[11] Junis

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"𝕱ASS MICH NICHT AN!"

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"𝕱ASS MICH NICHT AN!"

Ein lautes Fauchen unterbrach Junis' Gedankengang. Moth riss sich von Izaiah los, der schockiert einige Schritte rückwärts stolperte, die Hände vor sich gehoben, presste sich selbst gegen die Wand, als wollte er am liebsten versuchen, in sie hineinzukriechen.

Junis sah von seinem bleichen Gesicht zu dem Blut auf seiner Hand, in seine panisch aufgerissenen Augen, und fühlte sich nur, als würde dey in eine tiefe, tiefe Schlucht fallen.

Nein, nein, neinneinnein-

"Moth, fuck, hey-"

"Moth!" Cam war vom Sofa aufgesprungen, doch stoppte mitten in ihrem Weg zu ihm.

"Es war Izaiah. Er war es."

"Was?", fragte sie, die Hände ebenfalls beschwichtigend vor sich ausgestreckt.

"Izaiah, ich hab sein Blut getrunken. Er hat mich vergiftet-"

"Was?! Nein, ich-!"

"Du wolltest mich umbringen, du WOLLTEST-"

Junis sah das Blitzen seiner Zähne, wie er nach vorn zuckte, dann rauschte etwas silbernes durch die Luft und plötzlich lag Moth fauchend und zappelnd am Boden, versuchte und scheiterte daran, sich aus der Kette zu winden, die Vivien um ihn geworfen hatten. Vor seinen Lippen schäumte das Blut rostbraun.

Joanne zog ihm den selben Sack über den Kopf, mit dem sie Clubs vorhin ins Büro gebracht hatte. "Ich verpreche dir, Timothy, es ist nur zu deiner Sicherheit."

-

Junis hielt Moths linken Arm, Cam seinen rechten, um ihn durch die Gänge der alten Polizeistation zu führen. Die Sonne fiel durch scheibenlose Fenster, doch sie gingen ihr so weit wie möglich aus dem Weg. Auf der Fahrt hatte Moth sich wenigstens etwas beruhigt, jetzt trottete er widerstandslos und still mit ihnen mit.

Vor ihnen liefen Joanne und Izaiah. Sie hielt Abstand zu der Silberkette, er zu Moth. Dey musste sein Gesicht nicht sehen, um zu wissen, was wohl in Izaiahs Kopf abging.

Vivien war im Büro bei Clubs und Hades geblieben.

Auf dem Weg hierhin hatten Joanne und Cam ihnen schon erklärt, was sie hier sehen würden, doch dey war trotzdem völlig sprachlos über den Anblick, der demm im Arrestzellen-Trakt erwartete, während Izaiah vor der Tür stehen blieb. Das einzige Fenster war bis auf die kleinste Lücke mit dicken Kartons zugeklebt, so dass kein einziger Strahl Sonnenlicht mehr in diesen Raum gelangen konnte. Dey sah die Vampire, von denen nur einer überhaupt auf ihre Ankunft reagierte, indem er kurz den Kopf von seiner Liege hob.

Joanne öffnete die quietschende Tür einer freien Zelle, und Cam führte Moth wortlos hinein, löste die Kette von ihm und reichte sie an Junis weiter, bevor sie aus der Zelle trat und sie so leise wie möglich hinter sich abschloss.

"Wo bin ich?" fragte Moth leise.

"Du bist an einem sicheren Ort, an dem du weder dir, noch anderen gefährlich wirst," erklärte sie mit einer ruhigen Stimme. "Wir kommen bald zurück, und wir tun alles, um dich wieder gesund zu kriegen. Du musst nur durchhalten, okay?"

Sie streckte den Arm durch die Gitterstäbe, um ihm den Sack vom Kopf zu ziehen.

Kurz schien Moth ruhig und gefasst zu bleiben, zumindest so lang, bis seine Augen sich auf die Gitterstäbe vor ihm fokussierten, oder auf die Figur, die in der Zelle gegenüber reglos auf dem Boden lag.

"Nein," murmelte er, schüttelte den Kopf und sah Cam mit weiten Augen an, schloss die Hände um das Gitter. "Nein, bitte, das könnt ihr nicht machen. Lasst mich hier nicht- Das könnt ihr nicht- Cam! Cam, bitte, ihr könnt mich nicht-! CAM!"

"Du bist sicherer hier," murmelte Camille, den Blick starr geradeaus gerichtet, und zog Junis mit sich Richtung Ausgang. "Wir sind bald zurück."

-

Sobald sie das Büro wieder betraten, ging Izaiah auf Clubs los,. "Das warst du, nicht wahr?! Du hast ihn irgendwie vergiftet! Mach ihn sofort wieder gesund, finde ein Gegengift, was weiß ich, sonst gnade dir Gott-!"

Clubs funkelte ihn an, als Junis und Vivien ihn endlich von ihr wegzerren konnten. "Weil ich so scharf darauf bin, gefesselt so einem Vampir ausgeliefert zu sein?!"

Verzweifelt drehte sich Izaiah zu den anderen. "Ich war es nicht, ich schwöre es euch. Ich würde ihm nie etwas antun. Nie."

"Also mir musst du das ganz sicher nicht sagen," erwiderte Junis. "Aber er war danach doch nur noch zu Hause und dann wieder hier. ...Kann es sein, dass es unabsichtlich war? Dass irgendjemand dich infiziert und du es, ohne es zu wissen, an Moth weitergegeben hast? Wie würde das Gift auf einen Menschen wirken?"

Clubs zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Dazu macht man nicht mal so eben eine Studie..."

Izaiah hielt sich offenbar gerade so davon ab, ein Loch durch die Wand zu schlagen.

"Ich kann eine Probe von deinem Blut mit denen von dem Gift abgleichen, dann sollte ich sehen, falls Spuren davon vorhanden sind, aber das kann etwas dauern," sagte Doctor Everett, der zusammen mit seiner Praktikantin auch ins Büro gekommen war.

"Ich habe es nie an Menschen getestet," fuhr Clubs fort, während Izaiah die Praktikantin ihm sofort Blut abnehmen ließ. "Aber ich glaube nicht, dass ein Mensch davon irgendetwas spüren würde. Ich nenne es den Weißdorn. Oder, naja, Hearts hat darauf bestanden, dem ganzen einen knackigen Namen zu geben. Es kombiniert Substanzen, die Vampire natürlich schwächen, wie Silber, und einen alten, komplizierten Fluch. Es raubt dem Blut seine Funktion für Vampire, ihnen Lebensenergie zu spenden, und schon ein kleiner Tropfen reicht aus."

"Und jeder weitere Tropfen Blut, den der Vampir trinkt, wird genau so vergiftet, nicht wahr?", fragte Joanne finster und Clubs nickte.

"Dafür kann ich kein Gegengift finden. Das ist unmöglich."

Junis hatte eifrig mitgetippt und zwang sich, nicht noch einmal über den Text zu lesen. Bei dieser Beschreibung wurde demm nur übel. Selbst Hades schob winselnd den Kopf auf deren Schoß, als könnte er es nicht ertragen.

Still öffnete dey wieder die Fallakte. Dey musste Ordnung in deren Kopf schaffen, und zwei Baustellen von solchem Ausmaß konnten einfach nicht lang gut gehen.

Je öfter Junis über diese Akten laß, desto absurder erschien es demm, das jemals jemand seinem Geständnis geglaubt hatte. Ein Zehnjähriger, der eine Waffe und spezielle Munition stahl und irgendwie sechs Schüsse nacheinander abfeuerte, keinen davon verfehlte, ohne irgendeine körperliche Spur davonzutragen. Fingerabdrücke hatte man weder auf der Waffe, noch auf den Hülsen verwerten können, als hätte jemand genug vorausgeplant, beides zu säubern.

Nicht, dass Diego Mendez es nicht verdient hatte. Junis sah noch lebhaft vor deren innerem Auge die unendlich langen Listen von Krankenhausbesuchen der ganzen Familie - Lucia, Sahra und Moth, einer der drei war mindestens einmal im Monat die Treppe heruntergefallen, oder hatte sich beim Kochen besonders tollpatschig angestellt, oder, oder, oder...

Genauso wenig hatte Moth es aber verdient, sich sein ganzes Leben zu ruinieren, indem er unschuldig einen Mord gestand. Junis verstand einfach nicht, warum er das tun sollte, wenn er mit seinem Talent schon längst die Karriereleiter der Polizei oder des FBI hätte erklimmen können.

Es sei denn...

Plötzlich fiel es demm wie Schuppen von den Augen. Noch nie hatte dey sich so wenig über die Realisation gefreut, die dem "Klick" in deren Hirn gefolgt war.

...Es sei denn, er wollte jemanden beschützen. Jemanden, der mit fünfzehn Jahren sonst noch viel härter bestraft worden wäre.

Restless | ONC 2024 ✓Where stories live. Discover now