Galathea oder: geschmolzene Ästhetik (Kurzgeschichte)

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Galathea

Nur bleiches Licht aus purem Weiß geronnen, ergoss sich in lauem Fluss durch das dünne Glas der verstaubten Fenster; verhang sich in dem splitternd hellbraunen Holz des eckigen Rahmens, welcher die Scheibe in ihrer recht geradlinigen Form drückend umschlang und sie in ihrer Fragilität zusammen hielt; eng. Gleich kristallnen Tropfen von Milch rieselte dieser transparente Strom auf sämtliche Objekte, während sie von keiner einzigen, sanften Brise der schweigenden Luft nur anhauchend gerührt wurden. Sie fielen; immer und immer mehr; melangierten sich mit den feinen Strukturen der aufschwingenden Wärme hinter den kalten Fenstern zusammen. Sie rangen sich durch die vergossene blauschwarze Tinte der über den nassen Dächern lehnenden Nacht, die ihre düsteren Schwingen mit rauschenden Federn um stumm summende Landschaft frappiert hatte. Dürre Klänge erheblich in ihrer Fülle dämpfte und nur an manch unscheinbar winzigen Stellen adrige Risse von schwachem, verbleichtem Licht zerkratzt auftat, das sich aus den Spitzen der hohen Straßen-Laternen fast mühsam, aber rasch heraus schälte. Niedergepresst wurde von der bewegten Dunkelheit; grave und bleiern wie ihr Gemüt. Es glich einer ausschöpfenden Reise aus kurzer Distanz, doch nahm sich jeder einzelne Tropfen etwas von jener mit, ehe sie sich endgültig in einem blassen Film um diverse stiller Gebilde legten.

Sie erwiesen sich als so still, als so schweigend still, als wären sie in ihren verschiedenen Strukturen für immer versiegt. Sie atmeten nicht durch ihre metallenen Lungen. Sie hatten ihren einzigen lebhaft schimmernden Glanz nur in dem silbrigen Umhang strömenden Lichts und tief schwarzen risslosen Schatten erhalten. Hatten sich in den klebrigen Fäden der zähen, dahin triefenden Zeit aussichtslos verhangen. Selbst das einst so lebendige Holz; bedeckt mit der vereinzelten Schwere einiger Gegenstände; hatte sich erschöpft in seine trockenen, rohen Fasern zusammen gezogen. Quellen reiner Frische waren gestopft mit der stickigen Schwüle der schwirrenden Luft, welche von den niedrigen Wänden aus den engen Dielen gekalkter Buche gleich steifer Haut abbröckelten. Nichts konnte diese einbrennende Stille in triviale Fetzen zerreißen. Die verteilten Objekte füllten ihre Plätze des Raumes in zusammen gekauerte Fülle aus; unberührt des nieder gelegten Windes, welcher sich in wie klammer Nebel um kalte Oberflächen zu spannen wagte.

Licht grüne Smaragde glänzten noch sauberer geschliffen mit dem milchigen Fluss durch die zu zerbrechende Luft; schienen in schimmernde kalte Tränen aufzugehen, welche sich in dem blassen Eisen wieder vereinten. Ein unendlich, tief grüner Schlund; klein, aber so weit; versetzt unter je zwei dünnen Kupferplatten. Fragilität war ein randloser Schatten in diesem still gelegten Körper, der in der summenden holzigen Brise in ihren runden Höhlen sanft vibrierte. Nur schwingend bebend; eingravierend in die farblos braune Umwelt.

Als würden sich die eisernen Lungen leicht zwischen den kalten Rippen in einem süß gehauchten Atemzug erheben. Sich dem erdigen Odeur aufglühenden Kupfers weich besinnend verschmelzen.

Wie fromm dieses schlaffe Etwas doch war; in den flachen Wellen hellen Schlafs getränkt!

Sein milchiger Blick war vollkommen in seinen kurzen Zuckungen der zwielichtigen Dunkelheit geöffneten Pupillen nur blind auf dieses so feine, doch in seiner Fülle groß geratenes Gebilde gerichtet und entflammten sich dort in transparente Flammen heißen Unglaubens seiner ungeahnten Macht, die er da wie Papier offen gefaltet hatte.

Ein reines Wunder ohne Tadel hätte man meinen können, als jenes vollendete Gerüst verzehrend beschattet wurde; mit den gierigen Zungen von Stolz und blasser Bewunderung beleckt.

Ja, er konnte mehr als nur von Stolz sprechen und das in unbescheidenen Maßen!

Wenn er sie auch anstarrt: die pur gewaschene, einzig wahre Schönheit!

Sammlung von kleinen Steampunk One-ShotsWhere stories live. Discover now