Kapitel 21

925 66 0
                                    

"Nein. Nein, das ist unfair!", widerspreche ich. "Nicht wieder diese verdammten Kerzen."
"Ach komm. Nachdem du so vieles geschafft hast, machst du dir Sorgen um die Aufgabe mit den Kerzen?", fährt mich Miguel verständnislos an.
"Ja! Sie sind verflucht, ich sag's euch!"
"Die Kerzen sind nicht verflucht.", bestreitet Joshua seelenruhig. "Außerdem hast du heute noch nicht versucht, sie zu erlöschen. Es wird klappen, sei dir sicher."
Eine kurze Erklärung zu dem 'Vielen, was ich heute geschafft hab'. Ich musste tausendmal die Krallen wachsen lassen, musste Sachen, die ja so ganz plötzlich im Raum aufgetaucht waren, mit meinem Willen hin und her schieben und ich musste versuchen die beiden Vampire mit dem Ersten - den Krallen - oder dem Zweiten - meinem Willen - zu verletzen, was ich selbstverständlich nicht geschafft hab. Noch kürzer gefasst haben wir also meine Vorstellungskraft trainiert. Und deswegen schmilzt jetzt langsam mein Gehirn. Es war wirklich anstrengend.
"Ich habe es nicht versucht und ich werde es auch nicht.", bestehe ich.
"Feigling.", wirft Miguel plötzlich ein.
Dieses Wort bringt mich zum Stocken. Keine Ahnung warum, ich hab's einfach nicht erwartet. Ich war noch nie ein Feigling...
"Was?", frage ich verwirrt nach.
"Du bist ein Feigling, Blümchen.", wiederholt er sanft.
Ich seufze Augen verdrehend. Wieder seine doofen Scherze.
"Ha ha.", meine ich ironisch.
"Lilith, ich meine es gerade durchaus ernst. Lasse die Kerzen erlöschen.", herrscht mich Joshua an, hört sich aber trotzdem irgendwie nett an.
Abermals seufze ich. 'Lass die Kerzen erlöschen', boah!
Ich sehe diese Wachs-Nervensägen an und stelle mir vor, wie ein Windhauch sie ausbläst. Die Flammen flattern kurz und gleich darauf erfüllt Dunkelheit den Raum.
"Was sagtest du noch einmal? Die Kerzen seien verflucht?", meint Joshua mit einem höhnischen Unterton.
"Ist ja gut!", entgegne ich gereizt.
In nächster Sekunde brennt ein Feuerzeug in Miguels Hand und er hält es nacheinander an jede Kerzen ran, damit wir wieder Licht haben.
"Reg dich ab, alles ist gut.", redet er dabei auf mich ein.
"Um die Diskussion zu beenden,", unterbricht uns Joshua mit lauter Stimme und wird gleich wieder leiser. "gehen wir jetzt nach oben. Lilith braucht frische Luft und ein Glas Blut."

"Wie spät ist es schon?", frage ich und reibe mir die Augen.
"Mitternacht.", antwortet Joshua kurz.
"Aha... Was haben wir noch vor?"
"Du und Miguel kämpft gegeneinander."
Sowohl ich als auch Miguel gucken den Jungen verwundert an.
"Wir haben doch schon gekämpft.", sagt Miguel.
"Übung macht den Meister.", zuckt Joshua die Schultern.
"Wieso gegen Miguel? Er ist doch-", fange ich an.
"Sag ja nichts Falsches!", unterbricht mich mein Freund drohend und grinst dann.
Ich bin still, haha. Nein, aber wirklich, er ist doch noch sehr jung. Wie soll er dann gut kämpfen können?
"Lilith, du hattest nicht ein Mal ernsthaft gegen Miguel gekämpft. Eine weitere Sache, die du dir dringend merken musst: Unterschätze niemals einen Vampir."
Jeffrey... Warum muss mich der Junge unbedingt jetzt an diesen Vampir erinnern?! Weiß er zufällig etwas über Jeffrey...? Oder sollte die Aussage Jeffrey überhaupt nicht betreffen?
"Ja, wahrscheinlich sollte ich mir das einprägen.", stimme ich zu.
"Oh, endlich ein Einverständnis.", lächelt Joshua. "Na dann los, kämpft."
"Wartet kurz.", halte ich die Jungs auf. "Was wirst du machen?", wende ich mich an Joshua.
"Ich werde dir sagen, was du falsch machst."
Wir drei stehen von der Bank, auf der wir saßen, auf und treten in die 'Mitte' des Gartens, ich gegenüber Miguel und Joshua fünf Meter weiter weg. Miguel und ich beugen etwas die Knie.
"Bist du bereit?", fragt mich der Vampir.
Seine Augen glitzern vor Vorfreude auf. Er macht einen irgendwie abschreckenden Eindruck auf mich. Jetzt wird's aber ernst.
"Erster Fehler.", ruft Joshua. "Zeige nie deine Angst."
Was quatscht er?!
"Ich habe keine Angst.", widerspreche ich mit Nachdruck.
"Und ob. Weitermachen."
Na dann hab ich halt Angst!
"Entspann dich einfach, es wird schon nichts passieren. Du kannst das.", muntert mich Miguel im Flüsterton auf.
Ich atme kurz durch und spanne mich wieder an.
"Bereit?", wiederholt Miguel.
"Bereit.", nicke ich entschlossen.

Zu Hause bei den Vampiren 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt