Teil 23) Spiegelbild

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Viel Spaß mit dem letzten Kapitel. Ich hoffe, es gefällt euch! ❤️
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Seit dem du weg bist hab' ich kaum gelacht
Hab diesen riesengroßen Traum gehabt
Und bin nicht rechtzeitig aufgewacht
Warum ich dachte, es bringe nichts zu kämpfen

Und Sonntag morgens ist am schlimmsten
Wenn ich merk, dass von dem Alk die Sorgen nicht verschwinden
In irgendeiner Stadt, irgendein Hotel, red mir wieder ein
Ich verwirkliche mich selbst

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Mélanie beendete die Wiedergabe des Songs auf ihrem Handy und legte es auf ihren Nachttisch. Sie saß auf ihrer Bettkante und durch das offene Fenster wehte warme Luft herein. Sie schloss die Augen und erinnerte sich an den Moment, in dem Michael das Foto geschossen hatte, das er bei Instagram gepostet, und mit dem Hashtag 'Spiegelbild' versehen hatte.

War es vermessen, zu denken, er meinte sie damit? Immerhin war es ihre Hand, die er auf dem Foto hielt. Sie hatte ihm die Möglichkeit genommen, sie zu kontaktieren, und vielleicht versuchte er es auf diese Weise. Es war soviel Zeit vergangen und sie hatte langsam wieder zu sich selbst gefunden. Nach dem Tod ihrer Mutter hatte Mélanie sich nie die Zeit genommen zu trauern und das hatte sie nun nachgeholt. Es ging ihr besser, bis sie das Foto entdeckt hatte und nicht mehr aufhören konnte zu grübeln.

Mélanie versuchte nicht an Michael zu denken, doch der Versuch war absurd. Alles erinnerte sie an ihn und durch die Entfernung waren ihre Gefühle nur noch stärker geworden. Nonna hatte ihr bei ihrem letzten Telefonat noch einmal ans Herz gelegt, ihm doch wenigstens zu schreiben, und Mélanie wollte auch mit ihm sprechen. Sie wusste nur nicht was sie sagen sollte. Es war ihr einfach zuviel geworden, und den Rest hatte ihr Lena gegeben. Dass sie aus Michael's Zimmer gekommen war, war einfach zu erniedrigend gewesen, als dass Mélanie sich noch hätte vorstellen können, weiter mit dieser Frau im gleichen Gebäude zu arbeiten.

Vielleicht war all das von Anfang an eine unüberlegte Idee gewesen, aber so war sie eben manchmal. Hals über Kopf. Mélanie stand auf und griff nach ihrer Tasche. Sie schloss das Fenster, verließ ihre Wohnung und lief zu Fuß die Straße hinunter. Wie jeden Tag, wenn sie in die schmale Gasse einbog, zog sich ihr Herz ein bisschen zusammen und die Erinnerungen überschwemmten sie. Heute, nachdem sie das Foto gesehen und den Song gehört hatte, war es noch schlimmer. Michael zu vermissen kam in Wellen, und heute hatte sie das Gefühl zu ertrinken.

Camille wischte gerade die Messingtische des Cafés mit einem Lappen ab, als Mélanie am Hotel ankam. "Bonjour Mélanie!"

"Bonjour!" Mélanie umarmte ihre Kollegin zur Begrüßung und betrat das kleine Café im Erdgeschoss des Hotels. Es war mittlerweile so lange her, dass sie mit Michael hier gewesen war, und trotzdem kam es ihr immer noch wie gestern vor, wenn sie die französische Jazzmusik hörte, die das Markenzeichen des Cafés war. Arthur, Camille's Vater und Besitzer des Hotels, kam gerade die Treppe herunter.

"Bonjour, Melanie! Wie geht es dir?"

"Gut, danke."

"Sehr schön." Er ging an ihr vorbei in die Küche und Mélanie lief die Treppe hinauf und ging durch eine Tür, auf der 'Personnel' stand. Sie legte ihre Tasche auf einen der weißen Holzstühle und machte die Kaffeemaschine an.

Sicher, sie hätte damals die Möglichkeit gehabt, zurück zu ihrem Vater zu ziehen, aber es hätte sich angefühlt, wie ein Schritt zurück. Von Marseilles aus konnte sie ihn aber recht gut erreichen und er hatte sie auch schon einige male hier besucht. Sie hatten lange über alles gesprochen, und er fing an, sie besser zu verstehen. Er war stolz auf sie, und das fühlte sich gut an.

Mélanie war instinktiv nach Marseilles zurückgekehrt. Sie hatte das kleine Hotel schnell wiedergefunden und gefragt, ob sie hier vielleicht arbeiten konnte. Natürlich war das nicht der klassische Weg, aber Arthur war sehr zufrieden mit ihrer Arbeit und da seine Tochter Camille das Hotel nicht von ihren Eltern übernehmen wollte, sondern von einer Karriere als Künstlerin in Paris träumte, waren Mélanie's Chancen gut, eines Tages dieses wunderschöne kleine Hotel zu leiten.

Wie jeden Morgen säuberte sie die Zimmer, genau so, wie Nonna es ihr beigebracht hatte. In jedem Zimmer stand auf einer der Fensterbänke eine Schneekugel mit der Skyline Berlins. Mélanie schüttelte sie und lächelte. Sie hatte sich verziehen, und das hatte ihr eine immense Last von den Schultern genommen. Zurück in der Mitarbeiterküche, goss sie Kaffee in ihre Tasse, lief die Treppe hinunter und betrat die Küche, wo Camille gerade einen Espresso zubereitete, als ihr Handy klingelte.

Arthur sah sie tadelnd an und Camille zog entschuldigend die Schultern hoch. "Mélanie, kannst du bitte dem Gast draußen den Espresso bringen?"

"Na klar." Mélanie stellte ihre Kaffeetasse ab und nahm sich eins der kleinen silbernen Tabletts. Sie stellte die Espressotasse darauf, ein kleines Glas mit Wasser und einen Zuckerstreuer. Routiniert trug sie das Tablett nach draußen und hatte große Mühe es nicht fallen zu lassen, als sie den Gast erblickte. Sie konnte es einfach nicht glauben und sah fassungslos in Michael's dunkelbraune Augen.

Zitternd stellte sie das Tablett auf dem Tisch neben der Tür ab und sah, wie Michael sich aus seinem Stuhl erhob und auf sie zuging. Mélanie's Augen füllten sich mit Tränen. Langsam ging sie ihm entgegen und alle Anspannung entwich ihrem Körper, als er seine Arme um sie schlang und sie an sich drückte.

Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, bevor er sich von ihr löste, ihre Tränen mit dem Daumen wegwischte und sie sanft küsste. "Du hast mir so gefehlt."

Mélanie lachte und weinte gleichzeitig. Sie war so erleichtert. "Du mir auch. Es tut mir alles so leid!"

"Shhh." Michael schüttelte den Kopf. "Bitte. Ich hab völlig überreagiert und es tut mir leid. Es tut mir so leid!" Wieder küsste er sie. "Das ist alles egal jetzt. Hauptsache ich hab dich gefunden. Und ich werd dich nicht nochmal verlieren."

Heartbreak Hotel (Shindy FF)Kde žijí příběhy. Začni objevovat