Kapitel 12

343 20 6
                                    

Mittlerweile war ich schon seit einer Woche in Perth. Irgendwie fühlte es sich schon viel länger an, aber gleichzeitig kam es mir auch vor als hätte ich erst gestern noch mit Alicia über Herrn Kauze geschimpft. Obwohl ich sie und ihre Mutter sehr vermisste, hatte ich mich gut Zuhause eingelebt. Mit Sue und Jason verstand ich mich nach wie vor blendend. Wir verbrachten fast jeden tag miteinander. Sue und ich hatten unser Projekt, Jake's und mein Haus schön einzurichten so gut wie beendet.

"So", sagte da auch Sue. "Willst du die Ehre übernehmen und den letzten Nagel in die Wand hauen?" Ich sah sie grinsend an. Sie hatte eine Latzhose an und ihre verschwitzten Haare zu einem Messy-Dutt verarbeitet, aus dem lose einige Strähnen hingen.

"Aber Logo!", ich nahm ihr den Hammer aus der Hand und schlug zwei mal Kräftig auf den Nagel.  Dann hingen wir die wenigen Jacken, die bisher auf dem Boden gelegen hatten an der Garderobe auf. Stolz blicken wir uns an. Wir hatten ganze Arbeit geleistet. Von dem ehemals so tristen haus war nun nichts mehr zu sehen. Wir hatten schöne Gardinen aufgehängt und man konnte einige Bilder erkennen, die wir im Laufe der letzten Woche geschossen hatten.
Ein paar waren von Jake und mir, andere hatten wir von der ganzen Jungsbande gemacht, ohne ihnen zu verraten, wofür wir sie brauchten. Auf einigen konnte man sogar Joshuas Lächeln erkennen. Er verwunderte mich nach wie vor. Zu seinen Geschwistern und den Jungs, ausgenommen von Jake selbstverständlich, konnte er so warm und herzlich sein. Ja, er war manchmal sogar richtig witzig. Aber mich behandelte er nach wie vor kühl und mit Distanz. 

"Das sieht toll aus!", hörte ich Sue schwärmen. Ich hatte gar nicht mitgekriegt, wie sie an mir vorbei ins Wohnzimmer gelaufen war. 

"Ja, oder? Die Dunkelroten Wände machen sich super mit der schwarzen Couch! Und der Wintergarten sieht auch klasse aus! Da können wir ganz toll brunchen. Warte nur ab, was die Jungs für Augen machen werden!" 

Die hatten wir nämlich schön rausgeschmissen, bevor wir mit der Handwerkelei angefangen hatten. Jake war solange bei Samuel untergekommen, nachdem er zig Mal kontrolliert hatte, ob die Tür oben am Ende des Ganges auch wirklich verschlossen war, und Sue hatte bei mir gewohnt. Natürlich erst, nachdem ihr Jason und zu meinem Erstaunen auch Joshua versichert hatten, dass sie auch ohne Sue für die Woche klar kommen würden. Und ich war davon überzeugt, dass Sue diese Pause von ihren Geschwistern und der Verantwortung enorm gut getan hatte.

Sue schaute auf die Uhr, die nun im Wohnzimmer hing. "Okay, wir haben noch eine halbe Stunde, bis die Jungs zu ihrem Meeting ankommen. Komm, wir gehen uns duschen und umziehen.

*****

Kaum hatte ich meine Haare getrocknet und mich angezogen, hörte ich unten die Klingel. Na da war aber jemand früh dran. Da Sue noch im Bad war, ging ich alleine nach unten und öffnete die Tür. Vor mir stand Joshua, mit einem Blumenstrauß in der Hand.

Unsicher sah er mich an. "Bringt man sowas nicht mit zu einer Einweihung?" 

"Doch doch, danke.", ich löste mich aus meiner Schockstarre und nahm ihm die Blumen ab. "Komm rein.", ich hielt ihm die Türe auf.

Joshua trat ein und wollte seine Schuhe schon achtlos auf den Boden werfen, als er das Schuhregal sah, dass jetzt an dieser Stele stand. Erfreut sah ich zu, wie er seine Schuhe in das Regal stellte. Ganz so, wie es sich gehörte.

Ich ging an ihm vorbei in die Küche und streckte mich, um von ganz oben eine Blumenvase aus dem Schrank zu holen. Joshua kam in die Küche und sah mich auf dem kleinen Hocker, auf dem ich stand an. "Ich hätte dir auch einfach helfen können, du Zwerg.", er grinste mich frech an.

"Ich bin nicht klein."

Joshua zog eine Augenbraue hoch und sah mich zweifelnd an. Dann schnappte er sich einen Muffin von der Theke, bevor ich ihn davon abhalten konnte und fragte. "Wo ist Sue?"

"Die duscht noch.", ich nahm ihm den Muffin wieder aus der Hand und stellte ihn zurück zu dem Rest. Missbilligend sah er mich an.

Er drehte sich einmal um seine eigene Achse und betrachtete die Küche. Auf einmal fing er an zu lachen und ging auf ein Foto zu, das an der Wand hing. Ich kam etwas näher und sah, welches Bild er so amüsant fand. Es war ein Kinderbild von Jake und mir. Ich hatte ein Nutelleglas aus dem Schrank gestohlen und wir beide hatten beim Naschen unser ganzes Gesicht damit vollgeschmiert. Das war eine der wenigen guten Erinnerungen an meine Kindheit. mein Vater hatte noch gelebt und Jake und ich hatten mit unserer Mutter zusammen gelebt. Nur wenige Jahre danach wurde unser gesamtes Zuhause auf den Kopf gestellt. Aber daran wollte ich jetzt nicht denken.

Plötzlich spürte ich Joshua's Präsenz neben mir sehr viel deutlicher als zuvor. Er sah sich immer noch die ganzen Bilder an. Wir waren uns noch nie so nah gewesen. Seit der Autofahrt war ich nicht mehr mit ihm alleine. Er hatte mich so gut wie möglich aus dem Weg gegangen.

Ich jedoch konnte ihn nicht mehr aus meinem Kopf kriegen. Er konnte so gelassen sein, aber auch so ernst. Und immer wieder war er unglaublich aufmerksam. Wie zum Beispiel, dass er uns Blumen mitgebracht hatte. Darauf würde bestimmt keiner der Anderen kommen. Ich hätte ihn gerne kennen gelernt, bevor er so ernst und hart wurde. Bevor seine Eltern gestorben waren. Joshua ging einen Schritt zurück und kam mir damit noch näher. Ich hielt den Atem an und mein Herz klopfte wie wild in meiner Brust. Was war denn nur los mit mir? Ich war doch sonst nicht so schreckhaft. 

Joshua drehte sich um und räusperte sich. "Rückst du mir aus Absicht so auf die pelle oder was ist los?"

Etwas enttäuscht ging ich einen Schritt zurück. Und da war er wieder, der gute alte Joshua. Ich schnaubte. "Peh, in deinen Träumen vielleicht." Damit drehte ich mich um und nahm die Cupcakes von der Arbeitsplatte, um sie im Wohnzimmer auf den Tisch zu stellen.

Joshua kam mir hinterher und bewunderte das Wohnzimmer, bevor er sich auf die Couch fallen lies und mich abwartend ansah. "Na? Machst du mir jetzt einen Kaffee?"

"Das glaubst du doch wohl selbst nicht du Rotzlöffel. Geh und mach dir dein Suchtgetränk selber!", fuhr ich ihn an. Wieso war er so?

"Und ich dachte schon du wärst zu einer Hausfrau mutiert. Zoey, Zoey, Zoey. Was für eine Enttäuschung." 

Bevor ich etwas erwidern konnte, klingelte es wieder auf der Tür und ich hörte Sue rufen: "Ich komme ja schon!"


******

Nach zehn weiteren Minuten kam auch der letzte Gast noch an. Jason trat ins Wohnzimmer und zog mich in eine lange Umarmung. "Na hey Schnuckelchen, dich habe ich ja schon ewig nicht mehr gesehen! Das habt ihr hier ja ganz toll hingekriegt." Mit einer ausladenden geste zeigte er auf unsere Umgebung und hatte sinen einen Arm immer noch um mich gelegt.

Joshua grummelte unzufrieden. "Nimm deine Pfoten von ihr Jason, die ist nichts für dich."

Autsch. Ganz so schlimm war ich nun auch wieder nicht. Jason sah Joshua nur etwas genervt an. "Beruhig dich mal wieder. Es ist doch nur Zoey. Und sie ist nunmal eine meiner besten Freundinnen also find dich damit ab."

Joshua sah verärgert weg.

Jake kam nun auf mich zu und schlug Jason's Hand von meiner Schulter. Ich verdrehte meine Augen, meine Güte, die konnten es aber auch übertreiben, und brachte mir damit ein Lachen von den restlichen Jungs ein.

"Also wir können uns wohl alle einigen, dass die beiden Mädchen das Haus ganz herrlich eingerichtet haben." Er erhob das Sektglas in seiner Hand, das Sue ihm vor einigen Minuten gegeben hatte. "Auf Sue und Zoey". Wir anderen taten es ihm nach. 

Nachdem wir alle unsere Muffins verdrückt und ein wenig geschwatzt hatten, verdrückten die Jungs sich wie immer in ihr "Bandenzimmer", wie ich es heimlich nannte, um wer weiß was alles zu tun. Ich würde wirklich nur zu gerne wissen, was sie denn da drinnen immer anstellten und warum zur Hölle es immer zugeschlossen war. Sue verabschiedete sich mit dem Grund, dass sie und Jason die Babysitterin Zuhause ablösen mussten. Und ich verdrückte mich in mein Zimmer, um mein Buch weiter zu lesen. Und wie ich da son auf meinem Bett lag, übermannte mich die Müdigkeit und ich fiel in einen festen Schlaf. Da hatte ich den Jetlag wohl doch noch nicht ganz überwunden.


Heheheeeeeey, und schon wieder ich. Weils so schön war noch ein Kapitel 

Und fröhliche Ostern übrigens :)

Eure ich  (der Name ist so lang...)

To Be Like EstherOnde histórias criam vida. Descubra agora