Loosing Faith - Mario Götze (Götzeus)

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"Und unser dritter Wechsel! Für unsere Nummer 7 Frank Ribery kommt jetzt unsere Nummer 6!"
"Thiago!", antwortete die Menge dem Stadionsprecher schreiend.
"Die Nummer 6!"
"Thiago!"
"Die 6!"
"Thiago!"
Niedergeschlagen verschränkte ich die Arme vor der Brust. Schon wieder war ich um sonst die Seitenlinie rauf und runter gelaufen und hatte mich aufgewärmt. Klar, das Spiel war Champions League und dazu auch noch das entscheidende Rückspiel mit nicht gerade der besten Ausgangslage für uns aber trotzdem hatte ich das Stadion mit einem Funken Hoffnung betreten.
Nachdem ich gegen Werder Bremen sogar von Anfang an ran durfte, dachte ich, ich hätte ihn jetzt wieder überzeugt aber nichts da.
Resigniert schaute ich auf meine Schuhe und bekam von dem so spannenden Spiel überhaupt nichts mehr mit. Das Verlangen einfach aufzustehen und in den Katakomben zu verschwinden wurde immer größer. Was soll ich denn auch noch hier? Ich kann sowieso nichts mehr machen um die Situation zu drehen. Ich bin nur noch zur Unterstützung da und um ehrlich zu sein, hatte ich keine Lust mehr anschließend auch noch zu den Fans zu gehen.
Die Infotafel zeigte mir die 104. Minute an. Noch eine Minute dann konnte ich die kurze Pause nutzen und in den Katakomben verschwinden. Es gab nichts was ich jetzt lieber getan hätte. Ich wusste das Ann Kathrin, meine Brüder und ihre Freundinnen als auch mein Vater im Stadion waren. Umsonst. Mal wieder. Ich wollte einfach nur duschen und nach Hause. Hätte ich doch wenigstens mein Handy da.
Das plötzliche Geschrei im Stadion holte mich wieder aus meinen Gedanken. Ich hatte gar nicht mitbekommen wie Thiago den Ball eingenetzt hatte und jetzt alle auf ihn zustürmten. Ich blieb einfach sitzen, da es jetzt eh zu spät für eine Reaktion war.
Das Stadion und die Fans waren wieder voll in Fahrt doch selbst das packte mich nicht.
Nach einer gefühlten Ewigkeit pfiff der Schiri schließlich zur kurzen Pause ab. Wie von der Tarantel gestochen eilte Pep gefolgt vom ganzen Trainerteam und der Bank zu den Spielern auf's Feld um ihnen seine neue Taktik preiszugeben. Ich ergriff die Chance, schnappte mir meine Wasserflasche und versuchte so unerkannt wie möglich die Treppe hinab in die Katakomben zu verschwinden. Die Tür der Umkleide fiel hinter mir ins Schloss und ich ließ mich auf meinen Platz fallen. Ich schloss die Augen, genoß die Ruhe und atmete einmal tief ein und aus.
Schon seit einigen Wochen saß ich durchgehend auf der Bank, egal wie wichtig oder unwichtig das Spiel war. Sogar in Dortmund durfte ich nur zuschauen, was ich zum einen begrüßte aber doch auch schmerzlich fand.
Aki Watzke hatte mich nach dem Spiel auf der Treppe sitzend vorgefunden und mich einfach in seine Arme gezogen als ich ihm die Hand angeboten hatte. Auch Mats hatte mir vor dem Spiel Mut zugesprochen und mich in den Arm genommen.
Nachdem ich nach diesem Spiel wie blind meinen Weg in die BVB Umkleide gefunden hatte und auch dort von allen aber vor allem von Marco Mut zugesprochen bekommen hatte, hatte ich wieder neue Hoffnung geschöpft. Aber vergebens. Schon wieder war ich nur Zuschauer und dieses mal sogar für 120 Minuten. Das Lächeln, das Marco doch noch bei dem Spiel in Dortmund bei mir hervorrufen konnte, war milliarden Meilen von mir entfernt.
Wie von selbst wählten meine Finger auf dem Handy, das ich aus meiner Tasche an meinem Hacken gefischt hatte, eine Nummer und ich führte das Gerät zu meinem Ohr. Ich brauchte jetzt einfach Ablenkung. Es tutete einige Mal bis die Person am anderen Ende abnahm, jedoch schwieg und sich nur durch ein leichtes Seufzen bemerkbar machte.
Somit atmete ich tief ein und ergriff schließlich mit gebrochener Stimme und Tränen in den Augen das Wort:
"Marco? Ich kann nicht mehr..."

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