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Schmerzen.

Kopfschmerzen.

Herzklopfen.

Das Geräusch meines Pulses.

Auf und Ab.

Immer wieder.

Schwer Atmend erwache ich auf einem Krankenbett, mitten in einem unbekannten Raum. Mein Kopf ist leer. Das Piepen meines Pulses ist auf einem Monitor neben mir zu hören. Das einzige Lebenszeichen, was ich von mir bekomme. Das Atmen fällt mir schwer. In meinen Nasenlöchern befinden sich Schläuche die zu einem Gerät führen was mich mit Sauerstoff versorgt. In einer Wand vor mir ist eine makellose Tür eingebaut. In meine Ohren dringt immer wieder das zischen des Windes wenn es hindurchzieht. Aber keine Stimmen. Keine Schritte. Stille. Die reinste Ruhe. Das einzige was ertönt ist das Lebenszeichen von mir.

Wo bin ich?

Warum bin ich hier?

Unbeantwortete Fragen schwirren in meinem Kopf und füllen die Leere in ihm. Sicher selbständig atmen zu können ohne das Bewusstsein zu verlieren, entreiße ich das Röhrchen aus meinen Nasenlöchern und lasse es zu Boden fallen. In der Hoffnung das ein lautes piepsen ertönt, scheint alles zu schweigen. Der Monitor wird schwarz und mein Lebenszeichen, verbleicht. An mir trage ich einen weißen Kittel, wie sonst die Leute die sich in einem Krankenhaus befinden. Aber dieses hier ist kein Krankenhaus. Nicht das ich es mit Sicherheit wüsste. Nein, aber es erscheint mir zu unkomfortabel und zu anders. Es hat eine komplett andere Wirkung als ein normales Krankenhaus. Es wirkt verlassen und kalt. Meine Füße streifen den Boden. Ein kribbeln zischt an meinem Rückenmark vorbei. Beton. Die Wände sind leer, jedoch kann man deutlich erkennen das da einst eine Tapete hing und Bilder- Bilder, Erinnerungen. Wenn ich jemals Bilder gesehen habe, dann waren es Erinnerungen an das schöne leben, das wir einst hatten. Als wir alle vereint waren, und uns noch mit den Nachbarn stritten. Das Alltägliche ist auf Bilder festgehalten worden. Ich kann mich noch genau daran erinnern, als ich damals in meinem Bett rumkauernt, das leben verabscheute. Ja, manchmal habe ich mir sogar gewünscht das es endlich mal etwas anderes geben soll, anstatt das, Aufstehen, Essen, Schule, Freunde, Familie und Schlafen  Ritual. Meinem Bruder war alles egal, ihm war es nur wichtig Mom und Dad dabei zu haben. Er war ein totaler Familienfreund. Und ich ein Feind. Ihn muss es von uns am schlimmsten erwischt haben, als wir uns alle trennen mussten. Ich bin nicht freiwillig gegangen, ich wurde gezwungen. Gepackt und in einen Menschen überfüllten Transporter gesteckt und weggeführt. Der Schweißgeruch der Menschen hängt mir bis heute noch in meiner Nase. Das Weinen der Kinder. Die Dunkelheit.

Die Dunkelheit erfüllte uns damals stundenlang mit Sorge. Keiner wusste wohin, keiner so recht warum. Als ich im Transporter gefangen war, da merkte ich wie gerne ich den Alltag doch hatte. Wie gerne ich das Ritual einfach weiterführen wollte. Wie sehr ich meine Familie vermisse. Und jetzt gefangen in einem verlassenen Raum, denke ich darüber nach, und schäme mich dafür, das es erst soweit kommen musste um mir klar zu machen, wie wichtig sie mir doch alle sind. "Willkommen Azira..." eine Stimme halt durch meinen Raum, erschrocken blicke ich in alle Richtungen doch scheine keine Lautsprecher ausfindig machen zu können. " Ich bin froh das es dir gut geht..." Ein blasses Bild erscheint auf einer Wand. Als wäre es ein Abspann eines Beamers. Graue Haare. Dicke Augenbrauen und schmale Lippen. " Um dich zu beruhigen, du bist hier nicht allein..." Ich nähere mich der Wand zu und versuche mit meinem Zeigerfinger sein Gesicht nachzufahren. Er erscheint mir so bekannt. Seine Stimme klingt so sanft und Farbenfroh. So lebendig. " neunundneunzig weitere befinden sich in den Gegenüberliegenden Räumen. Alle genauso verwirrt wie auch du selbst. Aber du bist nicht wie die anderen Azira. Ich kenn dich ich weiß das du anders bist." Ich kenne dich. Die Worten hallen in meinem Kopf herum. Es gibt keinerlei Verbindung zu ihm und mir. " Azira. Die Wissenschaft ist außer Kontrolle geraten. Die Menschheit, sie ist nicht mehr so wie sie einst war.." ein ruckeln erscheint und das Video verstummt für einige Sekunden bis er weiterspricht, und sich mir immer ein größerer Knoten im Hals bildet.

" Ihr seid die Auserwählten! Ihr müsst die Welt zu dem machen was sie einst war! Wenn du es nicht schaffst. Werden alle sterben." Ein kribbeln läuft mir am Rückenmark entlang als mir auffällt wer das auf dem Video überhaupt ist. Die Stimme. Diese viel zu großen Augenbrauen und die zerzausten Haare. Dylan. Ein Schrei schnürt sich zusammen doch es gelingt mir einfach nicht in frei zu lassen. " Du musst den anderen helfen Azira! Du musst sie bilden! Sie trainieren, ihnen Kraft schenken! Sie werden dir alle vertrauen, solange du auch ihnen vertrauen kannst, kannst du ihnen vertrauen?" zittrig beantworte ich diese Frage mit einem stummen nicken. Obwohl mir klar ist das er nicht weiß, wie ich antworten würde. " Ihr dürft nicht erwischt werden! Wenn ihr gefangen seid, ist alles vorbei! Ich glaube an dich Azira, genauso wie ich auch an den Fluss geglaubt habe" Eine Waffe erstreckt sich vor seiner Schläfe. Bewaffnete Wächter sind eingedrungen und schlagen ihn mit Fäusten. Der Fluss. Es ist Dylan und er wird geschlagen und ich kann es nicht einmal verhindern.

Nein.

Nein.

Nein.

Bitterlich fange ich an zu weinen. Der Anblick wie er zugerichtet wird lässt mich senkrecht zu Boden kippen. Auf meinem Kittel sind zahlreiche nasse Tropfen  meiner Tränen, von Kummer und Verständnislosigkeit.

Ein Knall ertönt.

Blut klebt an der hinteren Wand im Video.

Geschrei von Weiblichen Stimmen dringen von allen Seiten.

Schwarz.

Meine Stirn ist schweißnass und jeder Luftzug der durch meine Tür dringt, erfüllt mich mit Eiseskälte.

Mein Körper zittert. Die Kehle in mir ist zugeschnürt so da kein einziges Wort aus ihr dringen kann. Vor meinen Augen kippt und dreht sich alles. Der komplette Raum ist mit düsterer Kälte erfüllt, nirgendwo bekomme ich etwas wärme um meine Gedanken ein wenig Ordnen zu können. Das Pochen meines Herzens wird immer schneller, ich bin mir sicher wenn jemand das Zimmer betreten würde, meinen Herzschlag hört. Meine Blonden Haare kleben mir an der feuchten Stirn. Und noch immer habe ich nicht realisiert was sich da eben abgespielt hat.

Dylan.

Tot.

Zwei Dinge die unmöglich zueinander gehören, oder gar passen. Ich habe ihn kaum erkannt, er sah älter aus. So viel älter...

Was ist mir nur widerfahren. Nein. Was ist nur uns widerfahren.

Warum waren seine letzten Worte das wir es aufhalten müssen, die Welt retten, denn ansonsten werden alle sterben?

Warum bin ich seine Auserwählte?

Er kannte mich kaum, dennoch kann ich die Verbindung zu ihm spüren.

Seine Kraft scheint in mir zu sein.

Ein lautes Quietschen ertönt. Mit einem Seitenblick sehe ich wie sich die Tür langsam öffnet.

Stimmen.

Sie scheinen alle draußen zu sein.

Die Armee die ich jetzt leiten muss.

Den Krieg den wir beenden werden.

Es hat begonnen.

Und es wird auch bald Enden. 

The SurvivorsWhere stories live. Discover now