2. Vergangenheit - Der Abschied

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2 Jahre zuvor

Emilys Sicht:

"Bitte geh nicht, große Schwester.", sagte meine kleine Schwester mit einem verheulten Gesicht zu mir. Sie macht es mir nur schwerer als es ohnehin schon ist, dachte ich mir und lächelte sie traurig an.

Ein Seufzer kam mir über die Lippen. Ich ging in die Hocke und nahm die Kleine in die Arme. "Ach Kleines, das ist doch kein Abschied für immer. Ich bin in 2 Jahren wieder bei dir und dann wirst du mich so schnell nicht mehr los, okay?", fragte ich sie sanft.

Ich spürte, wie sie gegen meine Schulter nickte und ein Schluchzer kam aus ihr über ihre Lippen. Ich drückte sie noch fester an mich. "Onee-chan, ich bekomme keine Luft mehr.", flüsterte das kleine Mädchen in mein Ohr. Ich wollte sie daraufhin loslassen, aber sie krallte sich in meinen Pulli. Sie widerspricht sich, dachte ich mir und drückte sie wieder an mich. Der Pulli war mittlerweile schon durchnässt, an der Stelle war, wo sie ihr Gesicht vergrub. Ich weiß nicht, wie lange wir so dastanden, aber im Nachhinein war es für meinen Geschmack zu kurz. Mein Dad kam auf uns zu und sah an uns herab. Stolz und Traurigkeit lagen in seinem Blick, als sich unsere Blicke kreuzten. Ich ließ Haruhi los und ging auf meinen Vater zu. Er nahm mich gleich in die Arme und presste mich an sich. Jetzt weiß ich, wie sich meine kleine Schwester vorher gefühlt hatte, als ich sie so stark an mich gedrückt hatte.

Wie in einer Presswurstmaschine, die kurz vorm Ende ihrer Aufgabe war. Super Vergleich, dachte ich mir und schnitt eine komische Grimasse. Ach, ist eigentlich auch irrelevant, schallte ich mich in Gedanken ab und zuckte mit den Schultern. Mein Arme lagen um seinen Oberkörper und ich erwiderte seine Umarmung. "Ich bin so unglaublich stolz auf dich, Emily.", hauchte er und drückte mich fester an sich. "Danke Dad, das bedeute mir wirklich viel und pass auf Haruhi auf, ja? Ich bin bald wieder bei euch und dann wünscht ihr euch, dass ich wieder weg bin.", sagte ich lachend gegen seine Brust.

"Ja, da hast du vielleicht recht.", sagte er mit einem Grinsen. Ich löste mich von ihm und schaute ihn verdutzt und amüsiert an. "Du solltest eigentlich 'Nein, niemals' oder so einen Quatsch sagen und nicht mir zustimmen.", sprach ich gespielt beleidigt und schlug ihn gegen seinen Oberarm. Dad hob abwehrend die Hände und versuchte, sich ein Lachen zu verkneifen. Was ihm sehr misslang, weil ich genau beobachten konnte, wie seine Mundwinkel langsam nach oben wanderten.

Wir hörten hinter uns ein Gekicher und drehten uns wie auf Kommando um. Meine kleine Schwester lachte und sah zu uns auf. Sie sah wie ein kleiner Sonnenschein aus, abgesehen von den verheulten Augen und der roten Rudolf-Nase. Das Lachen werde ich jetzt zwei Jahre nicht sehen oder hören, dachte ich traurig und bedauernd zugleich.

"Es ist so weit, Emily.", sprach eine alte Frau hinter uns. Ich nickte ihr zu, nahm meine Sachen und folgte der Dame. Ich drehte mich noch einmal um und schrie lachend: "Ich bin schneller wieder bei euch, als es euch lieb ist."

Die Leute auf dem Flughafen starrten mich zwar an als sei ich eine Geistesgestörte, aber das war mir gerade herzlich egal, denn meine Familie lachte und schrie synchron: "Wir lieben dich und bau keinen Mist." Ich blickte über meine Schulter und sah, dass sie mir zuwinkten. Ich schmunzelte über den Kommentar der beiden. "Pff, ich bau doch nie Mist.", rief ich lachend zurück und setzte meinen Weg Richtung Check In fort.

Ich pflanzte mich in den Sitz, der genau neben dem Fenster war. Der Flieger füllte sich langsam und ich wurde, je voller das Flugzeug wurde, nervöser und nervöser. Zwei Jahre bin ich jetzt unterwegs. Ich lächelte - das wird bestimmt spannend. Mein kleines, persönliches Abenteuer, dachte ich mir und lehnte mich zurück.

Das Flugzeug startete und erhob sich in die Lüfte. Ich starrte aus dem Fenster und versprach in Gedanken, nicht allzu viel Chaos anzurichten. Als ob das möglich wäre, dachte ich mir schmunzelnd. Aber der Wille ist ja das, was zählt, pflegt man doch so schön zu sagen.

Ich ließ mich in den Sessel zurückfallen, stöpselte meine Kopfhörer in meine Ohren und drehte die Musik auf. Ich schloss die Augen und malte mir verschiedene Szenerien aus, wie es werden könnte, wo ich eigentlich schon im Voraus weiß, dass es nie passieren wird, aber, naja, man darf ja noch träumen.



𝙳𝚎𝚛 𝚠𝚎𝚒ß𝚎 𝚃𝚎𝚞𝚏𝚎𝚕 𝚒𝚜𝚝 𝚠𝚒𝚎𝚍𝚎𝚛 𝚍𝚊 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt