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Schweißgebadet wache ich auf. Eine Himmelsblaue Wand steht direkt vor mir. Die Sonne ist schon weit oben angelangt, es muss ungefähr Mittag sein, stelle ich fest und mein kurzer Blick auf die Uhr bestätigt meine Vermutung. Ich habe mich schon lange nicht mehr so erholt gefühlt. Der Geruch von Schnaps und Bier erfüllt den Großteil des Hauses. Den Intensiveren Geruch bekomme ich erst unten zu spüren. Sue schläft stockbesoffen auf der Couch, sie hat den Fernseher vergessen auszuschalten. Der Nachrichtensprecher lässt mich verharren als ich Worte wie erneute Seuche, Lebensgefahr, und Tote zu Ohren bekommen. Entsetzt setze ich mich nieder und schaue den flackernden Bildern im Bildschirm zu. Mein Herz scheint mir gleich über die Brust zu springen. Mein Blut fließt mit Nervosität und Angst durch die Adern. Krampfhaft versuche ich Sue aus ihrem Tiefschlaf zu wecken doch außer einem leichten stöhnen scheine ich nichts weiteres Bewirken zu können.

Draußen prallt die Hitze auf meine Haut. Dylan. Ich muss Dylan finden. Die Straßen sind wie leer gefegt. Tränen laufen mein Gesicht hinunter und ich versuche sie nicht einmal abzuwischen. Nein. Ich lasse sie laufen. Es hat wieder angefangen. Erneut werden Menschen sterben. Erneut kommen die Wächter, das eingezäunte Leben und alles was ich mit krampfhaften inneren schreien versuche zu verstecken. Es wird nie aufhören. Es wird immer wieder kommen, solange bis nicht alle Menschen endgültig gestorben sind. Ich sehe die Welt nur noch verschwommen vor mir. Das Leben, die Freiheit die ich gestern erst in mich hineingesogen habe, verschwindet. Meine Seele schreit innerlich und ich kann nichts daran ändern.

Dylan steht am Rand seines Hauses und scheint gerade in eine Unterhaltung mit Ty und Lucian verwickelt zu sein. Lucian scheint ein noch ausdrucksloseres Gesicht zu haben als Dylan. Sie sehen alle verzweifelt aus. Meine Vermutung geht schwer davon aus, das sie die Nachrichten bereits gesehen haben. Ich trotte zu ihnen hinüber und Ty schafft es noch gerade mich am Oberarm zu packen damit ich nicht auf meinen Knien einsinke.
" Was ist los?" fragt Dylan ruhig und versucht in meine Augen zu blicken.

Sauer reiße ich Ty meinen Arm weg, und versuche mit Letzt gebliebener Kraft Aufrecht zu stehen.

Worte die in meinem Kopf umherschwirren versuche ich zu Worte zu bringen

" Sie hat wieder angefangen." Meine eigene Stimme klingt wie die eines Fremden. Als hätte ich sie seid Jahren nicht mehr zu Ohren bekommen. Meine Augen schwanken hin und her, ich scheine die Beherrschung meiner Lider auch zu verlieren. Die Verzweiflung in mir hat gewonnen, ich sacke wie ein Beutel Mehl zu Boden.

Die Dunkelheit erscheint vor meinen Lidern.

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Kälte durchströmt meinen Körper und erzeugt eine klare Gänsehaut auf ihr.

Als ich mich Aufrichte scheinen wir längst den Boden unter den Füßen verlassen zu haben. Wir befinden uns auf einem Hubschrauber. Auf dem Hubschrauber um genau zu sein, mit dem ich von Kanada nach Atlanta verlagert wurde. Alles an mir fühlt sich schwach und krank an. Immer noch sehe ich den Nachrichtensprecher vor mir. Sein gepflegtes Äußeres, sein Anzug, Seine perfekt liegende Krawatte und dann die Worte die aus seinem Mund hallen. Wie Messerstiche die sich in mein Herz einbohren. Worte die ich Nachts in meinen Träumen und auch Tagsüber vor Augen haben werde. Er sprach dies mit so einer Gelassenheit, als wäre es das selbstverständlichste was gerade passieren würde. Kein Hauch von Angst oder Mitgefühl. Starr wie eine Puppe. Ihm scheint es wohl gut zu gehen. Ein sicheres Leben wird ihm wohl garantiert, doch sobald er auch nur jemanden verliert der ihm etwas Bedeutet, wird er rennen. Er wird verschwinden, abtauchen und jemand anderem seinen all so guten Job machen lassen. So wie es alle gemacht haben. Weil genau das, dass Selbstverständlichste ist.

" Du scheinst wohl wieder wach zu sein." Die sanfte Stimme erscheint vor mir.

" Ja, kann man wohl so sagen." Mein Hemd löst sich nur schwer vom Metallischem Boden.

" Du hast uns alle einen großen Schrecken eingejagt als zu da vor allen eingenickt bist." sagt er und ein leichtes mitfühlendes lächeln, kann ich auf seinen dünnen Lippen entziffern.

" Was ist eigentlich mit Sue?" frage ich und spüre wie besorgt meine Frage doch rüberkommt.

" Wir konnten sie ja schlecht besoffen mitfliegen lassen, wir haben meinen Dad deshalb darum gebeten einen Blick auf sie zu werfen und sie darüber zu informieren wo wir uns gerade aufhalten."

Ich nicke stumm in mich hinein.

" Ihr habt wohl mitbekommen, das die Seuche mal wieder einen Durchbruch geschafft hat." sage ich und senke besorgt den Kopf.

" Ja. Wir alle waren erschaudert, aber es war irgendwie vorhersehbar das sie niemals enden wird." Der Klang seiner eben noch zarten Stimme ist verflogen. Es ist als säße nicht Dylan neben mir, sondern ein Wächter. Dessen Farbenlose Stimme in das Gedächtnis der

Unvergessenheit gerät. Und selbst der kleinste Laut einen sofort an die Vergängliche Zeit und dessen Qualen bringt. Ein Schauder läuft mir dabei den Rücken hinunter. Sein Blick zeigt mir an, als hätte er gemerkt das mir eine Erinnerung hochkam.

" Wohin fliegen wir?" sage ich schnell, um uns auf andere Gedanken zu bringen.

" Nebraska." antwortet er kalt, als würde der Themawechsel nichts an seiner Vermutung ändern.

" Hey ihr beiden, macht euch Lande bereit, wir machen einen kleinen Zwischenstopp."

Ty schielt über den kleinen Bogen zwischen dem Cockpit hindurch.

Die Landung erfolgt etwas wackelig sodass wir uns alle an etwas halten müssen, wo wir sicher sind nicht gleich runterzufliegen. Lucian befiehlt uns allen Sicherheitshalber Gasmasken überzuziehen, solange wir nicht wissen wie sich die Luft hier verhält, und durch welche Art sich das Virus hier verbreitet. Es kommt wirklich alles infrage, vom kleinsten Grashalm bis hin zu einem Biss.

Ich fühle wie allen der Atem stehen bleibt als wir einen richtigen Blick auf die Landschaft werfen. Es ist alles andere als lebendig...


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