Teil 20) Julius Caesar

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Tut mir leid, dass es so lang gedauert hat. Ich hoffe euch gefällt das neue Kapitel! Vielen Dank für eure Votes und Kommentare ❤️
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"Shindy, du musst auf die Bühne!"

"Ja, gleich."

"Das Intro läuft schon! Du musst raus!"

Michael sah genervt zu seinem Kumpel Jacek rüber, der gestresst am Ausgang der Garderobe stand. Er mochte Jacek. Er konnte sich auf ihn verlassen. Aber er hatte einfach keinen Bock jetzt raus auf die Bühne zu gehen, und in dem stickigen Club sein Programm abzuspulen. Er hatte keinen Bock auf die Weiber in ihren Tally Weijl Oberteilen, auf die Typen, die verzweifelt versuchten so auszusehen wie er und vor allem hatte er keinen Bock auf die Stunde, die er nach dem Gig noch mit Fans Fotos machen musste. Die sollten bloß Abstand halten. Warum hatte er diesem Scheiß eigentlich zugestimmt?

"Hör mal." Jacek ging auf das Sofa zu, auf dem Shindy saß. "Ich weiß, du willst nicht hier sein. Aber Promo ist Promo. Zieh den Gig durch. Die bezahlen gut."

Michael steckte sich eine Zigarette in den Mund und Jacek reichte ihm ein Feuerzeug. So war Jacek. Immer zur Stelle. Er wollte seinen Booker nicht in Schwierigkeiten bringen, also zündete er seine Zigarette an und stand auf. Wortlos ging er an Jacek vorbei und irgendjemand drückte ihm ein Mikrofon in die Hand, bevor er die Bühne betrat. Julius Caesar. "Ich hatte Kindheitsfantasien von 'nem Ferrari Testarossa.."

Die Fotostunde nach dem Gig war noch schlimmer als Michael erwartet hatte. Er hatte die Bank, die in dem vorbereiteten Raum stand, extra noch durch zwei Sessel ersetzen lassen und trotzdem verstanden diese Kids nicht, dass er keinen Bock auf Umarmungen hatte. Michael nahm die Leute, die sich in den anderen Sessel setzten, nicht einmal wahr. Er starrte ins Leere.

Es waren Wochen vergangen, und er fing an, den Respekt vor sich selbst zu verlieren. Er versuchte die Zeit mit Mélanie als Liaison zu sehen, aber er konnte nicht. Vor seinem inneren Auge flackerten Bilder von Mélanie auf. Wie sie auf der Luftmatratze im Pool lag. Wie sie in ihrem weißen Kleid durch Marseilles lief. Wie sie ihn auf dem Flur vor seinem Hotelzimmer angesehen hatte, als sich ihre Blicke das erste mal getroffen hatten. Und wie sie ihn auf der Straße vor dem Studio angesehen hatte, als sich ihre Blicke das letzte mal getroffen hatten.

"Shindy, das war's."

Michael sah sich blinzelnd um und nickte Jacek zu. Endlich konnte er diesen ekligen Club verlassen. Als er endlich zurück im Hotel war, war es bereits nach drei Uhr morgens und Michael war, wie meistens um diese Zeit, noch hellwach. Er zog sich auf seinem Zimmer um, und schlenderte dann, in grauer Joggingshose und schwarzem Hoodie, in die Lounge, wo er auf Seti traf.

"Dich hab ich ja ewig nicht gesehen!" Seti deckte gerade die Tische für das Frühstück am nächsten Morgen. Eigentlich war die Lounge um diese Zeit nicht mehr offen, aber Michael hatte einige male nachts mit ihm hier gesessen.

"Du hast so getan, als ob du sie nicht kennst, Alter." Michael ließ sich in einen der Sessel fallen und Seti sah ihm nickend in die Augen.

"Das stimmt." Er zog seine Schultern hoch. "Ich bin kein unloyaler Mensch, ich wollte mich da nicht einmischen. Und ich weiß, dass Mélanie mich da nicht mit reinziehen wollte." Seti stellte ein Glas auf einen der Tische und setzte sich dann in einen Sessel gegenüber von Michael. "Warum bist du so wütend auf sie?"

Michael sah Seti stirnrunzelnd an. "Warum tut jeder so, als wäre es völlig okay gewesen, dass sie mich die ganze Zeit angelogen hat? So jemandem kann man doch nicht vertrauen!"

"Ich fand es nicht okay, ich hab auch ein paar mal mit ihr darüber gesprochen. Ich glaub aber, dass es geholfen hätte, wenn ihr gesprochen hättet. Ich denke, du hinterfragst viel zu viel."

Michael verzog genervt den Mund. "Alles was ich weiß ist, dass sie im einen Moment Zimmer putzt, und im nächsten Moment in der Provence mit mir Urlaub macht. War doch klug."

"Bei allem Verständnis, Shindy." Seti schüttelte den Kopf. "Mélanie hatte keine Ahnung wer du bist. Und sie ist nicht jemand, der sich Sachen in den Schoß legen lässt. Sie hat Ideale. Ohne das Praktikum kein Studium. Ohne das Studium kein gutes Hotel."

Michael horchte verwirrt auf. "Was für ein Studium?"

"Hast du denn gar nicht mehr mit ihr gesprochen?"

Michael schüttelte den Kopf. "Sie wollte wirklich ein Hotel eröffnen?"

"Ja." Seti nickte. "Sie hatte es ihrer Mutter versprochen. Sie wollte es richtig machen. Studieren, und eines Tages ein großes Hotel übernehmen. Auch damit ihr Vater nicht ewig in seinem kleinen Unternehmen schuften müsste."

Michael's Atem ging schneller. "Das hier war nicht ihr Job?"

Seti sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Und selbst wenn."

"Nein, nein, das meine ich nicht." Michael wusste, er kam rüber wie ein Arschloch. "Warum hat sie mir nicht einfach von Anfang an gesagt, dass sie studieren will. Ich bin doch nur so angekotzt, weil sie mich angelogen hat."

Seti stand mit einem resignierten Ausdruck im Gesicht auf. "Ich will mich da nicht zu sehr einmischen. Und ich will das ganze auch nicht beurteilen. Ich denke nur, du solltest wissen, dass Mélanie kein abgebrühter Mensch ist. Sie hat aus Unsicherheit gehandelt. Nicht aus Kalkül."

Michael stand auf und ging in Richtung Ausgang. "Nichts für Ungut."

Seti nickte ihm zu. "Alles okay."

Bevor Michael den Raum verließ, drehte er sich nochmal um. "Wo kann ich sie morgen finden?"

Seti zögerte einen Moment, bevor er antwortete. "Shindy." Er schüttelte den Kopf. "Mélanie hat gekündigt. Sie arbeitet hier nicht mehr."

Heartbreak Hotel (Shindy FF)Where stories live. Discover now