Kapitel #33

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Louis

Ich hebe meine zitternde Hand, um auf die Klingel zu drücken, welche mit ihrem Nachnamen geziert ist. Zögernd lasse ich meinen Finger über das helle Plastik gleiten, während ich mit dem Gedanken spiele, wieder von hier zu verschwinden.

Es wäre so einfach. Niemand würde je Wind davon bekommen, dass ich hier gewesen bin. Außer Niall. Aber das bekomme ich auch irgendwie hin. Ihm tische ich einfach irgendeine glaubwürdige Geschichte auf.

Nicht, dass ich nicht mit Eleanor reden möchte. Das will ich zu gerne - wahrscheinlich mehr als alles andere. Allerdings habe ich eine unglaubliche Angst. Angst vor ihrer Reaktion, wenn sie mich hier vor ihrer Türe stehen sieht. Denn was ist, wenn sie mich abweist? Wenn sie mich komplett ignoriert und mir nicht einmal zuhört? Oder wenn sie mir an den Kopf wirft, schon längst über mich hinweg zu sein?

Ich bin mir sicher, dass nur eine dieser Szenarien ausreichen würde, um meine Welt endgültig in sich zusammenbrechen zu lassen. Denn Tatsache ist, dass ich diese Frau brauche. Bei mir. An meiner Seite. Nur ist mir das erst richtig bewusst geworden, als es schon zu spät war.

"Entschuldigung?" Erschrocken zucke ich zusammen, als sich eine Hand auf meinen Oberarm legt. Blinzelnd drehe ich meinen Kopf und sehe zu einer älteren Dame, die die Eingangstüre des Wohnhauses offen hält und mich dabei fragend mustert. "Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein, junger Mann? Möchten Sie zu jemanden?" Ich presse meine Lippen fest aufeinander und schüttel meinen Kopf, ehe ich ihr antworte. "Ich ähm... Nein. Aber vielen Dank!" - "Sind Sie sicher? Nehmen Sie es mir bitte nicht böse. Ich bin nur eine alte Frau, vielleicht irre ich mich ja. Aber Sie scheinen mir etwas verloren zu sein." Schwer schluckend wende ich meinen Blick von der Frau ab und sehe auf meinen Finger, der immer noch auf dem Plastikschild der Klingel liegt.

Verloren.

Verloren an den Gefühlen für eine Frau? Verloren in dem Gefühl der Angst sie zu verlieren? Verloren, weil ich sie verloren habe?

Verdammt nein! Ich bin nicht verloren. Und ich habe auch noch nicht verloren. Nicht, wenn es noch eine Chance gibt, um Eleanor zu kämpfen.

Langsam hebe ich meinen Kopf an, wobei sich meine Mundwinkel leicht nach oben ziehen. "Nein. Es ist alles in Ordnung. Vielen Dank!" Sichtlich verwirrt über meinen plötzlichen Stimmungswechsel runzelt die ältere Dame ihre Stirn, ehe sie mein Lächeln erwidert. "Oh. Dann habe ich mich getäuscht. Das tut mir wirklich leid. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten." Schnell winke ich ab. "Keine Sorge. Ich muss dann..." - "Oh ja natürlich. Dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Tag."

Mit diesen Worten tritt sie in das Haus und lässt die Tür hinter sich zu fallen. "Ihnen auch!" Rufe ich noch unnötigerweise hinterher, bevor ich meinen Finger hinüber zu dem Knopf der Klingel gleiten lasse, bereit dazu zu drücken und bereit dazu, um Eleanor zu kämpfen.

Allerdings werde ich in letzter Sekunde von meinem Plan abgehalten, als ich hinter mir ein herzhaftes Lachen vernehme. Eines, welches ich unter Tausend anderen erkennen würde. Mein Herz beginnt zu rasen, während ich mich in die Richtung drehe, aus der das Lachen zu hören ist. Ohne überhaupt nach Eleanor suchen zu müssen, verankern sich meine Augen wie von selbst an ihrer Silhouette und es scheint, als hätte mein Gehirn innerhalb der wenigen Sekunden vergessen, wie das Atmen richtig funktioniert.

Zwei Monate. Zwei Monate sind vergangen, seitdem ich sie das letzte Mal gesehen habe und es kommt mir so vor, als wäre sie in diesen Monaten noch schöner geworden, als sie es zuvor schon war. Alleine ihre Augen strahlen wieder diese Wärme aus, die sie zu der Zeit hatten, als sie noch an meiner Seite war.

Gott, ich bereue es so sehr, diese Frau verlassen zu haben.

Auf meine Lippen legt sich ein sanftes Lächeln, als ich Eleanor dabei beobachte, wie sie typisch für sie, eine Haarsträhne hinter ihr Ohr steckt, sich auf die Unterlippe beißt und dabei ihren Kopf senkt. "Du bist richtig fies, Eleanor. Und das, obwohl du so unschuldig aussiehst!" Sofort senken sich meine Mundwinkel und ich atme zitternd ein, als ich erkenne, dass Eleanor nicht alleine ist. An ihrer linken Seite läuft ein großer Kerl, welcher mir seltsam bekannt vorkommt. Ein Nachbar vielleicht? Ein ehemaliger Mitstudent?

The end of usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt