.17 - Workaholic

3.5K 167 17
                                    

Als ich die braunen Augen sah, verschwand mein Lächeln augenblicklich.

Wir standen alle in einem Kreis. Eymen stand nervös auf meiner Linken, während der junge Mann auf meiner Rechten stand. Der ahnungslose Ercan stand direkt gegenüber von mir und merkte die plötzliche Behaglichkeit zwischen uns drei. In dem Moment merkte ich, dass dieser Zusammentreffen kein Zufall war sondern mein Schicksal. Ich gestand mir selbst nun endgültig den Zweck von Eymen ein, doch innerlich hoffte ich auf das Gegenteil. Auch wenn ich durch meine blickdichte rosa-rote Brille nun die nackte Wahrheit sehen konnte, überzeugte ich mich doch immer wieder vom Gegenteil. Er liebt mich,sowie ich ihn liebe.

„Hey", begrüßte Cihan verwirrt Eymen und mich, während ich ihn immernoch mit weit aufgerissenen Augen ansah. Mein Körper fing an zu zittern und ich verspürte die Wut in mir. Ich war sauer auf Eymen. Und genau in dem Moment schoss nur eine Frage in meinem Kopf. Wollte ich es wirklich? Wollte ich Eymen wirklich heiraten? Kaum zog ich Eymen an seinem Arm, rief meine Mutter unerwartet nach mir. Gezwungen lief ich ohne weiteres zu Sagen auf meine Mutter zu, die mich am Eingang ungeduldig beobachtete und spürte nur noch wie ich durch den Terminal mitgerissen wurde.

Als wir am Schalter eingecheckt hatten, saßen wir nun etwas entspannter vor dem Check-In Bereich und warteten geduldig auf den Einlass zum Flieger. Innerlich angespannt wippte ich mit dem Fuß hoch und runter und spielte mit den Gedanken hin und her. Mein Handy vibrierte in meiner Hand, sodass ich nervös meine Aufmerksamkeit dahin widmete.

Ich wusste nicht, dass dieser Spast mit Ercan befreundet ist – Eymen.

Grübelnd biss ich mir auf meine Wange und wusste im Geringsten nicht wie ich darauf reagieren sollte. Nach einer kurzen Überlegung schrieb ich die schreckliche Tatsache auf.

Ich wusste bis vor kurzem auch nicht, dass dieser Cihan dein Sandkastenfreund ist.

Ich blieb stehen und überflog den Satz. War es die richtige Entscheidung, kurz vor der Trauung so etwas zu schreiben? Mein Blick schweifte kurz zu meinen Müttern die kichernd sich etwas zu flüsterten. Schmerzlich blickte ich wieder auf mein Bildschirm und erblickte das Profilbild von Eymen, indem Ercan und Eymen grinsend einen Handschlag geben. Mein Blickwinkel verschwamm leicht, sodass ich kurz aufblicken musste. Eins war klar; Eine Trennung würde nicht nur die Beziehung zu Eymen und mir zerstören, sondern auch die jahrelange Freundschaft zwischen meiner Mutter und meiner künftigen Schwiegermutter, aber ebenso die unzertrennliche Bindung zwischen Ercan und Eymen lösen. Nachdem ich sie auch zum fünften Mal durchlas, entschied ich mich dagegen und löschte Wort für Wort die Wahrheit aus dem Bildschirm. Und erblickte stattdessen nun die Wörter: Wie haben sie sich den überhaupt kennen gelernt, weißt du da was?

Doch als Antwort kam lediglich ein Ich weiß es nicht, ist auch jetzt egal. Seufzend sah ich aus dem großen Fenster raus und nickte verletzt mit dem Kopf. Ja, es war nun tatsächlich auch egal.

[..]

Als wir endlich im Flieger saßen, nahm ich meine Kopfhörer zur Hand. Ich musste mich beruhigen und dafür war das beste Mittel, Musik zu hören und nebenbei zu zeichnen. Ich nahm meinen Entwurf aus meiner kleinen Handtasche und meinen Bleistift raus. „Das Kleid ist wirklich schön", äußerte sich meine Mutter flüsternd, die zwischen mir und Tante Zühal saß. „Ich hoffe es wird auch so schön genäht", ließ ich meine Mutter von meiner Besorgnis wissen. „Alles wird genauso gut ablaufen, wie deine Ehe es auch sein wird. Eymen wird ein sehr guter Ehemann, nicht wie dein Vater", scherzte meine Mutter leise. Doch innerlich wusste ich, wie viel Schmerz sie allein durch so einen Satz litt. Ich legte behutsam meine Hand auf ihren Schoss und lächelte sie aufmunternd an. Es beruhigte mich sehr, die Meinung meiner Mutter zu hören und nahm mir ebenfalls die Last von meinen Schultern ab. Meine größte Angst war nun mal, dass gleiche Schicksal wie meine Mutter zu teilen; Von dem Ehemann betrogen und verlassen zu werden, mit der Kombination die ganzen Schmerzen als alleinerziehende Mutter zu erleiden. Doch wenn meine Mutter so etwas Tolles über Eymen seelenruhig sagen konnte, hieß es auch was Gutes. Zumindest war das meine Hoffnung.

Ohne Dich.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt