Kapitel 1

1.9K 110 2
                                    

Tiefe Dunkelheit... Und dann meine letzte Erinnerung. Aus Joshuas gefühllosen Augen läuft eine Träne.
Langsam öffnen sich meine Augen. Was ist passiert? Wo bin ich? Ich bin in einem irgendwie bekannten, schlecht beleuchteten Zimmer. Halt mal, das ist ja mein Zimmer! Okay, nicht mein, sondert von Vampiren zur Verfügung gestelltes Zimmer. Das Erste, was ich dann wahrnehme, sind Miguels braun-grüne Augen, die sich mir schnell nähern. Und dann drückt mir der Vampir einen langen Kuss mit seinen kalten Lippen zu. Er ist mein Freund, er darf das.
"Du lebst!", lächelt er dann. "Komischer und glücklicher Weise steht Gott dir bei. Du musst dich bei ihm bedanken."
Ja, wahrscheinlich hat er Recht.
"Ich dachte, ich bin gestorben...", sage ich verwirrt.
"Ich auch! Oh das war so schlimm, jag mir nicht mehr solche Angst ein! Nein, ich soll lieber selbst besser auf dich aufpassen."
"Warum bin ich nicht gestorben?"
Ich kann einfach an nichts anderes denken. Ich hätte sterben müssen.
"Erstens, weil Joshua es nicht gleich auf die Reihe gekriegt hat. Und zweitens, weil du mich gerufen hast und ich hergeeilt bin."
Ich hab ihn gerufen? Na daran kann ich mich nicht erinnern. Aber Hauptsache... Mein Gott, ich lebe!!! Leider kann ich mich nur in Gedanken freuen.
"Migueeeel, ihr hattet doch Schmerztabletten..."
"Schon vorbereitet.", zwinkert er.
Der Vampir steht auf und holt von dem Tisch ein Glas Wasser und paar Tabletten, welche ich gleich runterschlucke.
"Aber Blut hätte dir effektiver geholfen."
Kann sein.
"Nein, kein Vampirzeug in den nächsten paar Stunden. Und was ist jetzt eigentlich mit Joshua? Hat Alexandra ihm was angetan?", frage ich schnell und Angst breitet sich in mir aus.
Joshua war eigentlich immer nett.
"Er hat dich fast umgebracht und du sorgst dich um ihn...", entgegnet Miguel unzufrieden.
Es wurde ihm aufgetragen. Aus seinem eigenen Wunsch hätte er das nicht getan. Insgeheim liebte er mich sogar, das weiß ich.
"Er wollte das nicht tun.", protestiere ich, werde aber gleich unterbrochen.

"Ja, schon gut, ich kenne die Wahrheit. Wollte nur wissen, ob du noch auf unserer Seite stehst."
'Unsere' Seite? Ich dachte, die Vampire hier sind eine Gemeinde und haben auch gleiche Interessen. Oh, wenn ich nur nicht diese doofe Kopfschmerzen hätte, würde ich besser denken können!
Miguel beugt sich zu mir runter und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
"Blümchen, so ein Glück, dass du lebst... Diana wird sich aufregen."
Blümchen... Okay, solange wir allein sind, darf er mich so nennen.
"Warum lebe ich denn? Und warum wird sich Diana aufregen...?"
"Das Erste hab ich dir eigentlich schon beantwortet, aber okay, Joshua wird es dir selbst beantworten. Er wird bald runterkommen. Und das Zweite, wegen einer Wette, die Diana für sich selbst ausgedacht hat."
"Ihr habt gewettet?!"
Nee, im Ernst! Ich wäre gestorben und die haben gewettet!
"Reg dich ab, spar deine Kräfte. Ich sage doch, Diana hat gewettet."
Als ob's einen Unterschied macht.
"Wie lang war ich diesmal bewusstlos?"
"Zwei Monate."
Was?! Ich reiße die Augen auf. Wie er das so ruhig sagt!
"Mein Gott... Wieder so eine lange Zeit!"
"Ehrlich gesagt haben wir alle schon die Hoffnung verloren. Joshua war so verzweifelt! Ich wusste gar nicht, dass er noch so viele Gefühle empfinden kann."
Miguel drückt etwas meine Hand. Soll das mich oder ihn trösten? Jedenfalls tut es gut. Obwohl seine Hand ganz kalt ist, wird es in mir drinne wärmer. Er betrachtet mich noch eine Weile schweigend, beugt sich dann zu mir runter und küsst mich noch einmal auf die Lippen. Nachdem er mich dann wieder liebevoll ansieht, spüre ich, wie mir die Tränen hochsteigen. Die Erste läuft über meine Wange und ich wische sie mit dem Handrücken weg, sowie alle folgenden. Miguel lächelt und drück mich an sich ran.

"Sind nur Freudestränen.", erkläre ich und er lacht.
Es wird mir erst jetzt klar, wie ich an diesem Ort hänge. Nein, ich will hier nicht weg. Haha, ich werde sowieso nicht nach Hause gelassen.
Ich umarme Miguel fest, aber nur mit menschlicher Stärke.
"Na? Alles wieder in Ordnung?", fragt er und wir lassen uns los.
Ich nicke stumm, aber lächelnd. Dann blicke ich auf meine Hände runter und drehe sie paarmal um.
"Ich glaub immer noch nicht, dass ich noch lebe..."
Der Vampir schnaubt nur lachend. Dann sehe ich, wie die Tür langsam aufgeht und Joshua das Zimmer betritt. Als er mich sieht, weiten sich seine Augen und er bleibt wie angewurzelt stehen.

Zu Hause bei den Vampiren 2Where stories live. Discover now