10 ■ "i'm sorry, but i don't love you"

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           L O U I S || Es ist still in der Wohnung, als ich gegen Mittag aufwache. Vielleicht habe ich die letzte Nacht viel zu lang gezockt.

Calvin scheint auf Arbeit zu sein, ansonsten würde irgendwo entweder der Fernseher oder seine Musik am Laufen sein.

Schwerfällig stehe ich auf und reibe mir mit den Händen über mein Gesicht, als ich mich auf den Weg in die Küche mache.

Jedoch bleibe ich im Flur stehen, als ich ein Rascheln von der Tür wahrnehme, doch etwas Auffälliges sehe ich nicht.

Stirnrunzelnd öffne ich die Tür und sehe in braune, vor Schreck geweiteten Augen. „Kiran?", frage ich irritiert. Ich habe sie schon länger nicht gesehen, was für eine Überraschung, dass sie jetzt hier vor meiner Wohnungstür steht.

„I-Ich wollte n-nur etwas abgeben", sagt sie schnell und verhaspelt sich etwas, dann drückt sie mir einen Brief in die Hand.

Verwirrt schaue ich den Brief an, mein Name steht drauf. „Was ist das?", frage ich, doch sie wehrt sofort ab.

„Ich muss los, hab' noch einen wichtigen Termin, tut mir leid, lebe wohl."

Mit diesen Worten verschwindet sie die wenigen Treppen hinunter und lässt mich alleine an der Tür stehen. Mein Blick fällt auf den Brief in meinen Händen. Für eine gewöhnliche Einladung ist dieser wohl zu dick.

Hat sie gerade lebe wohl gesagt?

Nach wenigen Minuten schließe ich die Tür und gehe, wie vorher geplant, in die Küche. Nachdem ich endlich meinen Kaffee habe, setze ich mich an den Tisch und öffne den Briefumschlag, um kurz darauf den Brief herauszunehmen. Dabei fällt ein Schlüssel aus dem Umschlag.

Mit gerunzelter Stirn inspiziere ich den Schlüssel und merke, dass es der Wohnungsschlüssel ist, den ich Kiran für meine und Calvins Wohnung gegeben habe. Warum gibt sie mir den Schlüssel zurück?

Ich schüttle den Kopf. Dann beginne ich zu lesen. Vom Anfang bis zum Ende, ich lese ihn ein zweites Mal durch und auch noch ein drittes Mal.

An bestimmte, einzelne Ereignisse erinnere ich mich, doch sonst herrscht in meinem Kopf nur gähnende Leere, ein großes Loch. Wie ich zu handeln habe, weiß ich nicht.

Es gibt gerade nur ein Gefühl, welches ich verspüre, und dieser beschreibt meine Gefühlswelt perfekt. Ich fühle mich wie vor den Kopf gestoßen, nicht nur ein bisschen, sondern mehr als nur das.

Kiran geht. So, wie ich sie kenne, hat sie es niemanden erzählt und das nur, damit mir niemand erzählen kann, wo ich sie finden könnte.

Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen, als ich realisiere, was sie wirklich geschrieben hat. Vor ungefähr drei Wochen waren wir bei ihrer Familie gewesen.

Eine Woche vor dem Besuch war die Party. Vor vier Wochen war also unser One Night Stand gewesen.

Warum hat Kiran nie ein Sterbenswörtchen gesagt? Sie weiß doch, dass sie mit mir über alles reden kann. Mein Körper fühlt sich taub an, was ist soeben geschehen? Wie ich habe das Ganze übersehen können?

Stunden vergehen und ich sitze immer noch in der Küche. Ich habe es nicht einmal geschafft, meinen mittlerweile kalten Kaffee zu trinken.

Ich nehme mein Handy zur Hand und schaue auf WhatsApp, wann sie das letzte Mal online gewesen war, und stelle fest, dass es das letzte Mal gegen Mittag war.

Ohne großartig nachzudenken wähle ich ihre Nummer und halte mir mein Handy ans Ohr. Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass sie nicht ans Handy gehen wird.

„Hi, hier ist Kiran - und Louis! - Ich kann gerade nichts an Handy gehen, weil mich ein Vollidiot - Hey! - mich davon ablenkt. Aber du kannst mir eine Nachricht - kannst du nicht! - hinterlassen und zwar genau jetzt!"

Es piept und ich habe Zeit nun endlich sprechen zu können.

„Hey, äh, ich bin es, Louis. Hör zu, Kiran, warum hast du nie etwas gesagt? Du weißt, wir hätten für alles eine Lösung gefunden, warum also hast du alles in dich hinein geschwiegen?! Gott, Kiran - wie ... wie kannst du nur so egoistisch sein? Denkst du nicht, dass es für mich genauso schlimm sein kann? Wenn du gehst, dann ist das ein riesengroßer Verlust für mich! Kiran, du ... du kannst nicht einfach gehen. Bitte melde dich und ... es tut mir leid, Kiran, aber i-ich liebe dich wirklich nicht."

Ein weiteres Piepen ertönt. Die Nachricht ist zu Ende. Ich lege mein Handy beiseite. Kiran ist weg und hat mir nicht mal die Chance gegeben, irgendetwas dagegen unternehmen zu können.

Wie kann sie mir das antun?

          E N D E

in love, kiran.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt