Kapitel 9.

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Lexas pov.

Ich sah Clarke hinterher wie sie im Pier verschwand und fühlte mich seltsam. Ich war irgendwie erleichtert als ich sie auf der Bank neben mir spürte und für einen kurzen Moment das Gefühl hatte nicht allein zu sein. Allerdings war sie auch betrunken und würde vermutlich am nächsten Tag bereuen, dass sie mich mit zu sich genommen hatte. Ich wusste gar nicht wieso ich so negativ dachte, ich mochte Clarke, aber ich wollte sie durch meinen psychopatischen Stiefvater nicht erschrecken. Ich konnte es einfach niemandem erzählen. Ich würde mich in Schwierigkeiten bringen und meine Familie genauso. Mason hatte schon ganz recht als er sagte, dass er derjenige war, der dafür sorgte dass ich ein Zuhause bekam und ein anständiges Leben führen konnte und nicht wie andere als Sozialfall im Kinderheim verkommen musste. Das was er mir antat war vermutlich einfach der Preis den ich dafür zahlen musste und so schlimm wie es heute war, war es auch schon lange nicht mehr. Es hatte sich eine Routine eingestellt. Jeden Freitag um die selbe Uhrzeit. Es gab so weit ich mich zurück erinnern konnte, keinen einzigen Freitag an dem ich zu spät kam. Er war vermutlich einfach nur aufgebracht und hat sich gesorgt. Es wäre vermutlich besser, wenn ich jetzt zurück gehen würde. Ich hatte angst, egal wie ich mich nun entscheiden würde, es würde Konsequenzen haben.

Ohne es zu bemerken, trieben mich meine Beine hinunter zum Strand. Es war so ein friedlicher Ort und es gab für mich nichts Schöneres als den Sternenklaren Himmel und das leise Rauschen der Wellen. Es wehte ein leichter Wind und ich spürte wie dieser mir eine Gänsehaut bescherte. Es war ganz schön abgekühlt. Ich ließ mich in den Sand fallen und sah hinauf zu den Sternen. Ich fragte mich oft ob die verschwundenen Seelen wirklich da oben auf uns warten würden, ob sie sehen konnten, was hier unten bei uns auf der Erde so geschah, ob sie fühlen oder vermissen konnten. Insgeheim hoffte ich, dass sie es nicht konnten. Meine Eltern würden sich mindestens genauso hilflos fühlen wie ich. Sie mussten zusehen wie ich kläglich versuchte mein Leben zu leben und wöchentlich daran scheiterte, wie ich mich allein fühlte, wie ich ständig aus meiner gerade angewohnten Umgebung gerissen wurde, sie müssten zu sehen wie sehr ich daran zerbreche sie nicht bei mir zu haben, sie konnten mich vor meinem Dämon nicht beschützen.

„LEXA?" eine mir vertraute Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Dachte ich zumindest, als ich mich auf meine Umwelt konzentrierte und meine Gedanken abschaltete, hörte ich nichts mehr außer das Rauschen der Wellen.

„LEXAAA verdammt es kann doch nicht angehen...." Ich hörte es wieder und erkannt in meinem vollen Bewusstsein auch, dass es Clarke war. Ich stand auf und bewegte mich Richtung Pier. „Ich bin hier" rief ich ihr leise zu. Es dauerte nur wenig Sekunden als das engelsgleiche Mädchen auf mich zugestürmt kam und mich fest umarmte. „Oh Gott mach das nie wieder, hörst du? Ich hab gedacht, er ist zurück gekommen......" Sie löste sich und sah mich mit ihren funkelblauen Augen besorgt an. „Lexa, wir müssen dein Gesicht kühlen, das sieht gar nicht gut aus." Ich versuchte zu lächeln. „Das nehme ich dann jetzt mal als Kompliment." Scherzte ich kläglich. Wir gingen schweigend nebeneinander her und ich verlor mich wieder in meinen Gedanken. Es war so ungewohnt, dass sich jemand um mich sorgte. Costia und Nia waren zwar auch für mich da, aber es fühlte sich irgendwie anders an. Ich hatte das Gefühl, die beiden würden sich nur für mein breitestes Lächeln interessieren, auch wenn gerade Costia immer anderes behauptete. „Wenn du darüber reden möchtest Lexa, ich bin ein guter Zuhörer und kann schweigen wie ein Grab!" ich musste schmunzeln und bemerkte dabei, wie mein Gesicht schmerzte. „Eigentlich gibt es gar nichts zu erzählen. Das war einfach nur ein... Missverständnis mit meinem ... ähm, Vater." Clarke nickte während sie ihren Blick auf den Gehweg richtete. Ich spürte, dass sie mir nicht glaubte, aber ich war einfach nicht bereit dazu, ihr etwas über mich zu erzählen. Wir kannten uns ja kaum. Nach einer kleinen Weile standen wir vor einem süßen Haus. Die Veranda vor dem Haus war schön beleuchtet und es sah wirklich einladend aus. „Und es ist wirklich in Ordnung für deine Eltern wenn ich einfach so, mitten in der Nacht bei euch bin?" Clarke lächelte sanft und fasste mir beruhigend auf die Schulter. Sie war ein sehr körperbetonter Mensch, was für mich sehr ungewohnt war. Allerdings musste ich mir eingestehen, dass es sich gut anfühlte Nähe und Zuneigung von einem anderen Menschen zu spüren. „Meine Mum ist ganz entspannt Lexa und wie ich schon sagte sie arbeitet heute in der Nachtschicht. Seit dem mein Dad verstorben ist, macht sie eigentlich nichts anderes mehr." Oh nein, ich war so ein unsensibler Vollidiot. „Ich ... Ähm... Ich wusste nicht... Es tut mir leid Clarke..." Ihr Griff an meiner Schulter wurde fester. „Alles gut, konntest du doch überhaupt nicht wissen. Komm, lass uns reingehen. Ich werde dir als erstes Eis für dein Augen besorgen und dann können wir es uns gemütlich machen. Möchtest du vielleicht noch Duschen oder so? Dann lege ich dir gleich Handtücher raus." Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Ich nickte verlegen. „Das wäre toll." „Dachte ich mir, so nach der Arbeit, dann komm rein, wenn du den Flur runter gehst ist auf der linken Seite die Küche, bedien dich ruhig, im Kühlschrank müsste noch frischgepresster Orangensaft sein, ich richte dir kurz das Bad her." Schüchtern ging ich den Flur entlang und blieb an einer Wand voller Fotos stehen. Als erstes fiel mir ein Bild ins Auge, auf dem Clarke vermutlich mit ihren Eltern herzhaft lachte. Auf einem anderen Bild, saß sie bei einem Mann, vermutlich ihr Vater, auf dem Schoß und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, was ihn selig Grinsen ließ. Meine Kehle schnürte sich zu. Es musste ein tolles Gefühl sein, einen Vater zu haben und eine Mutter zu der man aufsehen kann, bei der man sich über seinen ersten Liebeskummer ausweinen kann, mit der man gemeinsam kocht und ausgelassen ist. Das Leben konnte so ungerecht sein. Ich schloss meine Augen und erinnerte mich an das letzte Mal als ich meine Mutter sah. Ich hing wie ein Klammeräffchen auf ihrem Arm und wollte sie nicht gehen lassen, meinen Kopf vergrub ich in ihren Haaren. Ich erinnerte mich an ihren Geruch und bemerkte wie Tränen in meine Augen aufstiegen. Ich hörte Clarke auf der Treppe, fuhr mir schnell mit beiden Händen durchs Gesicht und drehte mich lächelnd zu ihr um. „Wirklich süße Fotos..." sie lächelte zurück. „Komm ich bring dich ins Bad.!" Ich folgte ihr. Auf der Treppe blieb mein Blick an ihrem äußerst schön geformten Po hängen. Als ich bemerkte wie sehr ich ihr auf den Hintern starrte wurde ich rot und erschrak über mich selbst. Konnte man von alkoholisiertem Atem eines Anderen betrunken werden? Ich fürchte nicht.

Clarke zeigte mir das schöne Badezimmer. Sie hatte mir Handtücher bereit gelegt, eine Zahnbürste und einen Schlafanzug von ihr. „Der müsste passen. Fühl dich wie Zuhause, wenn du fertig bist ich bin genau gegenüber!" „Danke Clarke, ich weiß gar nicht wie ich dir dafür danken soll!" Es war mir unangenehm, ich war soviel Fürsorge einfach nicht gewohnt und wusste nicht so recht wie ich mich verhalten sollte ohne wie ein vollkommener Trottel zu handeln. Clarke signalisierte mir mit einer Handbewegung, dass alles in Ordnung war und sie das gerne für mich tat und ließ mich anschließend in Ruhe Duschen. Nach dem ich den Dreck meines Dämons von mir abgewaschen hatte, betrachtete ich mein demoliertesGesicht im Spiegel. Super, das tiefe blau betonte das Grün auf meinem nicht zugeschwollenen Auge wirklich wunderbar. Mir wurde jetzt schon anders als ich an die Fragen in der Schule dachte und arbeiten konnte ich so vermutlich auch nicht... Ich trocknete mich ab, wickelte meine Haare in einen Handtuchturban zusammen und schlüpfte in Clarkes Schlafanzug. Ich musste zugeben, er roch genau so gut wie sie und das machte mir ein wohliges Gefühl in der Magengegend. Wie abgesprochen, ging ich direkt danach zu ihr ins Zimmer. Sie saß auf ihrem Bett und zeigte auf ein Gästebett neben ihr. „Mach es Dir gemütlich. Ein Icepack habe ich dir auch mitgebracht." Ich setzte mich dankbar hin und hielt mir mit einem leicht schmerzerfüllten Gesicht das Eis auf mein Gesicht. „ich weiß nicht, wie ich das jemals wieder gut machen kann.. Wir kennen uns doch garnicht, du müsstest das alles nicht für mich tun." „Ich würde dich gerne besser kennenlernen, wenn du mich lässt, wäre das eine äußerst passende Rückvergütung." Ich musste lachen. „Okay, das klingt nach einem unfairen Deal. Für dich jedenfalls!" Nun musste auch Clarke lachen. Ihre Augen funkelten dabei und sahen mich mit einer Intensität an, als ob sie gleich durch mich durchschauen würde. Es fühlte sich nicht unangenehm an, sondern eher im Gegenteil, ich konnte dem Blick nur schwer entfliehen und hätte sie am liebsten die ganze Nacht so tiefgründig angesehen.



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