Kapitel 3 - THIS IS WHERE I BELONG

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„Und wie!"

In den nächsten zwei Stunden bekomme ich das Museum in all seinen Facetten vorgestellt – Mrs Colter hat sich wirklich Zeit genommen, um mir die Räumlichkeiten zu zeigen. Außer mir machen noch zwei weitere Mädchen ein Praktikum in der Gallery: Tessa und Diana. Tessa ist von ihrer Größe her zwar ziemlich klein, aber kompensiert das Ganze mit ihrem unfassbar trockenen Humor und einer sehr direkten Art. Sie bevorzugt anscheinend eine durchgehend schwarze Garderobe, denn sie trägt einen schwarzen Pencilskirt, eine schwarze Bluse, schwarze Strumpfhose und schwarze Lederstiefel. Sie hat dunkelbraune, leicht gewellte Haare, eine Stubsnase, eine extrem dreckige Lache und einen Nasenpiercing. Ihre Lippen sind knallrot geschminkt, was bei ihr aber nicht billig aussieht, sondern richtig stilvoll wirkt. Ich kann es gar nicht anders beschreiben: Tessa ist einfach verdammt cool.

Diana ist – und ich weiß, man sollte nicht vorschnell urteilen, aber... – sie ist einfach das perfekte Musterbeispiel einer typischen, reichen Londoner Vorstadttochter, die diesen Praktikumsplatz mit Sicherheit nur bekommen hat, weil Daddy ein paar Strippen ziehen konnte. Sie hat rote Haare, die so glatt sind, dass ich mich frage, wie lange man sie auf ein Bügelbrett gelegt und mit einem Bügeleisen bearbeitet hat, um sie so hinzukriegen... Ich bekomme so etwas beim besten Willen nie im Leben hin.

Außerdem trägt sie einen beigefarbenen Kashmirpullover, dazu eine roséfarbene Skinny-Jeans und natürlich die obligatorische Perlenkette mitsamt Ohrringen. Hinzu kommt, dass sie ungünstiger Weise die höchste Stimme hat, die ich in meinem ganzen Leben gehört habe, was sich irgendwie leicht unangenehm anhört...und Tessa sichtlich auf die Nerven geht.

Nach der Tour durch das Museum haben wir netterweise erst einmal eine kurze Pause, da Mrs Colter einige Unterlagen für uns zusammensuchen muss, was dafür sorgt, dass wir Praktikantinnen den Personalraum und vor allem die dort ansässige Kaffeemaschine in Beschlag nehmen können. Tessa ist, genau wie ich, abhängig von Kaffee, was sie mir sofort noch sympathischer macht.

„Erzähl mal, woher kommst du genau, Emma?", fragt sie mich, während sie die Tasse an ihre roten Lippen setzt und den Kaffeeduft vor dem ersten Schluck genüsslich einatmet.

„Aus Berlin – also nicht direkt aus Berlin, sondern aus einem kleinen, verschlafenen Minidorf in der Nähe von Berlin. Ich habe dann aber tatsächlich auch in Berlin zum Studieren gewohnt. Und du?"

„Aus Brighton.", sagt sie. „Früher war es stink langweilig dort... So ein typisches Küstenstädtchen, wobei sich die Szene mittlerweile geändert hat. Musiktechnisch auch – Gott sei Dank! Inzwischen treten da sogar ziemlich viele coole Bands auf. Hat sich so ein bisschen zum Sprungbrett entwickelt... waren schon einige dort, die kurze Zeit später einen riesen Durchbruch hatten – ich ha-"

„Bestimmt auch One Direction!", unterbricht Diana Tessa begeistert. Ich schaue sie verwirrt an. Hä? Wer zum Henker ist One Direction?

Tessa allerdings scheint zu wissen, wovon die Rede ist – und rollt demonstrativ mit den Augen. „Nein, nicht One Direction.", antwortet sie, wobei sie den Namen mit ziemlich großer Abscheu ausspricht. „Ich meine damit Bands, die NICHT durch einen Fernsehauftritt in einer beschissenen Castingshow berühmt wurden – sondern, so Bands, wie zum Beispiel Bastille... Die haben dort übrigens eines ihrer ersten Konzerte zusammen gespielt."

„Oh mein Gott, ich liebe Bastille!", rufe ich – sehr enthusiastisch (okay, ich muss möglicherweise dringend lernen meine Begeisterungsfähigkeit unter Kontrolle zu halten... aber hey – es handelt sich hier um eine meiner Lieblingsbands, also egal!) „Sag bloß du warst auf diesem Konzert, ich habe schon in einem Interview davon gelesen! Gott, ich bin ja so neid-", fahre ich begeistert fort und möchte schon in eine tiefgehende Diskussion eröffnen, doch Diana unterbricht erneut unser Gespräch.

Down in AlbionWhere stories live. Discover now