hatte ich seit unserem Abend auch nicht mehr gesehen, was ich sehr schade fand. Aber egal, was ich Ethan über sie fragte, er wich jeder Frage aus und stellte mir irgendeine Gegenfrage.
Ich wusste wirklich nicht, was mit ihm los war.
Wir konnten uns in der Schule normal unterhalten, doch sobald einer seiner drei Freunden auftauchte, machte er den Schirm zu und war nicht mehr erreichbar.

Da ich keine brauchbaren Informationen mehr aus ihm herausbrachte, musste ich sie mir auf andere Wege beschaffen: Seine besten Freunde Jacob, Derek und Jason schienen mir die perfekte Lösung.
Auf diese Weise erfuhr ich nicht nur mehr über den grossen Badboy der Schule, sondern verbrachte auch eine Menge Zeit mit den drei anderen Badboys. Vor allem unternahm ich viel mit Jacob, zumal er doch der beste Freund von Ethan war. Was konnte ich da also schon falsch machen?

Die Jungs waren alle schwer in Ordnung, wie ich mit der Zeit erfreut festellte. Jason war der Ruhige unter ihnen, Derek der Spassvogel und Jacob der Risikofreudige. Klar waren sie alle gut aussehende Frauenaufreisser, doch da ich von meinen grossen Brüdern nichts anderes kannte, sah ich auch diese bald wie meine Brüder an.
Wir alberten herum, gingen surfen, spielten Videospiele und machten Filmabdende zusammen mit meinen Brüdern. Zu meinem grossen Bedauern war Ethan nur ganz selten mit dabei und wenn er da war, so verhielt er sich eher distanziert.

Da ich so beschäftig damit war, Informationen über Ethans Leben herauszubekommen, vernachlässigte ich völlig meine beiden besten Freunde Roxie und Logan, die ich hauptsächlich noch in der Schule traf, was ich wahnsinnig bereute. Was wenn sie nun nicht mehr mit mir befreundet sein wollten?
Ausserdem telefonierte und skypte ich nur noch ganz selten mit Atlanta, was ich ebenfalls bereute, doch würde es nicht mehr lange dauern, bis ihr Ausslandsjahr in Russland endlich vorbei war und ich sie wieder in meiner Nähe hatte.

In der Schule war es irgendwie... seltsam. Sehr seltsam!

Alle akzeptierten mich so, wie ich war. Niemand machte sich über mein Pflaster im Gesicht lustig oder sah mich verabscheuend oder herablassend an. Mit Aussnahme von Tessa und ihren engsten Anhängsel natürlich. Es gab sogar einige Cheerleader, die ich so einigermassen mochte und sogar ab und zu einige Worte wechsle.
Aber das wirklich seltsame war, dass ich nun nicht nur sichtbar war, sondern dass meine Mitschüler einen gewissen Respekt vor mir hatten.
Meine Brüder meinten, dass dies vor allem damit zusammenhinge, dass ich die meiste Zeit mit den Badboys herumhänge und mich gegen Tessa wehrte und gleichzeitig freundlich war, ohne einen höheren Rang oder gar Tessas Platz einnehmen zu wollen.
Niemand schien mein Pflaster zu stören (ich hatte von weiss auf hautfarben gewechselt, damit Roxie auch etwas zufriedener mit mir war).

Ich wurde wahnsinnig oft auf Partys eingeladen, auf die ich dann doch meistens verzichtete. In letzter Zeit fühlte ich mich so schlapp und kaum fähig irgendetwas zu unternehmen. Weder Sport noch Treffen mit den Jungs standen bei mir auf dem Programm. Ich schaffte gerade mal den Schultag knapp zu Ende und dann hiess es für mich: schlafen, Hausaufgaben machen, essen und noch mehr Schlafen.
Nicht einmal mehr im Schulsport konnte ich mitmachen.
Ich wusst dass dies meine Brüder und Mary wahnsinnig beunruhigte. Ob meine Eltern davon Bescheid wussten? Ich hatte es ihnen nie gesagt aber vielleicht Mary? Oder sonst einer der Jungs? Andererseit wären sie doch bestimmt sofort zurückgereist, oder?
Kyle schien davon zu wissen, denn eines Tages stand er besorgt in meinem Zimmer und musterte mich, bis er zu mir ins Bett kam und ich in seinen Armen den Nachmittag verschlief.

Doch trotz allem wusste noch immer niemand von meiner Krankheit. Nicht Roxie, nicht Logan, nicht Ethan, keiner der Jungs und am wenigsten meine Mitschüler.
Ich fühlte mich oft schlecht deswegen, weil ich doch eigentlich nichts anderes tat, als allen ins Gesicht zu lügen.

Alive - Wie er mir half zu lebenWhere stories live. Discover now