16: Selber schuld!

Start from the beginning
                                    

"Wir müssen den kleinen Jungen noch da raus holen!", sagte ich und versuchte ihn zu stoppen.
"Nein, wir gehen jetzt nicht mehr zurück!", sagte er bestimmt.  
"Aber-"
"Kein Aber! Jetzt hörst du mir mal zu! Wenn du nicht so stur gewesen wärst, dann hätten sie uns nie bemerkt und dich nie geschnappt! Du wärst dort nicht für sechs verdammte Stunden eingesperrt gewesen und jetzt nicht verletzt! Du hast dir alles selbst zu zu schreiben und du kannst froh sein, dass ich dir geholfen habe! Diesen Jungen werden sie nichts antun, glaub mir, er ist noch viel zu klein und die haben viel zu viel Schiss! Also komm jetzt mit, denn das da muss verarztet werden!", hielt er mir eine Predigt und zeigte auf meinen Bauch. Ehrlich? Sechs Stunden?
"Ach komm, Leo. Sei nicht so gemein jetzt! Was wäre, wenn du da drinnen eingesperrt gewesen wärst?"
"War ich aber nicht und ich hätte aufgepasst!"
"Das sagst du jetzt so, aber wissen kann man es doch nie."
Bedröppelt sah ich zu Boden und ich fühlte mich ein wenig schlecht. Zum Einen, weil ich wirklich Mist gebaut hatte und zum Anderen, weil ich den Jungen zurück lassen musste.
"Dank Alex wissen wir jetzt aber, dass sie Roberta Federica Barone kennen und das ist doch schon mal was!"
"Genau und dass sie zur Mafia gehören. Beziehungsweise zur Aifam, da Giacomo Floretti dort der Boss ist, einer Unterorganisation."  Schuldig sah ich Leonardo an und er mich nur immer noch wütend.
"Hör zu, es tut mir ja leid, aber was hättest du denn gemacht, hm? Wir mussten doch wissen, was da drinnen passiert! Wir hatten keinen Anhaltspunkt zu Roberta und nun wenigstens einen kleinen!", versuchte ich ihn glücklich zu stimmen.  
"Nur weil sie sie kennen, bedeutet es noch lange nicht, dass sie sie entführt haben!"
"Schon klar! Aber da sie nicht gerade nett scheinen und anscheinend zu einer Unterorganisation der Mafia gehören, denke ich nicht, dass sie eine der wertvollsten Töchter Europas, nur aus den Nachrichten kennen!"
Kurz herrschte Stille zwischen uns und wir sahen uns an, bis Leonardo sich einfach umdrehte und wir aus dem Wald verschwanden. 

Es war schon spät und das Abendessen konnten wir vergessen, doch was mich am meisten störte war, dass mich Leana und bestimmt auch die anderen Mädels ausfragen würden.
Beim Gehen taten mir die Schrammen doch ziemlich weh und als ich mein Shirt wieder anhob, um nachzusehen, musste ich feststellen, dass sie immer noch nicht aufgehört hatten zu bluten. Besonders eine, nicht allzu groß -vielleicht vier Zentimeter lang- brannte am meisten. Ich glaube, es war auch die Tiefste. Ich berührte sie kurz und wollte das Blut ein wenig weg wischen, doch es tat wirklich richtig weh. Kurz verzerrte ich mein Gesicht vor Schmerz und zog die Luft scharf ein. Leonardos Blick wendete sich zu mir und er sagte: "Fass es lieber nicht an, sonst kommt noch mehr Dreck rein. Wir müssen das gleich sofort desinfizieren."

Der Weg zurück verlief ruhig und auch die anderen hatten sich schon verabschiedet und die Verbindungen abgebrochen.
Ins Internat kamen wir ohne Probleme, doch in die Krankenstation natürlich nicht, da die Krankenschwester noch dort war.
"Wir warten, bis sie gegangen ist. Gleich hat sie Feierabend und dann machen wir das selbst", meinte er und lugte hinter der Ecke hervor, um die Krankenstation im Blick zu behalten. Ich lehnte mich seufzend an die Wand, doch lange war es nicht. "Komm. Sie ist weg." Er ging über den Flur zu der Tür und hielt sie mir auf, während ich mich schon auf die Liege legte, mein Shirt etwas hoch schob und meine Schrammen -Wunden konnte man sie einfach noch nicht nennen- begutachtete, jedoch nur, bis ich etwas laut knacken hörte. Ich sah zu Leonardo, wie er den Medizinschrank öffnete, besser gesagt aufbrach, und beobachtete ihn, wie er etwas zum desinfizieren suchte. Er griff nach einem Zeugs zum sprühen und nach Wattepads, dann kam er zu mir und setzte sich auf einen Stuhl, mit dem er an die Liege heranrollte. Er nahm das Sprühzeug und verteilte es auf allen Schrammen. Es brannte höllisch und ich verzog mein Gesicht, während ich meine Zähne fest aufeinander biss. Du hattest schon viel schlimmere Schläge abbekommen, Alex! Da wirst du dich jetzt wohl zusammenreißen können!

"Du bist selbst schuld", murmelte Leonardo und tupfte das Blut ein wenig weg.
"Ich hab's ja kapiert."
"Wirklich? In diesen paar Tagen, wo ich dich kennengelernt habe, habe ich bemerkt, was für ein Sturkopf du doch bist."
"Sonst kommt man im Leben nicht weiter, außerdem klappt es eh nicht immer."
"Stimmt es, was du über deine Eltern gesagt hast?"
"Spielst du jetzt Seelenklempner oder wie?", verdrehte ich die Augen.  
"Nein, es war nur eine nett gemeinte Frage. Reagiert anscheinend ziemlich gereizt. Wieso?" Er sah mich durchdringlich mit seinen hellen, blauen Augen an. Ich sah weg. Das konnte ihm doch egal sein, aber er hatte recht. Leider. Ich war stolz auf meine Eltern, keine Frage, und ich hatte sie auch lieb, aber manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich einfach nicht so viel Zeit mit meinen Eltern verbrachte, weil sie immer auf irgendwelchen Missionen waren oder so viel mit der Organisation zu tun hatten.
Plötzlich spürte ich wieder einen brennenden Schmerz und verzog mein Gesicht. Ich sah entsetzt zu Leonardo. "Was machst du da? Geht das nicht vorsichtiger?"
"Ich wollte nur, dass du mich wieder ansiehst", lächelte er verschmitzt. Dieser Junge war einfach nur...wow!
"Blödmann!"
"Also, willst du mir jetzt sagen was los ist?" Abwartend sah er mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Wieso interessierte ihn das überhaupt?
"Nein."
"Gut, dann eben nicht." Er tupfte noch alles ein wenig weg und stellte dann alles an seine Stelle zurück, kam jedoch mit Pflastern wieder. "Soll ich dir lieber noch welche drauf machen?" Ich nickte und er setzte sich wieder, nahm fünf bis sechs Pflaster hinaus und verteilte sie auf meinen Schrammen. Sobald seine Finger meinen Bauch berührten, als er das Pflaster an den Seiten fest strich, kribbelte die Stelle leicht. Er machte das wirklich vorsichtig und sanft, ohne mir großartig wehzutun.
Als er fertig war, schob ich mein Shirt runter und er half mir hoch.
"Komm, wir holen uns noch etwas zu essen."
Wir liefen also in die Küche, wo zum Glück niemand mehr war und suchten etwas im Kühlschrank.

Ich war gespannt auf die Reaktion der Mädchen und versuchte mir schon eine passende Ausrede einfallen zu lassen.

UndercoverWhere stories live. Discover now