Flockentanz

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Ich sitze am Fenster und schaue hinaus. Die kühle Luft lässt meine Nasenspitze rot und meine Finger taub werden.

Flocken fallen vom Himmel.
Große, dicke Schneeflocken, die so unglaublich weich aussehen.
Fast wie Federn, die langsam nach unten segeln.

Ich blicke in den Himmel.
Er ist weiß.
Und so weit.
So tief.
Noch tiefer als ein Ozean und weiter als eine Wüste.

Mein Blick folgt einer einzigen Flocke bis zum Boden.
Bis sie sanft aufkommt und schmilzt.
Bis ihre Zeit vorbei ist und sie mit dem warmen Asphalt in Berührung kommt und daran vergeht.

Es ist April und es schneit.
So wundervolle Flocken,
die mich beruhigen,
mich faszinieren.

Ihr Anblick fesselt mich.
Ich kann nicht anders als dazusitzen und zu starren.
Dieses mir dargebotene Schauspiel zu bewundern.

Und auch wenn es so wunderbar ist, so ist es auch vergänglich.
Wie alles im Leben.

Die Schneeflocken werden immer kleiner, immer zarter, bis sie schließlich ausbleiben.
Aufgebraucht sind.

Vorbei ist das wundersame Ereignis, das mir ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert hat.

Wie ein kleines Kind, das zum ersten Mal Schnee sieht, stand ich am Fenster.
Ein Leuchten in den Augen und völlig abwesend.
Versunken in meiner eigenen Welt.

Schade, dass es nur von kurzer Dauer war.
Aber dennoch freu ich mich
und bin dankbar für diese feine Versüßung meines tristen Tages.
Für das Licht an diesem grauen Nachmittag.

Vielleicht passiert es ja bald wieder.
Und ich kann es nochmal erleben.

Einen Flockentanz.

Rêvasser - In Gedanken wo andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt