One ♥

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Wehmütig blickte ich in das zierliche Engelsgesicht. Warum musste es jemals so kommen?!...

Der Wind peitschte mir die Haare ins Gesicht, welche durch den strömenden Regen durchweicht waren. Schützend schlag ich meine Arme noch fester um das kleine Bündel in meinen Händen, während ich auf den nassen Straßen abseits Londons die Nacht durchquerte.

Funkelnd spiegelte sich die Mondschein in den unzählige Fütenzen wieder und erleuchteten meine Umgebung in einem fahlen Schein.

Als ich mein Ziel erreichte, schnürte sich augenblicklich meine Kehle zu. Der Atem wurde mir mit einem Schlag genommen. Mehrmals war ich diese Situation im Kopf durch gegangen, hatte mir einen genauen Ablauf überlegt, um alles einfacher für mich zu machen, aber dennoch fühlte ich mich hilflos wie noch nie.

Zweifel erschulgen mich mit einem Mal und ließen mich in meinem Handeln einfrieren. War es richtig was ich hier tat? Hatte ich nicht ein Stück weit Verantwortung gegen über ihr, meiner kleinen Tochter?....

Nein, ich musste dies tu! Es war das Beste für sie! Ich würde nie die Mutter sein, die sie verdient hatte. Jedes mal, wenn ich in ihr Gesicht blicken würde, würde diese Bilder wieder wie ein Messer auf meine Herz einstechen. Diese Bilder von dem einen Tag, der alles veränderte!.....

Ganau vier Monate waren vergangen. Vier Monaten, in dem mein ganzes Leben keinen Sinn mehr machte. Vier Monate, des allein seins. Vier Monate ohne ihn!

Zwanghaft versuchte ich die aufkommenden Tränen wegzublinzeln, doch meine Sicht wurde ein weiteres mal verschwommen. Ein Schauer jagte über meinen Körper. Ich zitterte...

Es war nicht die Kälte des Wetters und der Nacht, nein, viel mehr war es die seelische Kälte, die von mir Besitz ergriff.

Ein aller letztes Mal blickte ich in ihr Gesicht. In ihre unfassbar grünen Augen. Sie waren unbeschreiblich schön, funkelten wie ein Diamantring, aber dennoch verabscheute ich sie. Zu sehr ließen sie die Schmerzen und Erinnerungen aufkeimen, die ich mit ihnen verband.

Schnappartig rang ich nach Luft. Sanft drückte ich sie an mich, während ich einen langen und zärtlichen Kuss auf ihren Kopf platzierte. Sie gab ein leises Wimmer von sich, so als würde sie wissen, dass es ein Abschied für lange war. Solange, bis sie in ferner Zukunft Ihm und somit auch mir folgen würde. Folgen an den Ort, an dem es eine gemeinsame Zukunft für uns gab...

Schweres Herzen löste ich mich langsam von ihr. Eine einsame Träne von mir tropfte auf ihre zarte Wange. Mit zitternden Fingern, wischte ich sie weg, bevor ich sie vor mir ablegte und sie für immer verließ...

So schnell mich meine Beine trugen rannte ich fort. Es war schlimmer als alles andere, sie hier so alleine zurück zu lassen, sie nicht mehr in den Armen geborgen halten zu können, aber ich wusste es war das richtig. Dort, wo sie in Zukunft leben würde, würde es ihr besser gehen. Sie hatte eine Mutter und einen Vater. Beide würden sich ausreichend um sie kümmern und ihr die Liebe schenken, die sie verdient hatte.

Das Wasser gab unter meinen Schuhsohlen ein anhaltendes Platschen von sich. Ich fegte nur so über den Asphalt hinweg, bis ich schlagartig anhielt.

Hier war ich nun. Stand hilflos und verloren auf dem Friedhof. Vor mir das Grab, dass ich einzig allein bei seiner Beerdigung besucht hatte. Öfters, hatte es mein Körper nicht zu gelassen, zu schwach war der Mut davor zu stehen und die Gewissheit zu haben, dass er niemals wieder hier bei mir sein würde.

Doch nun stand ich hier mit durchweichten Klamotten und einem Herz, das mehr als nur einmal wie ein Trümmerhaufen zerschlagen worden war. Öfters wurde es wieder zusammen gesetzt. Geflickt. Doch nie war es wieder so geworden wie es mal war. Immer klafften Lücken offen, für die es nie wieder ein richtiges Puzzelteil geben würde.....

Langsam ließ ich mich zu Boden sinken und kniete vor dem tristen graunen Stein nieder.

Sein Name und sein Geburtsdatum waren eingeritzt. Doch auch das Datum, welches mir den Boden unter den Füßen weg riss, war nicht zu übersehen.

Ich schluckte heftig.

20.09

Mein Geburtstag und dennoch der schlimmste Tag in meinem Leben, der mich in der letzten Zeit immer wieder aufs neue quälte hatte

Oft fragte ich mich, was wohl gewesen wäre, wenn er an diesem Morgen nicht verschlafen hätte.....Wenn sein Auto beim ersten Mal angesprungen wäre......Wenn der Geisterfahrer nicht in sein Auto gekracht wäre und mir somit nicht das wichtigste meines Existenz genommen hätte....

Wohlmöglich würden wir jetzt im Bett liegen, friedlich vor uns her schlafen, bis wir irgendwann durch das Geschrei unseres Sonnenscheins wach werden würde. Wir wären wahrscheinlich eine glückliche kleine Familie. Eine Familie mit Problemen und Hindernisse, aber trotzdem glücklich!.....

Bedacht platzierte ich die Rose vor dem graunen Mamorstein.

Einen Moment versank ich in Erinnerung, bis ich wieder in die harte Realität zurück geschleudert wurde.

Mit zitternden Fingern griff ich in meine Jackentasche. Nicht lange und ich hielt das silberne Metall in meinen Händen. Ich wendete es im Mondschein einige Male, während es das fahle Licht reflektierte. Es funkelte schön, aber mir war bewusst, dass dieses kleine Metall Stück alles verändern konnte und auch verändern würde.

Zögernd näherte ich das kalte Metall meinem Handgelenk. Zweifel versuchten die Mauer zu durch brechen, die meine Seele umhüllte, doch ich ließ sie abprallen, redete mir ein, dass es richtig war und dass es der einzige Weg sei, um jemals wieder das Gefühl von Glück in mir spüren zu können.

Ich keuchte, als die Klinge ihre erste dünne Spur über in meiner Haut zog. Doch dies war erst der Anfang. Immer wiedr ließ ich das Metall über meinen Arm gleiten und näherte mich mit jedem mal dem Schnitt an, der alles beende würde....

Lange schwebte meine Hand über diese Stelle, bis ich endlich den entscheiden Schritt tat.

Das Blut quoll aus meiner Haut.

Ich spürte, wie meine Kräfte schwanden.

Mit jeder weiteren Sekunde verschwand ein weitere Hauch an Leben aus mir.

Ich atmete ein. Ich atmete aus.

Ich liebe dich, mein kleiner Sonnenschein!

Ich liebe dich, Harry!

One Shots♥Kde žijí příběhy. Začni objevovat