Kapitel 2 - Eingeforderter Gefallen

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Die Klingel ertönte. In der Turnhalle mischte sich ein Duft aus verschwitzten Sporttrikots und verschiedenartigen Deodorants in der Luft zusammen. Die Basketbälle wurden zu einer Pyramide im Geräteraum gestapelt und die Matten übereinander auf den Wagen geschichtet.

"Bis nächste Woche, Jungs", brüllte der Lehrer seinen Schülern hinterher und ließ einen schrillen Ton durch seine Trillerpfeife erklingen. Harry schnappte sich sein mitgebrachtes Handtuch und das Shampoo aus der Tasche. Erstmal duschen. Er war der Einzige, der sich nach dem Sport seine Haare wusch oder allgemein duschte. Seine Mitschüler waren dann bereits fertig mit Umziehen und saßen meistens schon beim Frühstück in der Mensa, wenn er mit seinen frisch nach Kokosnuss duftenden Haaren aus der Sporthallenumkleide kam.

Er genoss die fehlende Anwesenheit von brummenden Männerstimmen und lauschte entspannt dem Geräusch des Wassers, das auf ihn aus dem verkalkten Duschkopf herunter regnete. Außerdem hatte er so beim Umziehen seine Ruhe, musste sich keine huschenden Blicken hingeben, wenn fremde Augen unwillkürlich über seinen Körper glitten. Meistens kam er immer vor dem Sportunterricht etwas eher in die Umkleide, um sich ohne fremde Blicke umziehen zu können.

Es lag gar nicht daran, dass er seinen Körper nicht mochte. Aber das Gefühl, angestarrt zu werden, war nicht wirklich sein Ding.

Als er fertig war, wickelte er seine Haare zu einem Turban und sein Handtuch um seinen schmalen Körper. Mit seiner Shampooflasche in der Hand ging er zurück zu seinen Sachen.

Was?! Mit großem Entsetzen stellte er beim Aufmachen des Spinds fest, dass nur noch sein Rucksack in ihm lag. Fuck! Das kann doch nicht sein!

Seine Klamotten weg.

Die Sportsachen weg.

Harrys Schuhe waren als einziges Kleidungsstück noch übrig geblieben. Er überlegte, ob er in den letzten Tagen jemanden verärgert haben könnte, der sich mit dieser Aktion an ihm rächen wollte. Spontan kam ihm nur ein nervtötender Typ mit blauen Augen und dunkelbraunen Haaren in den Sinn.

Der hätte gar nicht den Mut dazu, verwarf er seinen Gedanken schnell wieder. Niemanden von seinen Mitschülerinnen oder Mitschülern hätte er so etwas zugetraut. Schnell kramte er im übrig gebliebenen Rucksack nach seinem Handy.

Erleichtert atmete er auf, als er es in seiner Hand hielt. Zum Glück wurde das nicht geklaut! Im Handumdrehen hatte er seine Kontakte auf dem Telefon geöffnet. Drei Namen ploppten im Menü auf.

Mama
Papa
Zayn

Er wählte Zayns Nummer. Seine Eltern hätten ihm in diesem Moment nicht weiterhelfen können. Anne, seine Mutter, war zu dieser Zeit im OP, was ihm ein Blick auf die Uhr verriet. Sein Vater hingegen war ein komplett anderes Thema, aber auch er konnte ihm in dieser misslichen Lage nicht weiterhelfen, selbst, wenn er dieses Mal an sein Handy gegangen wäre.

Zayns Handy vibrierte in seinem Rucksack. Sein Blick glitt zu seiner Tasche und er bemerkte den eingehenden Anruf, doch er wandte sich von seinem vibrierenden Handy wieder ab zum Tischgespräch hin.

"Das ist die Mailbox von Zayn Malik", antwortete Harry eine maschinelle Stimme am Telefon. Verdammt! Es gab noch einen Menschen, den Harry anrufen konnte, um die im Schließfach gebunkerten Wechselsachen zu holen. Andernfalls hätte er lediglich mit einem Handtuch bekleidet durch die Straßen bis hin zum Schulgebäude und durch die ganze Schule laufen müssen, nur um zu seinem Schließfach zu gelangen. Das war keine Alternative.

Ich hasse es, das tun zu müssen, aber bitte nimm ab. Hoffnungsvoll kramte Harry in seinem Rucksack nach dem Papierschnipsel mit der Nummer, den er glücklicherweise aus irgendeinem Grund aufgehoben hatte, und gab diese auf dem Ziffernblatt des Telefons ein. Komm schon! Nimm ab, nimm ab, nimm ab!

Louis x Harry - Ozean PerleWhere stories live. Discover now