In Nalas Gesicht spiegelt sich tatsächlich sowas wie Überraschung und Trauer wider. „Linda wird diese Nachricht zerstören."

„Ich weiß. Ich habe versprochen, ihr Lukas heil wieder zu bringen und ich habe versagt."

Sie antwortet nicht darauf. Ein Mensch würde jetzt vielleicht sowas sagen wie „Du kannst nichts dafür". Aber da sie ein Besetzer ist, kann ich schon froh sein, dass sie mir nicht zu stimmt und mich damit komplett vernichtet.

„Wo ist Linda?", frage ich Nala, „Ich sehe sie nirgends."

„Sie ist auf der Krankenstation."

Also doch!

„Warum das?"

Sie ist zusammengebrochen. Es geht ihr inzwischen wieder besser, aber ich bin mir nicht so sicher, ob sie schon wieder in der Lage ist, mit euch zu flüchten."

„Aber wir können sie doch auch nicht zurücklassen."

„Adam, das könnte sie ihr Leben kosten."

Ich überlege. „Ist sie wach?"

„Ja, ist sie. Warum?"

„Dann bring uns einfach zu ihr und wir fragen sie selbst", schlage ich vor.

„Adam. Ich bin mir sicher, sie wird mit euch gehen wollen. Aber das bedeutet nicht, dass das auch das Beste für sie ist."

„Und ich glaube nicht, dass das hier das Beste für sie ist."

Nala seufzt. Ich kann halt auch ein Sturkopf sein, wenn ich will. Nur gegen Tami habe ich keine Chance. Wenn Tami dieses Gespräch mit Nala geführt hätte, wäre wir wahrscheinlich schon längst über alle Berge.

Inzwischen ist allen klar, dass das nur falscher Alarm war mit dem Feuer und die Menschen und Besetzer sind dabei sich wieder in das Gebäude zu begeben.

„Bitte, bring uns zu Linda", flehe ich Nala an. Sie zögert eine Weile, bevor sie endlich nickt.

Ich gebe Tami, Aurora und Toni ein Zeichen, dass sie aus dem Busch kommen können. Nala wird beinahe ausfallend, als sie Aurora sieht. „Adam, wir dürfen nicht mit der Kleinen hier gesehen werden. Nie würde man sie in die Zuchtstation geben. Wenn sie irgendjemand entdeckt, fliegen wir alle noch auf."

„Ich lasse sie hier nicht allein", antworte ich ihr.

„Wenn die Kameras euch aufnehmen, schaffe ich es ja vielleicht noch mich raus zu reden, um nicht wegen Beihilfe zur Flucht eingesperrt zu werden. Aber das wird unmöglich sein, wenn sie dabei ist."

Es ist mir eigentlich scheißegal, ob Nala eingesperrt wird oder nicht. Aber sie hat uns schon so viel geholfen, dass ich ihr das einfach schuldig bin.

„Na gut. Tami? Versteckst du dich hier irgendwo mit Aurora und wartest auf uns?"

„Was? Ihr lasst uns hier in der Dunkelheit allein?", fragt Aurora ängstlich.

„Ich pass schon auf dich auf", versucht Tami ihr Mut zu zusprechen.

„Du hast meine Waffe noch?", frage ich sie und sie nickt.

Toni reicht ihr die Karte. „Falls irgendwas passiert, was ich nicht hoffe. Aber damit ihr hier zur Not rausfindet."

„Und was ist, wenn ihr sie braucht?"

„Ich habe sie inzwischen im Kopf. Keine Angst wir finden hier schon raus", beruhigt er sie und dafür bin ich ihm sehr dankbar.

Ich falte die Karte auf. „Falls wir uns wirklich trennen müssen, treffen wir uns dort wieder, ok?" Ich zeige auf eine alte Burgruine, die vor den Stadtmauern eingezeichnet ist. „Toni, hast du die auch im Kopf?"

Rehaugen (Band 1)Where stories live. Discover now