.24/1 - Auf der Flucht

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„Und nun kommen wir zum Zeremonie. Ich bitte das Paar und die Eltern auf die Tanzfläche", rief der DJ durch das Mikrofon und riss meine Aufmerksamkeit auf sich. Freudig atmete ich auf und sah, wie die Frau meines Vaters grinsend von ihrem Stuhl aufstand und mit kleinen, eiligen Schritten auf die Tanzfläche lief. Ihr bordeauxrotes, langes Kleid stand ihr sehr gut, doch vielleicht war die Länge etwas zu lang. Sie hob ihr Kleid etwas hoch und lief auf meinen Vater zu, der schon grinsend vor der Tanzfläche auf sie wartete. Mein Blickfeld fing an sich zu verwischen. Händchen haltend liefen sie gemeinsam die letzten Schritte zum Paar und grinsten sich gegenseitig an. Die Glückseligkeit meines Vaters konnte ich spüren und es tat weh, ihn so zu sehen. Glücklich mit einer anderen Frau. Glücklich mit einer anderen Familie an seiner Seite. Glücklich ohne meine Familie und mich. Mein Herz zog sich zusammen und ich wandte meinen Blick von der Tanzfläche ab. Eine Träne kullerte mir ungewollt aus meinen Augen, sodass ich unbemerkt sie wegzuwischen versuchte. Doch zu meinem Glück, hatte Eymen mein unwohles Verhalten bemerkt. Er ließ seinen Arm um mich gleiten und drückte mich geschickt gegen seine Brust. Ich nistete meinen Kopf unter seinem Hals und versuchte mit einer Hand die kommenden Tränen wegzuwischen. „Ich bin bei dir", flüsterte er nun zu mir runter und strich mit seiner Hand an meinem Oberarm. Ein Lächeln huscht über meine Lippen und ich sah zu ihm auf. „Danke", brachte ich brüchig zusammen und versuchte mich zusammen zu reißen. Unerwartet fing jeder im Saal an zu klatschen und ich blickte erschrocken auf. Das Paar fing an, auf ein langsames Lied grinsend zu tanzen. Der DJ forderte sogleich andere Paare dazu, das Paar nicht alleine zu lassen. Und schon kam die verlogene Schlange grinsend auf unseren Tisch zu, sah uns auffordernd an und wies mit einem Handzeichen auf die Tanzfläche, die wohl so heißen sollte, dass wir auch tanzen sollten. Verdutzt sah ich sie an und wich sogleich aus ihrem Blick. „Geht doch auch tanzen", schlug Tante Zühal nun lächelnd vor und strich mir über meinen Oberschenkel. Ich schüttelte unbeeindruckt mit dem Kopf. „Ich will nicht", nuschelte ich lediglich trocken und sah wieder auf die Tanzfläche. Als ob ich auf die Aufforderung der verlogenen Schlange eingehen würde! Und als ob das nicht ausreichen würde, standen mein Vater und die Ehefrau nun auch noch auf der Tanzfläche und das direkt vor meiner Nase. Seufzend sah ich zu Eymen rüber, der meinen Blick sogleich verstand. „Wenn du willst, können wir gehen, Bade", bot er an und lehnte sich gegen den Tisch an. „Nein", zischte ich sogleich und kreuzte meine Arme vor meiner Brust. Ich wollte ihr diesen Sieg nicht gönnen. Nicht heute. Ohne zu zögern wagte ich einen neuen Blick auf die Tanzfläche und schwor mir, dass ich bei diesem glücklichen Anblick mich nicht verrückt machen würde. Eymen seufzte auf und lehnte sich wieder zurück an seinen Sitz. Unerwartet griff er nach meiner Hand und fing an, mit meinen Fingern zu spielen. „Was machst du?", wollte ich mich verwundert erkunden und wich dem Blick auf die Tanzfläche nicht. „Mir ist langweilig", schnaubte er genervt auf und fing diesmal an, mit meinen Haaren zu spielen. Lachend sah ich zu ihm rüber. „Du benimmst dich wie ein Kind, Eymen", stellte ich immer noch lachend fest und griff nach seiner freien Hand. „Theoretisch gesehen bin ich es ja auch", argumentierte er grinsend und deutete mit seinen Augen auf meine Schwiegereltern. „Dummkopf", kicherte ich und stand von meinem Sitz auf. „Wohin?", fragte er überrascht, doch ich zog ihn grinsend ohne ein Kommentar mit auf die Tanzfläche.

„Ich habe gedacht, dass du nicht tanzen wolltest?", signalisierte er grinsend auf meine voreilige Entscheidung. Er griff mir sachte um meine Taille und zog mich sogleich zu sich. Lächelnd legte ich meine Hand auf seine und fing an mit ihm im Takt des langsamen Liedes hin und her zu wippen. „Tja weißt du, ich musste einem gelangweiltem Kind Unterhaltung anbieten, sonst würde seine Mutter mich köpfen", witzelte ich gelassen, sah währenddessen über seine Schulter durch die volle Tanzfläche. Er hingegen stützte lachend seine Wange an meine Schläfe ab und so wippten wir zum Lied hin und her. Ohne große Überanstrengung tanzten die Eltern von Erdal in mein Blickfeld rein, sodass ich grimmig sie zu beobachten anfing. „Hör auf, deinen Abend so zu versauen. Genieß den Abend einfach und blende ihn aus", schlug Eymen nach stillen Runden vor. „Versuche ich schon", seufzte ich auf und wandte meinen Blick nun auf das frisch verlobte Paar. „Aber solange sie immer wieder vor meiner Nase auftauchen, funktioniert das nicht so wie gewünscht", nuschelte ich und warf meine Haare hinter meine Schulter. „Immerhin begleitet dich zur Ablenkung ein richtig gut aussehender Mann. Glück gehabt, Frau Özbay", flüsterte er gelassen in mein Ohr und brachte mich zum Schmunzeln. „Da muss ich Ihnen wohl oder übel Recht geben, Herr Özbay", erwiderte ich kichernd und spürte in der nächsten Sekunde, wie Eymen mir einen Kuss auf meine Schläfe hinterließ.

Als der DJ den Takt der Lieder wechselte, liefen wir sogleich wieder an unsere Plätze. Doch noch bevor ich mich setzten konnte, hielt mich Eymen an meinem Arm und griff nach meinem Mantel. Verwirrt sah ich auf und erblickte einen ruhigen Eymen, der auf die Aufmerksamkeit seiner Mutter wartete. Er hielt meinen Mantel hoch, den ich dankend um meine Armen streifte. Als dann Tante Zühal und Onkel Necati uns mit verwirrten Blicken beobachtete, lief Eymen die zwei Schritte auf seine Mutter zu und richtete ihr etwas in ihr Ohr. Ich konnte unter dem ganzen Lärmpegel nicht verstehen, sodass ich nichts wissend um mich sah. Alle Blicke der sitzenden Gäste waren auf uns gerichtet. Schwer schluckte ich den Speichel runter und sah beschämt auf meine Hände. Doch noch bevor die Minute schlug, zog Eymen meinen Kopf am Kinn hoch und lächelte mich aufmunternd. „Komm, wir verabschieden uns noch kurz", informierte er mich, nachdem er unsere Hände ineinander verschränkend, auf die Tanzfläche zurück lief. Zögernd tadelte ich ihm hinterher und spürte die vermehrten Blicke hinter meinem Rücken. Ich seufzte auf. Das könnte ein Theater geben.

„Müsst ihr jetzt gehen?", rief Sinem traurig und schloss mich in eine innige Umarmung. „Ja, ich habe morgen einen wichtigen Termin", beantwortete Eymen recht ruhig und brachte mich zum Grübeln. Hatte er wirklich einen wichtigen Termin? „Herzlichen Glückwunsch nochmal zu eurer Verlobung", nahm ich sogleich das Wort und wollte Erdal flüchtig die Hand schütteln. Doch bevor ich noch die Hand ihm entgegen strecken konnte, griff Eymen geschickt nach meiner Hand und hinderte mich so an meinem Vorhaben. Etwas überrascht, lächelte ich Erdal nur kurz an und bekam zu spüren, wie Eymen mich sogleich zu sich zog und seinen Arm charmant um meine Hüfte legte. „Also dann, viel Spaß euch noch", verabschiedete er sich im Namen für uns zwei, wandte ihnen sogleich den Rücken zu und lief zielstrebig auf den Ausgang zu. Am Ausgang verabschiedeten wir uns höflich von Sinem's Eltern und ich wurde gleich danach weiter auf den Ausgang gezerrt. „Eymen, kannst du etwas langsamer laufen? Meine Schuhe!", rief ich empört auf, während ich schwer auf dem Kieselweg Eymen's eiligen Schritten mit meinen Absatzschuhen stand zu halten versuchte. Er blieb stehen und sah mich prüfend an, bis er an meinen Stöckelschuhen stehen blieb. Sie waren schon in den Kies eingesunken, sodass ich Eymen's Arm als Stütze nahm. „Oh Sorry", entschuldigte er sich peinlich berührt. „Soll ich dich tragen?", bot er mir an, als wir wenige Schritte weiter liefen. „Achw-", wollte ich ihm sein Angebot abschlagen, doch ich wurde abrupt unterbrochen. Eymen hielt mich geschickt auf und sah mich grinsend an. „Ich war gerade noch am sprechen", ließ ich ihn genervt wissen, doch er lachte nur auf und nutzte die Zeit, um mir einen kurzen Kuss auf die Lippen zu legen. „Eymen!", rief ich empört auf und schlug ihm auf seine Brust. „Was den? Darf ich meine Frau nicht küssen?" – „Nicht wenn Bekannte um uns lauern!", versuchte ich ihm die Situation zu schildern, doch er zuckte resigniert mit den Schultern. „Mir ist es relativ egal, was die anderen über uns denken, Schatz", schmunzelte er mich ansehend und sah mich ruhig an. „Arschl-", und schon wurde ich durch einen weiteren Kuss unterbrochen. Doch dieses Mal war der Kuss inniger. Gieriger. Wenn sogar wilder. „Eymen", flüsterte ich schweratmend und stützte meine Stirn an seinen. „Ich liebe dich", flüsterte ich, legte meine Arme um seinen Nacken und nistete meinen Kopf an seiner Halsbeuge. Er lief jedoch einfach weiter. Seine dominante Parfümwolke schwebte an seinem Sakko, den ich zur Beruhigung in mich inhalierte. „Weißt du, wie sehr ich deinen Geruch liebe?", gestand ich ihm ehrlich und traute mich nicht in sein Gesicht zu sehen. Er lachte auf, blieb unerwartet stehen und ließ mich auf meine Beine stehen. „Ich weiß", flüsterte er langsam und stützte seine Hände an das Auto ab, der hinter mir stand. Nervös versuchte ich einen Schritt zurück zu laufen, doch spürte sogleich den Türgriff des Autos an meinem Rücken. Er jedoch kam mir noch näher und fuhr mit seinem Kopf an meinem Hals entlang. „Und ich erst deinen", nuschelte er heißer und küsste mich unerwartet an meiner nackten Halsbeuge. Ich schreckte kurz auf, sodass ich Eymen's Kopf ungewollt mit meiner Schulter schlug. Grinsend griff er um meinen Rücken den Türgriff und öffnete diesen. „Lass uns nach Hause fahren", wies er mich an, zog sich dabei aus meiner Halsbeuge zurück und ließ einen kurzen Kuss auf meine brennende Wange.

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Hallo meine lieben Leser!

Wie ihr auch an dem Titel erkennen könnt, habe ich dieses Kapitel in zwei aufgeteilt.

Das heißt: morgen kommt schon der nächste Teil online!

Ich würde mich daher sehr um Votes und Kommi's freuen!

In Liebe, xoxo neselii

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Ohne Dich.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt